Designierte BSI-Präsidentin Plattner: Vorschusslorbeeren und hohe Ansprüche

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Claudia Plattner zur BSI-Präsidentin ernennen. Es warten viele Aufgaben auf die erste Frau an der Spitze des BSI.

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(Bild: Dmitry Demidovich/Shutterstock.com)

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Von
  • Falk Steiner
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Claudia Plattner zur BSI-Präsidentin ernennen. Die erste Frau an der Spitze des BSI erwarten große Aufgaben und hohe Erwartungen. Sie soll ihr Amt am 1. Juli antreten. Nachdem am Morgen die auch heise online vorliegende Information durch einen Bericht des Spiegels bestätigt wurde, äußern sich nun Faeser, die Berufene selbst, Politiker aus Opposition, Koalition und Wirtschaftsvertreter.

"Cybersicherheit ist eine bedeutende Herausforderung für Regierungen", lässt sich die designierte BSI-Präsidentin Claudia Plattner zitieren. "Es ist mir eine Ehre in dieser neuen Rolle in den Dienst der Bundesrepublik zu treten, so wie es mir auch eine Ehre war für die EZB zu arbeiten." Nachdem die bisherige Arbeitgeberin Plattners, die Europäische Zentralbank, die Mathematikerin offenbar nicht früher gehen lassen will, ist der Amtsantritt nun für den 1. Juli vorgesehen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die im Oktober gerne als Ministerpräsidentin in Hessen gewählt werden möchte, betont der Pressemitteilung zufolge die fachliche Qualifikation Plattners. "Gemeinsam werden wir unsere Cybersicherheitsagenda weiter konsequent umsetzen", lässt sich Faeser zitieren. "Wir werden die digitalen Bürgerrechte und die IT-Sicherheit weiter stärken. Die IT-Sicherheit zu gewährleisten, ist eine staatliche Pflicht." Allerdings ist die Faesers Cybersicherheitsagenda hoch umstritten. Wichtig ist Faeser aber auch: "Mit ihrem Wechsel zum BSI wird erstmals eine Frau an der Spitze einer Sicherheitsbehörde im Bereich des Bundesinnenministeriums stehen."

Nach der Ausgründung aus dem Bundesnachrichtendienst (BND) 1991 hatte mit Otto Leiberich der erste Mathematiker das damals neu gegründete BSI geführt. Leiberich kam mit dem BSI aus dem BND. Ihm folgte 1993 aus dem Bundesinnenministerium der Mathematiker Dirk Henze an die Spitze der Bonner Behörde, die damals zunehmend an Eigenständigkeit gewann und mehr Aufgaben erhielt. Auf den Physiker Udo Helmbrecht, der 2003 bis 2009 das BSI leitete und anschließend zur europäischen Cybersicherheitsbehörde ENISA wechselte, folgte mit Michael Hange – der schon unter Henze als Vizepräsident in Bonn arbeitete – ein weiterer Mathematiker mit viel Verwaltungserfahrung im BMI. 2016 ernannte Thomas de Maizière (CDU) dann Arne Schönbohm zum BSI-Chef, der als Betriebswirt aus der Privatwirtschaft kam.

Mit Claudia Plattner kommt nun bereits die vierte Mathematikerin, aber erstmals eine Frau an die Spitze der IT-Sicherheitsbehörde des Bundes, auf die künftig noch mehr Aufgaben zukommen. Aus der Politik werden bereits Monate vor Amtsantritt hohe Ansprüche an sie formuliert. Abgeordnete begrüßen die Fachfrau und formulieren Ansprüche. Plattner sei "eine der renommiertesten IT-Managerinnen des Landes", sagt etwa der digitalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Reinhard Brandl. Der CSU-Abgeordnete betont aber auch, vor welchen großen Aufgaben Plattner stehen werde: "Mit der Posse um die Abberufung von Herrn Schönbohm hat Nancy Faeser das Amt des BSI-Präsidenten schwer beschädigt."

Auch international habe Nancy Faeser dem Ruf der deutschen Cybersicherheit in schweren Schaden zugefügt, sagt Brandl, der auf die öffentliche Kritik unter anderem von Schönbohms langjährigem französischen Amtskollegen verweist: "Jetzt gilt es für die neue BSI-Präsidentin, diesen Scherbenhaufen von Frau Faeser aufzukehren. Das wird keine leichte Aufgabe angesichts dieser politischen Führung." Dass nun eine Frau an die BSI-Spitze rückt, begrüßt Anke Domscheit-Berg (Linke).

Allerdings fragt sie auch, inwiefern Plattners bisherige Unterstützung für Self Sovereign Identities (SSI) und Blockchain mit der bisher eher ablehnenden Haltung des BSI gegenüber dieser Themen zusammengehen würden. Sie formulierte als Erwartungshaltung, politische Kompromisse zulasten der IT-Sicherheit mit klassischen Sicherheitsbehörden abzuwehren und das BSI tatsächlich zur Zentralstelle auszubauen. Insgesamt sei sie aber froh über die Besetzung mit einer hochqualifizierten Frau.

Plattner sei eine "ausgewiesene Expertin mit fundierten Vorkenntnissen für das wichtige Amt der BSI-Präsidentin" betonen für die Grünen-Bundestagsfraktion, die Innenpolitikerin Misbah Khan und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz: "Die Personalie steht ein Stück weit auch für einen überfälligen, im Koalitionsvertrag verankerten Neuanfang in der Digitalpolitik der Ampel-Regierung, der bislang ausblieb. Wir freuen uns auf wichtige Impulse für Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit in der digitalen Welt."

Ebenfalls erfreut über die Personalentscheidung zeigte sich die SPD: "Mit der Ernennung von Claudia Plattner bekommt die oberste Cybersicherheitsbehörde nicht nur eine herausragende Persönlichkeit mit einer ausgewiesenen fachlichen Expertise, sondern zugleich auch eine neue Leitung, die das notwendige hohe Maß an persönlicher Unabhängigkeit mit sich bringt", lobt der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Jens Zimmermann die Personalauswahl. Ob auch Nancy Faeser über ein hohes Maß an persönlicher Unabhängigkeit begeistert sein wird, sollte sie beim Amtsantritt Plattners überhaupt noch in Berlin im Amt sein, ist nicht bekannt.

Als "gute Wahl" wird Plattner von Alexander Rabe bezeichnet, dem Geschäftsführer des Verbands der Internetwirtschaft Eco. Der Branchenverband Bitkom begrüßt die Personalie ebenfalls: "Unsere Unterstützung hat die neue BSI-Chefin zudem bei der großen Herausforderung, das BSI - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - zu einer zentralen Institution für IT-Sicherheit auszubauen, die mit den weltweit führenden Sicherheitsbehörden auf Augenhöhe agiert und in Europa Maßstäbe setzt", formuliert der Bitkom-Präsident Achim Berg auch gleich die Ansprüche an die kommende BSI-Präsidentin. Verbunden mit einem deutlichen Seitenhieb auf die Bundesländer: "Wir können uns die Kleinstaaterei im Kampf gegen international koordinierte und ausgeführte Cyberattacken nicht länger leisten und brauchen auch deshalb ein starkes und personell wie finanziell gut ausgestattetes BSI." Eine der vielen Aufgaben, die auf Claudia Plattner ab Juli zukommen werden.

(mack)