Bokeh - Unschärfe mit einfachen Mitteln

Das sind die Grundregeln für ein schönes Bokeh

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tilo Gockel
  • Thomas Hoffmann
Inhaltsverzeichnis

Unschärfe wird besonders deutlich, wenn sich helle Glanzlichter im Hintergrund befinden. Diese werden dann zu ansehnlichen, großen und weichen Zerstreuungskreisen, oder auch, bei minderwertigen Objektiven, zu unschönen Zwiebelringen, zu Sechsecken oder ähnlichen Formen. Ersteres Erscheinungsbild ist oft gewünscht, wohingegen man die letzteren Effekte eher vermeiden möchte. Diese Erkenntnis hat die Fotografen bewogen, mit dem Begriff Bokeh ein Maß für die "Qualität der Unschärfe" einzuführen. Objektive mit schönem Bokeh zeichnen sich durch eine angenehm weiche Unschärfe mit großen, weichen und gleichmäßigen Zerstreuungskreisen aus.

c't Fotografie 2/24

Aber seien Sie gewarnt, denn Bokeh kann süchtig machen. Diese Sucht ist zwar nicht für Ihre Gesundheit gefährlich, wohl aber für Ihren Geldbeutel. Für ausgeprägte Bokeh-Effekte taugen qualitativ hochwertige, lichtstarke Objektive am besten, und diese können je nach Brennweite und Lichtstärke richtig teuer sein. Aber keine Angst, auch mit preiswerten Objektiven können Sie ausgeprägte, butterweiche Unschärfeeffekte erzeugen. Es müssen nur die richtigen Optiken sein und Sie müssen sie geschickt einsetzen.

Bei der Bestimmung der Schärfentiefe ist die erste Frage, welcher Zerstreuungskreisdurchmesser noch tolerierbar ist.

Das Wort Bokeh kommt aus dem Japanischen und steht für unscharf, zerstreut oder verwischt. In der Fotografie wird der Begriff wie schon erwähnt verwendet, um die ästhetische Qualität der Unschärfe in der fotografischen Abbildung zu charakterisieren. Diese wird besonders an Lichtpunkten deutlich, die unscharf aufgenommen zu großen Zerstreuungskreisen werden. Bokeh-Liebhaber wünschen sich Kreise, die groß, vollständig und rund sind, die gleichförmig eingefärbt sind und die eine eher weiche Außenkante haben. Weniger ästhetisch wirken Erscheinungsbilder wie Zwiebelringe, Sechs- oder Achtecke, angeschnittene Kreise oder einfach auch zu kleine Kreise. Die Voraussetzung für diese letzte Eigenschaft – große Kreise – ist am einfachsten technisch zu beleuchten. Die Schärfentiefe sowie die Hintergrundunschärfe spielen hierbei eine wichtige Rolle.

Die Bewertung, ob ein Objektiv gutes oder weniger gutes Bokeh aufweist, ist subjektiv. Häufig werden aber eckige, angeschnittene, zwiebelringförmige oder zu scharfe Zerstreuungskreise eher minderwertigem Bokeh zu geordnet. Hier im Beispiel würde damit nur der Kreis rechts gutes Bokeh darstellen.

Aufnahmen mit Brennweite 24 mm, 70 mm und 200 mm, mit veränderter Gegenstandsweite für einen gleichen Bildinhalt in der Schärfezone (Blende konstant f/2.8). Die Schärfentiefe ist bei den drei Aufnahmen nahezu gleich, aber die Perspektive ändert sich. Der Hintergrund wird mit zunehmender Brennweite vergrößert, und damit wachsen auch die Zerstreuungskreise.

Für die Aufnahme von schönem Bokeh gibt es ein paar Grundregeln:

- Verwende eine Kamera mit Vollformatsensor oder eine Mittelformatkamera.
- Verwende eine lange Brennweite (fixiere zum Beispiel ein 70–200-Telezoom auf < 200 mm).
- Nutze ein lichtstarkes Objektiv und öffne die Blende maximal.
- Gehe so nah heran ans Motiv wie möglich. In der People-Fotografie hilft hier eine kompakte Pose des Modells.
- Wähle eine Szene, in welcher der Hintergrund weit entfernt ist.
- Präsentiere das Bild möglichst groß. Auf Ausschnittsvergrößerungen und großen Abzügen wirkt die Unschärfe extremer als auf Facebook Thumbnails.

Extreme Schärfeverläufe, auch bei großer Gegenstandsweite? Kein Problem, dank Anti-Scheimpflug. Kleinbild-DSLR 5D Mk II mit EF 50 mm f/1.8 II, gestrippt und an Selbstbau-Tilt-Shift-Adapter; Kamera auf Stativ | ISO 100 | f/1.8 | 1,3 s

Neben dem oben genannten klassischen Bokeh mittels geeignetem Objektiv gibt es jedoch noch weitere Möglichkeiten, eine extreme Unschärfe zu erzeugen. In unserem Artikel in der c't Fotografie 5/2016 erfahren Sie, wie Sie mittels Bokehrama auch mit einfachen Objektiven eindrucksvolle Unschärfe erzeugen und wie Sie mit einem selbstgebauten Tilt-Shift-Adapter in ungeahnte Sphären eintauchen. (tho)