Tech-Expertin Amy Webb über die DNA als Sicherheitsrisiko

Amy Webb ist eigentlich in der Tech-Branche zu Hause, doch nun hat sie ein Buch über synthetische Biologie veröffentlicht. Im Interview erklärt sie, warum.

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Gene, DNA
Lesezeit: 3 Min.

"The Genesis Machine – Our Quest to Rewrite Life in the Age of Synthetic Biology" heißt das Buch, das die Tech-Expertin Amy Webb und der Mikrobiologe Andrew Hessel im Februar dieses Jahres veröffentlicht haben. Eigentlich begann Webbs berufliche Karriere als Journalistin beim Wall Street Journal. 2006 gründete sie das Future Today Institute. Mit ihrem Team berät sie Unternehmen in Technologie-Fragen und gibt seit 2007 jährlich den renommierten Tech Trend Report heraus. Sie spricht auf zahlreichen Konferenzen und hat bereits mehrere Bücher geschrieben. 2019 erschien ihr Titel: "Die großen Neun: Wie wir die Tech-Titanen bändigen und eine Künstliche Intelligenz zum Wohle aller entwickeln können." Doch jetzt richtet sie ihre Aufmerksamkeit auf die synthetische Biologie. Im Interview mit MIT Technology Review erklärt sie die Hintergründe.

Jahrelang hatte sie die Unternehmen im Blick, die die Zukunft der Künstlichen Intelligenz beeinflussen. Doch zugleich investieren diese Unternehmen auch in die synthetische Biologie. Das weckte Webbs Interesse. "Ich wollte wissen, warum Microsoft versucht, DNA in Festplatten zu verwandeln, die Bilder und Videos speichern können, und warum Google so intensiv an der Proteinfaltung arbeitet", sagt sie. Es wirkte wie ein Widerspruch. "In der strategischen Zukunftsforschung gelten Widersprüche", so Webb, "aber als starkes Signal für wichtige Zukunftsfelder."

Amy Webb

(Bild: Emil Wesolowski)

Gerade jetzt – zu Zeiten der Corona-Pandemie – kommt der synthetischen Biologie eine wichtige Aufgabe zu. Die Verbreitung von SARS-Cov-2 wirkte nach Meinung Webbs wie ein Katalysator für mRNA-Anwendungsfälle. "COVID-19 könnte jetzt die Schleusen für lebensrettende Therapeutika geöffnet haben."

Außerdem ist da noch der Aspekt der öffentlichen Wahrnehmung, der Webb dazu bewog, jetzt ein Buch über die synthetische Biologie zu veröffentlichen. "Die Pandemie hat gezeigt, wie wenig der Durchschnittsbürger über Biologie weiß – die synthetische Biologie droht, unsere liebgewonnenen Vorstellungen vom Leben infrage zu stellen", sagt Expertin Webb. Deshalb sei es wichtig, sich jetzt mit der Biologie besser vertraut zu machen, bevor Entscheidungen unter Zwang getroffen werden müssen und man dann nur noch über die Auswirkungen sprechen könne. Dabei blickt Webb nach vorn: Sollen neuartige Viren zur Bekämpfung von Krankheiten programmiert werden? Wie soll der genetische Datenschutz aussehen? Wem "gehören" lebende Organismen? Wie dürfen Unternehmen mit veränderten Zellen Geld verdienen? Und wie schließt man einen synthetischen Organismus im Labor ein?

Dieser Text stammt aus: Technology Review 4/2022

(Bild: 

Technology Review 4/2022 im heise shop

)

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Bei allem schwebt auch die Sorge des Missbrauchs mit. Webb etwa sieht die DNA als ein Sicherheitsrisiko: "Eine Gruppe bösartiger Akteure könnte einen weltweit führenden Politiker biologisch entlarven und seine DNA und andere biometrische Daten veröffentlichen, damit Hacker sie nutzen können", gibt sie ein Beispiel. Sie sieht die Gefahr, dass die Biologie in der Ära, in die die Menschheit nun eintritt, zu einem großen Informationssicherheitsproblem werden könnte.

Das vollständige Interview mit Amy Webb "Die DNA ist ein Sicherheitsrisiko" bei heise+ und in der neuen Ausgabe 4/2022 von MIT Technology Review (jetzt im heise shop bestellbar und im Bahnhofsbuchhandel erhältlich).

(jle)