Einsteiger-Know-how: Wann macht der Blitz mein Foto besser?

Aktuelle Kameras haben immer lichtempfindlichere Sensoren. Wozu braucht man dann noch Blitzgeräte? Immerhin können sie eine Lichtstimmung komplett zerstören.

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(Bild: Bilal Hafeez3249/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jobst-H. Kehrhahn
  • mit Material der dpa
Inhaltsverzeichnis

Aus der Hand sind Aufnahmen in der Nacht und bei Dämmerung gern verwackelt. Wer jetzt aber ein Blitzlicht aufsteckt, um bei Dunkelheit die Umgebung mit Licht zu versorgen und das Objekt anzustrahlen, zerstört nicht selten die ganze Atmosphäre. Was also tun, um trotzdem die Lichtsituation angemessen einzufangen?

c't Fotografie 2/24

Die gute Nachricht: Wer eine einigermaßen aktuelle Kamera besitzt, kann sich zurücklehnen: Sensoren moderner Kameras sind heute so lichtstark, dass Fotografen kaum noch blitzen müssen – vor allem, wenn lichtstarke Objektive benutzt werden. Ein Blitz würde diese Stimmung mit hartem Licht zerstören – das Foto sieht künstlich aus.

Kameras, die nicht älter als ungefähr fünf Jahre sind, fangen schummriges Licht wie in Restaurants, Kirchen oder eine Szene am Lagerfeuer dank hoher möglicher ISO-Werte in der Regel also ganz von alleine stimmungsvoll und scharf ein. Das gilt auch für Smartphones.

Außerdem hält aktuelle Technik einen weiteren Trick parat: Bei modernen Smartphones mit einem integrierten Nachtmodus werden automatisch mehrere Fotos nacheinander geschossen und von der integrierten Software zu einem Foto errechnet, das relativ gut ausgeleuchtet ist. Selbst Fotos vom Nachthimmel können damit gelingen.

Die wichtigsten Begriffe kurz erklärt:
  • Bouncen: indirektes Blitzen
  • Bounce-Winkel: der Winkel, in dem der Blitz angewinkelt wird und an die Decke oder Wand blitzt
  • TTL: Blitzbelichtungsmessung durch das Objektiv
  • ETTL: wie TTL, nur dass vorher per Messblitz geprüft wird, ob die Belichtung stimmt
  • HSS: High Speed Synchronisation - Blitzen bei kurzen Belichtungszeiten
  • AI B: Auto Intelligent Bounce - die automatische Intelligenz nutzt ETTL und verändert dabei die Ausrichtung des Blitzkopfes für die Ausleuchtung
  • Slave Blitz: Blitz, der über einen Masterblitz synchronisiert wird. Dabei kann ein Master mehrere Slaves steuern.
  • RT: Funkblitzauslöser
  • Die Blitzleitzahl: Die Leitzahl sagt aus, bis zu welcher maximalen Entfernung das Objekt richtig belichtet wird. Das ist nicht ganz fix, sondern abhängig von Bedingungen wie Blende, Reichweite und ISO. Sie können die Reichweite des Blitzes anhand der Formel Reichweite = Leitzahl / Blende berechnen. Für die Leitzahl 47 bedeutet das, dass Sie bei ISO 100 und einer Blende f/4.0 ein Objekt in einer maximalen Entfernung von 11,75 Metern noch korrekt belichten können. Dabei leuchtet der Blitz nur den Bildausschnitt eines 105-Millimeter-Objektivs aus.

Die schlechte Nachricht: An der alten Grundregel, je höher der ISO-Wert (also die Lichtverstärkung), desto mehr rauscht auch das Bild, hat sich auch in modernen Zeiten zumindest im Prinzip nichts geändert. Aktuelle Kameras mit kleineren Sensoren fotografieren noch mit ISO 3200 rauscharm, hochwertige Vollformat-Kameras noch mit über ISO 6400. Damit gelingen stimmungsvolle Abendszenen, aber nicht unbedingt hochauflösende Porträts.

Im Vergleich zu analogen Zeiten ist das aber ein gewaltiger Fortschritt: Wer einen TMAX 3200-Analogfilm in der vordigitalen Zeit auf ISO 3200 (oder gepusht auf ISO 6400) belichtet und entwickelt hat, weiß, was der Begriff "Korn" bedeutet.

Aber Blitzlicht bietet, bewusst eingesetzt, natürlich große Vorteile – einer davon ist: "Ein Blitz steuert die Lichtrichtung manuell. Damit können Fotografen die Lichtrichtung selbst bestimmen und sie gestalterisch einsetzen, ideal für Porträts", meint Profifotograf Daniel Wollstein

Er setzt Kunstlicht vorsichtig ein: "Bei Events und Reportagen verzichte ich in der Regel auf ein Blitzgerät. Bei Sportfotografie, Porträts und bestimmten Stillleben setze ich hingegen Blitzlicht bewusst ein", sagt er. "Bei schnellen Bewegungen wie beim Sport friert Blitzlicht bei schlechten Lichtverhältnissen die Bewegung ein." Letzteres ist ein zweiter großer Vorteil der Blitzlichtfotografie.

Der Profifotograf vermeidet aber, ein Blitzgerät auf seine Kamera zu montieren. Das wirke meist "sehr hart und platt", meint er. "Bei Porträts verwende ich eher ein Kopf- und ein Streiflicht, um eine gewisse Stimmung zu erzeugen", erklärt Wollstein. Doch da Blitzgeräte in der Regel mehr Leistung bieten als Dauerlichtquellen und sie sich besser steuern lassen, setzt der Profi bei Fotoshootings lieber Blitzsysteme ein.

Andreas Lindlahr, Profifotograf aus Hamburg, rät im Amateurbereich den Blitz nur vorsichtig zu nutzen. Dazu zählt etwa ein dezentes Aufblitzen, das ein Betrachter des späteren Fotos nicht unbedingt erkennt, oder auch ein Gegenlicht-Blitzen, um einen harten Licht-Schatten-Kontrast abzuschwächen. Richtiges Blitzen verlange aber viel Übung und müsse für jede neue Fotosituation neu abgestimmt werden.

Günstige Aufsteckblitze, die manuell bedient werden können, gibt es für unter 100 Euro. Andreas Lindlahr rät allerdings, das Geld lieber in ein Stativ zu investieren. Denn: "Kein Fotograf arbeitet verwacklungsfrei." Mit Stativ lassen sich lange Belichtungszeiten auch bei niedrigen ISO-Werten realisieren, ohne dass das Foto verwackelt. Damit wird ein Blitz, je nach Motiv, überflüssig.

Selbst kleine Stative fürs Smartphone helfen bei einer langen Verschlusszeit von bis zu drei Sekunden, scharfe Fotos zu schießen – meist ausreichend lange, um den magischen Abend am Lagerfeuer zu dokumentieren. Ein Stativ ersetzt das Blitzen aber nur bei bestimmten Situationen, wie einem Porträt oder Stillleben. Eine lange Belichtungszeit fängt ausreichend Licht und das Objekt wird scharf abgebildet – allerdings nur, wenn es sich nicht bewegt.

(keh)