Abo-Datenbank von Charlie Hebdo gehackt: Microsoft beschuldigt den Iran

Mit einem Karikaturenwettbewerb hat sich das französische Satiremagazin Charlie Hebdo über die Herrscher des Iran lustig gemacht. Im Gegenzug wurde es gehackt.

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Einige der Karikaturen bei Charlie Hebdo

(Bild: Screenshot)

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Der Iran steckt hinter einer Cyberattacke auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo, bei dem Kundendaten zu etwa 230.000 Abonnenten und Abonnentinnen entwendet und danach in einem einschlägigen Internetforum angeboten wurden. Zu diesem Schluss ist man beim Digital Threat Analysis Center (DTAC) von Microsoft gekommen, wo die Schlussfolgerungen jetzt veröffentlicht wurden. Der Cyberangriff dürfte demnach eine Reaktion auf einen Karikaturenwettbewerb des Magazins gewesen sein, in dem es darum ging, sich über das religiöse Oberhaupt des Iran, Ali Chamenei, lustig zu machen.

Die Verantwortung für die am 4. Januar publik gemachte Attacke hatte eine Gruppe namens "Holy Souls" übernommen. Laut Microsoft handelt es sich aber um eine bereits bekannte Gruppe, die bei Microsoft "Neptunium" und beim FBI "Emennet Pasargad" genannt wird. Die Zuordnung begründet Clint Watts vom DTAC in einem Blogeintrag nun nicht mit technischen Beweisen. Stattdessen werden eine Reihe von Verhaltensweisen aufgeführt, die bisher in Verbindung mit der Gruppe beobachtet worden seien. Auch der Kontext spreche für die Verantwortung der iranischen Akteure.

Microsoft erinnert daran, dass der unautorisierte Zugriff auf die Nutzerdaten noch vor Medienberichten von mehreren Twitteraccounts beworben wurde. Dabei seien sogar bekannte Accounts nachgeahmt worden, einer davon von einem angeblichen Redakteur von Charlie Hebdo selbst. Die Accounts seien dabei untereinander verknüpft gewesen und hätten sich in mehrerlei Hinsicht so verhalten wie bei ähnlichen iranischen Kampagnen. Hinzu komme der Kontext des Karikaturenwettbewerbs, den Vertreter des Regimes des Islamischen Republik auf höchster Ebene verurteilt haben. In Teheran wurde demnach der französische Botschafter einbestellt und ein Kommandeur der Revolutionsgarden erinnerte als Warnung an das Schicksal von Salman Rushdie.

Die Veröffentlichung der Informationen zu den Lesern und Leserinnen von Charlie Hebdo wäre vor diesem Hintergrund äußerst gefährlich. Ob das passiert ist, ist nicht bekannt. Eine Stichprobe habe sich laut französischen Medien als echt erwiesen. Das Magazin selbst hat die besten der eingesendeten Karikaturen trotz dieses Hintergrunds veröffentlicht und damit Solidarität mit den seit Monaten anhaltenden Protesten im Iran gegen das Regime ausgedrückt. Insgesamt seien über 300 eingereicht worden.

(mho)