Energie sparen und trotzdem komfortabel leben – so gehts

Es wird teuer in Deutschland. Das Gebot der Stunde lautet also: Sparen. Doch wo lohnt sich Energiesparen und wo kostet es Nerven? Eine Anleitung zum Abwägen.

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Wo lohnt es sich, Energie einzusparen?

(Bild: Andreas Martini)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Energie und vor allem Strom war eigentlich schon immer ein kostbares Gut – doch so richtig ins Bewusstsein der Bevölkerung brachten das erst die explodierenden Preise der letzten Monate. Die vornehmlich aus der Politik zu hörenden Sparappelle sind aber keine große Hilfe, denn sie beantworten nicht die Frage, wo es sich lohnt, sparsam zu sein. Klar, weniger Strom verbrauchen – oder besser, weniger elektrische Energie umsetzen – wäre ein guter Plan. Auch beim Heizen mit Gas oder Öl wäre sparen hilfreich.

Die Raumtemperatur um einige Grad zu senken, ist natürlich sinnvoll, wenn man Haus oder Wohnung bislang auf kuschelige 23 oder mehr Grad hochgeheizt hatte. Doch wer bereits in der Vergangenheit eher mit Temperaturen zwischen 19 und 21 Grad zufrieden war, dessen Einsparpotential ist beim Heizen schon weitgehend ausgeschöpft. Hier und da mag es noch sinnvoll sein, die Vorlauftemperatur der Heizung zu drosseln, doch wie zielführend das ist, hängt stark von der Dämmung des Gebäudes und der Konstruktion der Heizanlage ab.

Heikel und mitunter auch kontraproduktiv ist hingegen die zu starke Absenkung der Nachttemperatur: Kühlt die Wohnung in der Nacht komplett aus, kostet es am nächsten Morgen unnötig viel Energie, sie wieder aufzuheizen. Zudem drohen Feuchtigkeitsschäden, wenn etwa Wände nachts so kalt werden, dass an ihnen die Luftfeuchtigkeit auskondensiert.

Um hier das richtige Mittelmaß zu finden, sind Luftfeuchtigkeitssensoren ein gutes Hilfsmittel. Moderne Geräte mit App- oder Smart-Home-Unterstützung erfassen Temperatur und Luftfeuchtigkeit auch in mehreren Räumen. Im 24-Stunden-Verlauf zeigen sich dann sehr gut die Auswirkungen einer Nachtabsenkung. Die optimale Luftfeuchtigkeit in Wohnräumen liegt zwischen 40 und maximal 60 Prozent. Im Schlafzimmer sollte die Luftfeuchtigkeit während der Einschlafzeit leicht über 40 Prozent liegen, da Atemluft und nächtliches Schwitzen die Feuchtigkeit kontinuierlich ansteigen lassen.

Gerade in gut gedämmten Wohnungen ohne zentrale Lüftungsanlage ist es wichtig, richtig für Frischluft zu sorgen. Ein regelmäßiger Luftaustausch durch gezieltes Querlüften sorgt für ein angenehmes Raumklima, gesunde Luft und beugt der Schimmelbildung vor. Ideal ist es, kurz für Durchzug in der Wohnung oder Etage zu sorgen, also zwei Fenster in gegenüberliegenden Räumen und alle Türen dazwischen wenige Minuten komplett zu öffnen.

Ist das nicht möglich, ist raumweises Stoßlüften das Mittel der Wahl. Also Türe zu und das Fenster mindestens fünf Minuten ganz öffnen. In viel genutzten Räumen sollte das drei- bis viermal täglich passieren. Um beim Lüften keine Heizenergie zu verschwenden, dreht man die Heizkörper währenddessen ab. Technisch orientierte Menschen überlassen das einem intelligenten Heizkörperthermostat mit Fenstersensor – der schaltet die Heizung dann nach dem Lüften auch wieder automatisch an.

