Keine Dunkle Materie: Analyse von Zwerggalaxien spricht für alternative Theorie

In Galaxienhaufen sollten Zwerggalaxien eigentlich durch Halos aus Dunkler Materie vor Störungen durch Gravitation geschützt sein. Messungen wecken nun Zweifel.

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Aufnahme des Galaxienhaufens mit dem VLT Survey Telescope

(Bild: ESO. Acknowledgement: Aniello Grado and Luca Limatola)

Lesezeit: 3 Min.

Eine neuartige Analyse von Zwerggalaxien in einem vergleichsweise nahen Galaxienhaufen weckt neue Zweifel an dem Standardmodell der Kosmologie und den Modellen zur sogenannten Dunklen Materie. Wie das Team um Elena Asencio von der Universität Bonn erläutert, haben sie sich den sogenannten Fornax-Galaxienhaufen genauer angesehen und kommen zu dem Schluss, dass die nicht von Dunkler Materie umgeben sind. Mit dem Standardmodell seien ihre Ergebnisse nicht zu erklären, womöglich aber mit einer alternativen Theorie gefunden: Die ermittelten Daten würden eine "bemerkenswerte Übereinstimmung" mit der sogenannten Modifizierten Newtonschen Dynamik (kurz MOND) aufweisen, erklären sie.

Wie das Team erläutert, sind dem Standardmodell zufolge alle Galaxien von einem Halo aus Dunkler Materie umgeben. Dieser unsichtbare Heiligenschein macht sich nur durch Gravitationswirkungen bemerkbar. Diese Erwartung hat sich die Gruppe zunutze gemacht und untersucht, wie stark die Fornax-Zwerggalaxien in dem Galaxienhaufen durch die Schwerkraft von nahegelegenen größeren Galaxien gestört werden. Die verantworten Gezeiten, vor denen die kleinen Galaxien weitgehend verschont bleiben müssten, weil die Halos aus Dunkler Materie sie schützen. Abhängig von inneren Eigenschaften und der Entfernung zum Zentrum des Galaxienhaufens müssten die Störungen außerdem unterschiedlich stark sein.

Die Ergebnisse ihrer Studie widersprechen dem Standardmodell, erklärt das Team. Um die Beobachtungen damit in Einklang zu bringen, müssten die Zwerggalaxien bereits durch die Gravitation des Galaxienhaufens zerstört werden, "selbst wenn die Gezeiten, die auf einen Zwerg wirken, vierundsechzigmal schwächer sind als die Eigengravitation". Das sei nicht nur komplett unintuitiv, sondern stünde auch im Widerspruch zu bestehenden Studien.

Ganz anders sei das Ergebnis dagegen, wenn man die Analyse mit der Modifizierten Newtonschen Dynamik des israelischen Physikers Mordehai Milgrom wiederhole. Dann ergebe sich eine bemerkenswerte Übereinstimmung. Das Team um Asencio will nun Zwerggalaxien in anderen Haufen analysieren, die Analyse wurde in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.

Die Studie trägt damit weiter zum Rätsel um die Dunkle Materie bei. Die wurde zwar bislang nicht direkt beobachtet, aber ihr Einfluss wurde im Weltraum überall beobachtet. Worum es sich genau handelt, ist eine der aktuell drängendsten Fragen der modernen Physik, dass es sie gibt, gilt aber eigentlich als sicher. Seit Jahren gibt es aber auch immer Beobachtungen, die Zweifel säen. So gibt es auch Galaxien, bei denen die Dunkle Materie offenbar ganz fehlt. Zuletzt hatte es zu denen geheißen, dass sie wohl sogar Teil einer Gruppe von Galaxien sind, denen die Dunkle Materie fehlt. Womöglich wurde sie bei einer gigantischen Kollision vor mehreren Milliarden Jahren herausgerissen.

(mho)