Piratenpartei legt Kurs für Bundestagswahl fest

Auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg wählten die Mitglieder am Wochenende den Physiker Jens Seipenbusch an die Spitze der Piratenpartei.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 960 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hajo Schulz

Mit der Forderung nach freiem Zugang zu Wissen und Kultur im Internet will die Piratenpartei im Herbst in den Bundestag einziehen. Auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg wählten die Mitglieder am Wochenende den Physiker Jens Seipenbusch an die Spitze der Partei. Der 40-Jährige aus Münster, bisher stellvertretender Bundesvorsitzender, erhielt rund 56 Prozent der Stimmen und setzte sich damit gegen zwei Gegenkandidaten durch. Der bisherige Vorsitzende Dirk Hillbrecht hatte nicht mehr für den Posten kandidiert. Er will sich auf die Kandidatur für den Bundestag konzentrieren. Bei den Europawahlen im Juli hatte die junge Partei 0,9 Prozent der Stimmen erreicht. Bei der Wahl am 27. September will sie die Fünf-Prozent-Hürde überspringen.

Nach dem Zulauf der vergangenen Monate hat die Piratenpartei derzeit laut eigenen Angaben 3300 Mitglieder in Deutschland. Im Wahlkampf will die Partei für Bürgerrechte, Datenschutz und Informationsfreiheit eintreten. Zudem sieht das am heutigen Sonntag verabschiedete Programm die Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung, die Lockerung des Urheberrechts für private Nutzung und den Verzicht auf Studiengebühren vor.

Die Partei hat auch Ableger in anderen Ländern der Europäischen Union. Der Einzug ins Parlament sei zwar nicht besonders realistisch, aber auch nicht unmöglich, sagte der neue Vorsitzende Seipenbusch. Die Piraten in Schweden, die bei der Europawahl aus dem Stand auf 7,1 Prozent gekommen waren, hätten dies gezeigt. "Deswegen setzen wir uns das als ambitioniertes Ziel."

Über die Ausrichtung der Partei wurde heftig gestritten. Zwar erhielt der von Seipenbusch ausgearbeitete Vorschlag breite Unterstützung. Um die Einzelheiten, darunter beispielsweise die Details zur künftigen Ausgestaltung des Urheberrechts, wurde aber teils erbittert gestritten. Auch die Forderung des Vorsitzenden, die Kernkompetenzen der Partei – also in erster Linie Internet-Themen – nicht zu überschreiten, wurde nicht von allen Mitgliedern geteilt, am Ende aber trotzdem beschlossen.

Die Piratenpartei tritt im Grundsatz für informationelle Selbstbestimmung und freien Zugang zu Wissen und Kultur im Internet ein. Dabei geht es auch um Dinge wie kostenlose Downloads. Sie ist basisdemokratisch organisiert und erlaubt jedem Mitglied die Teilnahme am Bundesparteitag. Lange Debatten über Abstimmungsregeln, Satzungsänderungen und die Geschäftsordnung sorgten immer wieder für Verzögerungen bei dem Treffen. Zudem verweigerten die Mitglieder ihrem bisherigen Vorstand in Finanzfragen die Entlastung, weil keine vollständige Buchführung vorlag. Die Entscheidung wurde vertagt.

Siehe dazu auch:

Zu den Wahlprogrammen für die Bundestagswahl im September 2009 siehe auch:

(dpa) / (hos)