Rust-Code im Linux-Kernel: Merge steht laut Linus Torvalds ab Linux 5.20 bevor

Beim Open Source Summit der Linux Foundation äußerte der Linux-Gründer sich zum Merge von Rust-Infrastruktur im Linux-Kernel. Die Pläne werden jetzt greifbarer.

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(Bild: J0hnTV/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Silke Hahn
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Die Umsetzung von Rust für den Linux-Kernel scheint bald konkret zu werden: Beim Open Source Summit der Linux Foundation in Austin, Texas hatte Linus Torvalds mitgeteilt, dass er für die nahe Zukunft mit dem Merge von Rust-Code im Linux-Kernel rechnet. Als mögliches frühestes Datum nannte er das bevorstehende Release von Linux 5.20, mit dem bei Einhalten der bisherigen Release-Pläne ab Ende September zu rechnen sein dürfte (mehr hierzu im letzten Abschnitt der Meldung).

Rust als Zweitsprache neben C im Linux-Kernel zu integrieren, ist schon länger im Gespräch. Im Juli 2020 hatte Linus Torvalds sich erstmals öffentlich für den Einsatz von Rust-Code im Linux-Kernel ausgesprochen. Anfang Dezember 2021 kam es durch die im Oktober veröffentlichte Rust-Edition zu entscheidenden Fortschritten in der Entwicklung der Programmiersprache, und seither setzt das Integrationsprojekt auf den stabilen Rust-Compiler als Infrastruktur. Hintergrund ist dabei die zu erwartende größere Stabilität und Sicherheit, die insbesondere durch die standardmäßige Speichersicherheit von Rust gewährleistet wäre.

Torvalds hatte auf dem Open Source Summit Dirk Hohndel, dem Chief Open Source Officer von Cardano, in einem öffentlichen Gespräch mitgeteilt, dass die für den Rust-Merge notwendigen Patches bislang noch nicht durchgeführt worden seien, da die Linux-Kernel-Maintainer mittlerweile deutlich vorsichtiger vorgingen als vor 30 Jahren. Einigen in der Community kämen die Kernel-Maintainer wohl als "zu risikoscheu" (risk-averse) vor. "Wenn es um Rust geht, wird das schon seit mehreren Jahren diskutiert. Wir haben jetzt aber den Punkt erreicht, dass wir es wirklich sehr bald in den Kernel einbinden werden", erklärte Torvalds und fügte hinzu: "Vielleicht schon beim nächsten Release." ("Maybe next release.")

Laut Anwesenden sei an der Stelle Applaus ausgebrochen, den Torvalds unmittelbar wieder zu dämpfen versuchte. An die Rust-Fans im Publikum gewandt betonte er die technischen Gründe wie Speichersicherheit, wegen denen auch er Rust für eine gute Idee für den Kernel halte. Allerdings sei das Mergen für ihn zunächst ein Probelauf (trial run). Dabei verwies er auf den Versuch vor 25 Jahren, C++ zu integrieren. Zwei Wochen lang habe man es probiert und dann sein lassen. "Rust ist für mich eine Möglichkeit, etwas Neues auszuprobieren", fuhr Torvalds fort, und untermauerte seine Hoffnung, dass es diesmal funktionieren möge ("hopefully, it works out"), da schon eine Menge Leute viel Arbeit hineingesteckt hätten. Rust befindet sich momentan im Aufwärtstrend: Laut den Analysten von SlashData wuchs die Rust-Community auf mittlerweile über zwei Millionen (Anfang 2022) und bei der jährlich durchgeführten Stack-Overflow-Umfrage belegt Rust seit sechs Jahren die Spitzenposition.

Wie bei bisherigen Release-Kadenzen ist nach dem Mainline Release für zwei Wochen das "Merge-Fenster" geöffnet, und in dieser Zeit können neue Features in den Kernel eingeführt werden. Anschließend folgen sieben Wochen für Bugfixes und Stabilisierung mit wöchentlichen Snapshots in Form von Release Candidates. Normalerweise schließt diese Phase mit dem siebten Release-Kandidaten (rc7), allerdings kommen mitunter auch weitere RCs vor. Die Mainline-Releases folgen ungefähr im Rhythmus von neun bis zehn Wochen aufeinander.

Die zurzeit aktuelle Version des Kernels ist 5.18.7, die am 25. Juni 2022 herauskam. Das Mainline-Release vom 26. Juni steht bei 5.19 beim vierten Release-Kandidaten. Eine erste Mainline-Version von Linux 5.20 müsste daher rein rechnerisch in etwa 10 Wochen verfügbar sein. Mit der anschließenden Merge-Periode wäre demzufolge frühestens in rund drei Monaten (Ende September 2022) mit dem Merge von Rust-Code in den Linux-Kernel zu rechnen. Über den Stand der Releases gewährt das Linux-Kernel-Archiv Auskunft, von wo die aktuellen Versionen sich auch herunterladen lassen.

Eine Zusammenfassung der relevanten Aussagen von Linus Torvalds beim Open Source Summit gibt es auf Phoronix zum Nachlesen, das IT-Portal The Register war ebenfalls durch einen Mitarbeiter vor Ort vertreten und hat ausführlicher im Wortlaut berichtet.

(sih)