Fenster auf Kipp stellen ist immer eine schlechte Idee. Läuft dabei die Heizung, bläst man teure Energie in die Umwelt und selbst wenn ein intelligentes Thermostat das verhindert, sorgt ein längere Zeit gekipptes Fenster dafür, dass der Raum komplett auskühlt.

(Bild: Quelle: Verivox Verbraucherpreisindex, Stand 1.8.2022)

Die Heizung ist in den meisten Wohnungen nicht nur für die Wohlfühltemperatur verantwortlich, sondern übernimmt auch die Warmwasserbereitung. Damit liegt auch hier Einsparpotenzial, das zu heben erfordert aber gravierende Verhaltensänderungen der Bewohner. Wer nicht bereit ist, statt zu Baden unter die Dusche zu springen, kann hier kaum etwas sparen. Klar, das warme Wasser beim Einseifen nicht laufen zu lassen, ist eine gute Idee, doch das klappt nur mit Disziplin bei allen Mitbewohnern.

Bessere Chancen zum Energiesparen bieten womöglich Wasch- oder Spülmaschine. Diese erwärmen das Wasser in der Regel elektrisch, und das kann teurer sein, als wenn die Heizung das übernimmt. Welche Sparchancen – aber eben auch Risiken – der Anschluss von Spül- und Waschmaschine an die Warmwasserleitung birgt, haben wir für Sie zusammengefasst.

Gerade in IT-affinen Haushalten gibt es viele Gerätschaften, die ständig an der Steckdose nuckeln. Sich hier überhaupt erst mal einen Überblick zu verschaffen, ist eine gute Idee. Am einfachsten geht das mit simplen Leistungsmessgeräten für die Steckdose. Allerdings liefert so eine Messung immer nur einen punktuellen Wert. Mehr Informationen liefern smarte Langzeitmessgeräte wie die, die wir getestet haben. Was es sonst noch bei der Erfassung des Stromverbrauchs zu beachten gilt und wo sich sparen besonders lohnt, haben wir ebenfalls aufgeschrieben.

Wer meint, bereits sein gesamtes Energiesparpotenzial ausgeschöpft zu haben, sollte sich trotzdem die Mühe machen, den eigenen Haushalt und das eigene Verhalten noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Keine Sorge, jetzt kommt nicht der erhobene Zeigefinger, sondern vielmehr ein kritischer Blick auf meinen eigenen Energieverbrauch. Eigentlich war ich nämlich der Überzeugung, dass wir – eine Nerd-WG mit sieben Erwachsenen – schon recht sparsam unterwegs sind: Die Heizung wird regelmäßig gewartet, die Vorlauftemperatur wurde bereits vor Jahren optimiert und das gesamte Haus ist mit Smart-Home-Komponenten gespickt.

So laufen die Heizkörper in den einzelnen Räumen nur dann, wenn mit der Anwesenheit der jeweiligen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner zu rechnen ist. Selbstverständlich werden offene Fenster erkannt und Dachfenster etwa im Wintergarten öffnen und schließen sich automagisch, wenn es regnet oder wenn es gilt, die Raumtemperatur zu regulieren. Das System stößt immer dann an seine Grenzen, wenn sich Verhaltensmuster – etwa durch vermehrte Heimarbeit – ändern. Dann gilt es, die Programmierung manuell anzupassen.

In Sachen Heizkostenoptimierung ist bei uns also nicht mehr viel zu holen. Mehr sparen könnten wir nur durch den Ersatz der gerade mal vier Jahre alten Gasheizung durch eine Wärmepumpe. Das ist aber kurzfristig nicht realisierbar.

