Warum Perowskit-Zellen die Solarbranche noch nicht revolutionieren konnten

Perowskit-Zellen sollten mehr Energie aus der Sonne holen. Doch dann kam das echte Leben dazwischen.

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(Bild: seo byeong gon/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Casey Crownhart
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Solarzellen werden normalerweise aus Silizium hergestellt – 95 Prozent der am Markt befindlichen Systeme nutzen diesen Grundstoff. Das Problem: Silizium-Solarzellen können nur begrenzt Energie aus der Sonne gewinnen und ihre Herstellung ist immer noch relativ teuer, auch wenn die Preise in den letzten Jahren stark gesunken sind.

Für viele sind Minerale der Perowskit-Gruppe seit langem ein vielversprechender Kandidat für billigere, leichtere und effizientere Solarsysteme. Doch trotz der anfänglichen Begeisterung – plus einer Reihe von Start-ups, die die Technologie kommerzialisieren wollten – warnen Experten nun, dass Zellen auf dieser Basis noch fast ein Jahrzehnt von einem echten kommerziellen Erfolg entfernt sein könnten. Und möglicherweise tritt dieser niemals ein.

Zwar haben jüngste Studien zu Perowskit-Zellen Fortschritte bei zentralen Kennzahlen wie dem Wirkungsgrad gezeigt, doch sind sie anscheinend noch weit davon entfernt, realen Bedingungen standhalten zu können. "Ich denke, dass die [Perowskit-]Community als Ganzes den irreführenden Eindruck erweckt, dass die Technik kurz vor der Markteinführung steht", sagt Martin Green, Forscher für Solarmaterialien an der Universität von New South Wales in Australien.

Perowskite sind eine Familie synthetischer Materialien, die das Sonnenlicht effizient absorbieren und relativ leicht zur Beschichtung von Oberflächen verwendet werden könnten, so dass günstige Solarzellen etwa in Ziegeln entstehen, die die Energie der Sonne nutzen und in Strom umwandeln können.

Während Silizium bei einigen der wichtigsten Parameter, die Forscher zur Bewertung von Solarmaterialien heranziehen, einen Vorsprung hat, holen die Perowskite schnell auf. Das gilt insbesondere für den Wirkungsgrad, d. h. wie viel Sonnenenergie eine Zelle in Strom umwandeln kann. Sowohl Silizium als auch Perowskite haben hier kürzlich Rekorde von über 25 Prozent aufgestellt.

Die raschen Fortschritte bei der Arbeit an Perowskiten haben zu einem großen Zustrom von wissenschaftlichen Arbeiten geführt, die sich den Grundstoff zunutze machen wollen. Zahlreiche Veröffentlichungen haben neue Verbesserungen verkündet, Investitionen folgten. Das US-Energieministerium beispielsweise hat einen Preis für die Gründung von Perowskit-Solarunternehmen ausgelobt. Mehrere neu gegründete Firmen wie Microquanta Semiconductor, Oxford PV und Saule Technologies haben Millionenbeträge eingeworben und sogar Demonstrationsanlagen gebaut.

Doch trotz des Hypes gibt es einige wichtige Gründe, warum die nächsten Solaranlagen auf unseren Dächern wahrscheinlich nicht mit Perowskit-Technik betrieben werden. Ganz oben auf der Liste: Das Material ist zu zerbrechlich. Die Zellen sind zwar heute stabiler als zuvor. Denn früher zerfielen Perowskite schon mal in der Zeit, die die Forscher brauchten, um eine neu hergestellte Probe durch das Labor zu tragen, um sie zu testen. "Das ist seit etwa einem Jahrzehnt nicht mehr der Fall", meint Joseph Berry, ein Perowskit-Forscher am National Renewable Energy Laboratory (NREL) der USA.

Doch die Stabilität bleibt eine große Herausforderung. In einer aktuellen Studie, die im April in der Zeitschrift "Science" veröffentlicht wurde, wird eine neue Methode zur Herstellung von Perowskit-Solarzellen mit Zusatzstoffen beschrieben, die den Wirkungsgrad und die Lebensdauer verbessern. Die Zellen hielten immerhin 1.500 Stunden lang großer Hitze und Feuchtigkeit im Labor stand. Das Problem besteht nun darin, diese Ergebnisse auf die Echtwelt zu übertragen. Für Forscher ist es schwierig, solche realen Bedingungen zu simulieren. Und Silizium hat die Messlatte hoch gelegt: Viele Hersteller garantieren, dass ihre Panels 80 Prozent ihrer Leistung 30 oder sogar 40 Jahre lang beibehalten.

In einem kürzlich durchgeführten Feldversuch fanden Forscher heraus, dass Zellen auf Perowskit-Basis nach einigen Monaten immerhin mehr als 90 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung packen. Aber ein Verlust von fast 10 Prozent in dieser Zeitspanne lässt sich Nutzern kaum verkaufen. Und dieser ist ja erst der Anfang.

Ein weiteres Problem bleibt, dass solche Tests alle mit winzigen Zellen durchgeführt wurden. Die Herstellung größerer Zellen, die zu Solarpanels in voller Größe zusammengefügt werden können, führt oft noch zu weiteren Rückschlägen bei Wirkungsgrad und Lebensdauer. Diese Herausforderung bedeutet, dass der Tag, an dem die Perowskit-Technik die Solarmärkte erobert, nicht so unvermeidlich kommen wird, wie einige Forscher es darstellen, sagt Experte Green.

Die Feinabstimmung von Perowskiten mit Methoden wie dem Hinzufügen von Stabilisatoren und weiteren Materialien, die sie vor den Elementen schützen, könnte diese Solarzellen schließlich in die Lage versetzen, unter normalen Betriebsbedingungen einige Jahrzehnte zu halten, hofft Letian Dou, ein Perowskit-Forscher an der Purdue University. Er und andere Beobachter gehen jedoch davon aus, dass es noch mindestens ein Jahrzehnt dauern wird, bis die Perowskit-Technik einen bedeutenden kommerziellen Fortschritt macht.

Trotz der Herausforderungen besteht ein echter Bedarf an neuen Arten von Solarzellen. Das gilt besonders jetzt, wo die Nachfrage nach Silizium und anderen traditionellen Bestandteilen der Panels explodiert, sagt Jenny Chase, Analystin für Solartechnik bei "Bloomberg New Energy Finance".

Die Perowskit-Technik müsste nicht unbedingt direkt mit Silizium konkurrieren, da sie auch in Tandemzellen verwendet werden kann, bei der eine Perowskitschicht auf eine Siliziumzelle "gestapelt" wird. Da die beiden Materialien unterschiedliche Wellenlängen des Lichts einfangen, könnten sie sich gegenseitig sogar ergänzen.

Doch auch das wird dauern. Erst wenn die Perowski-Zellen stabiler sind, geht es voran. Aber die damit beschäftigten Forscher wollen den Versuch noch nicht aufgeben. "Es besteht immer noch die Chance, dass es jemandem wirklich gelingt", meint etwa der eigentlich skeptische Green.

(jle)