Faeser findet Schönbohm-Nachfolgerin: Claudia Plattner soll BSI leiten

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bekommt mit Claudia Plattner eine neue Präsidentin. Bis dahin arbeitete sie bei der EZB und der Bahn.

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(Bild: dpa, Oliver Berg)

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Von
  • Falk Steiner

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bekommt eine neue Präsidentin. Drei Monate nachdem der ehemalige BSI-Präsident Arne Schönbohm von Bundesinnenministerin erst die Führung der Amtsgeschäfte verboten wurde und dieser dann im Dezember an die Bundesakademie für die öffentliche Verwaltung (Baköv) zwangsversetzt wurde, hat Faeser nun eine Nachfolgerin gefunden. Claudia Plattner kommt von der Europäischen Zentralbank (EZB).

In Frankfurt verantwortete sie seit Mitte 2021 als Director General die Informationssysteme der Währungshüter. Zuvor war sie als Chief Information Officer bei der DB Systel tätig, der IT-Tochter der Deutschen Bahn tätig. Plattner dürfte im BSI zumindest fachlich nicht allzu sehr fremdeln. Nach eigener Schilderung kam sie als Kind das erste Mal mit Programmieren in Berührung. Sie gehörte jedoch "nicht zu diesen Kids, die irgendwie dann schon mit 15 anfangen, erste Firmen zu gründen und [...] die NSA zu hacken oder was auch immer."

Später studierte sie erst Maschinenbau, brach dieses dann aber zugunsten eines Mathematikstudiums an der TU Darmstadt und in New Orleans ab. Nach einer Zeit als Softwareentwicklerin bei der PPA GmbH, einem Dienstleister für Finanzdaten und erster Führungserfahrung dort wechselte sie zur DB Cargo, wo sie als Enterprise-Architektin beschäftigt war. Das Auswahlverfahren für die Nachfolge war laut mit dem Vorgang vertrauten Kreisen insgesamt kompliziert, Kandidatinnen und Kandidaten standen nach der Vorgeschichte nicht gerade Schlange.

Die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin gestaltete sich auch aufgrund von Faesers Umgangs mit Schönbohm schwierig. Denn der Vorgang wurde auch aus der Belegschaft der Behörde in Bonn selbst höchst kritisch betrachtet. Faeser hatte Schönbohm im Nachgang einer Fernsehsendung abberufen, in der ihm fehlende Distanz zu russischen Akteuren im Kontext der Firma Protelion zugeschrieben wurde. In den offiziellen Begründungen zur Demission des geschassten BSI-Präsidenten war hiervon jedoch nicht die Rede, das BMI führte stattdessen vor allem Gründe der Art der Amtsführung an, die damit nicht im Zusammenhang standen.

Neu für die nun ausgewählte BSI-Präsidentin Claudia Plattner wird das politische Umfeld sein. Zwar beschäftigte sie sich auch bei der Europäischen Zentralbank bereits mit politisch aufgeladenen Fragen wie digitaler Souveränität, Blockchain oder digitalen Identitäten. Auch die Erfahrungen bei der EZB und der Bahn dürften im Behördenalltag nicht schaden. Doch Plattner übernimmt die BSI-Leitung inmitten eines Krieges in Europa, an dem eine potente Cyberschadmacht beteiligt ist.

Zudem übernimmt sie auch durch politische Leitungsentscheidungen verunsicherte Behörde, die sich gegen massive andere Interessen im gleichen Geschäftsbereich – etwa von Sicherheitsbehörden – durchsetzen und die IT-Sicherheit theoretisch verteidigen muss. Zugleich muss sie damit rechnen, dass diejenige, die sie auf den Stuhl gehievt hat, Innenministerin Nancy Faeser, ihren Abschied in Plattners Wahlheimat Hessen bekannt gibt, wo sie Ministerpräsidentin werden möchte.

Selbst ohne diese besonderen Umstände käme auf Plattner eine schwere Aufgabe zu. Denn zum einen soll das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik laut Koalitionsvertrag unabhängiger werden, zugleich will das BMI offenkundig möglichst viel Kontrolle über die Cybersicherheitsbehörde behalten. In einer Anhörung im Bundestags-Digitalausschuss hatten zahlreiche Experten für Cybersicherheit dargelegt, wie sie die Lage der IT-Sicherheit und die künftige Rolle des BSI sehen.

Die neue BSI-Spitze wird sich nicht zuletzt gemeinsam mit dem BMI mit den Bundesländern beschäftigen müssen. Denn der Plan, aus der Bonner Behörde eine bundesweite Zentralstelle für IT-Sicherheit zu machen, würde eine Grundgesetzänderung erfordern. Ob die allerdings mit den Ländern möglich ist, ist derzeit offen und Gegenstand von Auseinandersetzungen. Bayern etwa hat mit dem Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in Nürnberg eine Behörde mit über 100 eigenen Mitarbeitern aufgebaut, im sächsischen Freital und in Saarbrücken hat das BSI Außenstellen eingerichtet.

Update

Bemerkung zu Nancy Faeser und dem Wahlkampf in Hessen korrigiert.

(mack)