Etwas anders sieht es beim Stromverbrauch aus. Auch hier wähnte ich uns auf der guten Seite: Die Beleuchtung erfolgt weitgehend mit Energiespar- oder LED-Lampen. Die verbleibenden klassischen Glühlampen werden immer dann durch LEDs ersetzt, wenn sie durchgebrannt sind. Klingt alles gut, und doch lag unser Jahresbedarf an elektrischer Energie bei stolzen 11.000 kWh. Ist halt so, wenn im Keller ein großer Server läuft, bis zu sieben PCs arbeiten und in der Werkstatt stundenlang Kreissäge, Fräse & Co. vor sich hin lärmen. Doch muss das wirklich so bleiben?

Ein halbwegs sonniger Tag im September: Nachts und in den frühen Morgenstunden versorgt der Akku das Haus mit Energie. Ab etwa acht Uhr deckt der Ertrag der PV-Module den Hausverbrauch. Mit steigendem Sonnenschein lädt der Akku bis etwa 13 Uhr, danach wird der überschüssige Strom ins Netz des Energieversorgers eingespeist.

Den Ausschlag, hier doch noch einmal genauer hinzusehen, lieferte der Einbau einer PV-Anlage nebst Speicher. Zusammen mit dieser bekamen wir eine App, auf der wir neben der produzierten Energiemenge auch unseren Stromverbrauch ablesen konnten. Das weckt den Ehrgeiz: Wie können wir unseren Energieverbrauch optimieren? Mittags, wenn die PV-Anlage mehr Energie liefert, als wir speichern oder im Haus verbrauchen, wäre doch der richtige Zeitpunkt, um Spül- oder Waschmaschine einzuschalten.

An nicht so ertragreichen Solartagen fiel auf, dass der Füllstand des 18 kWh Akkus nicht ausreichte, um das Haus auch die Nacht über mit eigenem Strom zu versorgen. Also gingen wir dran, die nachts laufenden Verbraucher näher unter die Lupe zu nehmen. Erster auffälliger Stromschlucker war der Server. Muss der wirklich 24/7 laufen? Natürlich nicht, aber es war so bequem, jederzeit darauf zugreifen zu können.

Als erster Kompromiss erfolgte die zeitweise Abschaltung in den Nachtstunden. Unter der Woche griff ohnehin niemand zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens auf die Daten zu. Noch sparsamer wurde es, als wir den Server nur noch bei Bedarf (via Wake on LAN) einschalteten. Das erwies sich dann aber doch als zu umständlich – so ein Server braucht schließlich einige Zeit, um hochzufahren.

Quasi als Beifang der Suche nach unnötigen Verbrauchern ging uns dann noch der Gefrierschrank im Keller ins Netz: Unbemerkt hatte sich dort die Regelung verabschiedet und das betagte Gerät (Bauknecht, anno 2000) arbeitete fast die ganze Zeit auf Hochtouren. Statt der gewünschten -18 Grad hatte unser Gefriergut nun -24 Grad und der Kompressor schluckte nahezu kontinuierlich 170 Watt – über den Tag verteilt waren das dann knappe 4 kWh. Ein neues Relais und einige ausgetauschte Elkos später war der Energiehunger des Gefrierschranks gebändigt. Der Energieverbrauch über den Tag lag nun deutlich unter einer Kilowattstunde. Mittelfristig, also wenn eine Reparatur nicht mehr so einfach möglich sein sollte, ist hier aber ein Austausch fällig. Moderne Gefrierschränke gleicher Größe verbrauchen heute nur noch halb so viel Energie, kosten aber gerne auch an die 1000 Euro.

Weitere verzichtbare Großverbraucher im Haus konnten wir nicht ausfindig machen. Wenn Wasserkocher, Herd oder eben auch der Maschinenpark im Keller in Betrieb waren, so geschah das aus gutem Grund. Trotzdem werden wir weiterhin unseren Energieverbrauch im Blick behalten. Eventuell lässt sich die Überwachung hier ja auch automatisieren, damit vom Üblichen abweichende Verbrauchsmuster künftig nicht mehr so lange unentdeckt bleiben, wie der kühlwütige Gefrierschrank.

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(gs)