Deutschland produziert mehr Strom aus Erneuerbaren – Frankreich importiert ihn

Knapp 50 % des Stromverbrauchs wurde im ersten Halbjahr in Deutschland mit Erneuerbaren gedeckt. Frankreich bezog wegen AKW-Ausfällen indes viel Strom von hier.

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(Bild: BDEW)

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Im ersten Halbjahr 2022 haben Erneuerbare Energien rund 49 Prozent des Bruttoinlandstromverbrauchs in Deutschland gedeckt. Das haben das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vorläufig errechnet. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch lag damit sechs Prozentpunkte höher als im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres.

Ebenfalls im ersten Halbjahr dieses Jahres wurde aus Deutschland massiv Strom nach Frankreich exportiert. Das ergab eine Analyse der Exportverläufe der jüngsten sechs Jahre des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Im Saldo des Energietauschs flossen im ersten Halbjahr 2022 2 TWh von Deutschland nach Frankreich. In den Vorjahren hingegen bezog Deutschland mehr Strom aus Frankreich.

"Die überdurchschnittlich hohen Temperaturen haben dazu geführt, dass sich die Gewässer in Frankreich aufgewärmt haben. Zahlreiche Kernkraftwerke in Frankreich mussten daraufhin ihre Leistung herunterfahren, da sie ihre Reaktoren nicht mehr weit genug herunterkühlen konnten", erklärt der BEE.

Vorher schon war eine große Anzahl der französischen Atomanlagen wegen technischer Probleme nicht am Netz. Derzeit sind etwa die Hälfte der französischen AKW abgeschaltet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im Februar angekündigt, dass in dem Land 14 neue AKW entstehen und Laufzeiten alter Kraftwerke verlängert werden sollen.

In Deutschland haben laut Angaben des BDEW insbesondere Windenergieanlagen an Land und Photovoltaikanlagen deutlich zugelegt. Diese haben jeweils rund ein Fünftel mehr Strom als im Vorjahreszeitraum erzeugt. Die Zuwächse seien zurückzuführen auf einen windreichen Jahresbeginn und viele Sonnenstunden im Mai und Juni. Auch bei Windenergie auf See und Biomasse gab es leichte Zuwächse.

Insgesamt betrug die Bruttostromerzeugung in Deutschland im ersten Halbjahr 2022 298 Milliarden kWh, 2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum 2021. Dem stand ein Stromverbrauch von rund 281 Milliarden kWh gegenüber. Insgesamt wurden rund 139 Milliarden kWh Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt. Im ersten Halbjahr 2021 waren es 122 Milliarden kWh. Davon stammten rund 59 Milliarden kWh aus Wind an Land, knapp 33 Milliarden kWh aus Photovoltaik, knapp 24 Milliarden kWh aus Biomasse, gut 12 Milliarden kWh aus Wind auf See und gut 9 Milliarden kWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden knapp 159 Milliarden kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es gut 170 Milliarden kWh. Die konventionellen Energieträger schlüsselt der BDEW nicht einzeln auf.

"Die sinkenden Gasflüsse aus Russland haben die Energieversorgung in Deutschland in eine Ausnahmesituation gebracht. Der sicherste Weg, um solche Situationen in Zukunft zu vermeiden, ist ein zügiger Ausbau der Erneuerbaren Energien", sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Das meint auch die Agentur für Erneuerbare Energien, die durch einen Studienvergleich zu dem Schluss kam, Energiewende und Klimaschutz seien auch ohne Atomkraft realisierbar.

(anw)