ChatGPT: KI hilft Richter in Kolumbien bei Formulierung eines Urteils

Im kolumbianischen Cartagena hat sich ein Richter bei der Verfassung eines Urteils von ChatGPT helfen lassen. Er meint, dass andere ihm folgen wollen.

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(Bild: Zolnierek/Shutterstock.com)

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Ein Richter in Kolumbien hat bei der Formulierung eines Urteils auf die Hilfe des KI-Textgenerators ChatGPT zurückgegriffen. Juan Manuel Padilla vom Arbeitsgericht in der Hafenstadt Cartagena hat das Werkzeug benutzt, um zu begründen, warum die Versicherung eines autistischen Kindes für die medizinischen Kosten aufkommen muss, berichtet BluRadio aus Bogotá.

Der Radiosender hat dazu auch die in spanischer Sprache formulierten Fragen an die KI und deren Antworten veröffentlicht. Demnach hat sie etwa bejaht, dass Minderjährige mit Autismus von der Zahlung der Therapiekosten befreit sind und den zugehörigen Gesetzestext genannt. Damit habe das Tool eine Arbeit übernommen, die sonst ein Sekretär oder eine Sekretärin erledigt, sagte Padilla demnach.

Richter müssten nicht nur Entwicklungen in der Justiz, sondern auch bei der Technik kennen, erklärte Padilla sein Vorgehen in einem Interview mit BluRadio. Eine KI wie ChatGPT helfe dabei, "sehr verständliche Sätze mit guten Formulierungen" zu erstellen. Außerdem könne solch ein Werkzeug helfen, die Gleichheit herzustellen, indem es auf Präzedenzfälle verweist. Der Rückgriff auf solch ein Tool mache einen Richter nicht faul, dessen Entscheidung bleibe autonom und seine eigene. Er verstehe die mit dem Rückgriff auf ChatGPT verbundenen Sorgen, kenne aber eine Gruppe von Richtern, die mit dem Vorgehen sehr zufrieden sind. Sie wüssten, dass diese Technik dabei helfen kann, Sachen aus dem Internet zu transkribieren und auf logische und kurze Art zusammenzufassen.

Der britische Guardian verweist derweil darauf, dass es an Padillas Vorstoß auch Kritik gibt. Mit Juan David Gutierrez habe sich ein Professor der Universität Del Rosario "fassungslos" gezeigt und ein dringendes Training in "Digitalkompetenz" für Richter und Richterinnen gefordert. Gleichzeitig verweist die britische Zeitung darauf, dass in Kolumbien erst im vergangenen Jahr ein Gesetz erlassen wurde, welches Anwältinnen und Anwälte dazu anhält, Technologien zu benutzen, um ihre Arbeit effizienter zu machen. Ein Richter am obersten Gericht habe prophezeit, dass der Rückgriff auf ChatGPT an Gerichten bald akzeptiert und verbreitet sein dürfte.

Der Chatbot selbst hat da aber seine Zweifel. Auf eine Anfrage des Guardians hin hat ChatGPT Richterinnen und Richtern davon abgeraten, das Werkzeug für Urteile zu verwenden. Es sei kein Ersatz für "Wissen, Expertise und Urteilsfähigkeit" eines Menschen. Angesichts des Hypes um die neue Technik wurde auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass ChatGPT immer wieder auch falsche Aussagen mit einem Selbstbewusstsein formuliert, welches die Fehler verdeckt.

(mho)