UN-Weltwasser-Konferenz: Ein Turbo für sauberes Wasser ist dringend nötig

Schnelle Lösungen gegen zunehmende Wasserverschmutzung und -verschwendung sind gefragt – ebenso wie Zugang zu sicherem Trinkwasser.

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Trinkwasserqualität

Trinkwasser.

(Bild: dpa, Daniel Reinhardt)

Lesezeit: 4 Min.

Die Situation ist dramatisch: Etwa jeder vierte Mensch weltweit hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Fast jeder zweite, in Summe 4,6 Milliarden, kann zuhause keine geeigneten sanitären Anlagen wie Waschbecken oder saubere Toiletten nutzen. Als Folge sterben jedes Jahr mehr als 800.000 Menschen. Vor allem Kinder sind betroffen. Die Zahlen stehen im aktuellen Weltwasser-Bericht der Vereinten Nationen (UN), der im Rahmen der aktuellen Weltwasser-Konferenz in New York veröffentlicht wird. Getagt wird dort vom 22. Bis 24. März.

Auch in Sachen Verfügbarkeit kann der Weltwasser-Bericht kaum Positives vermelden. Nur 60 Prozent der weltweiten Gewässer können in Sachen Qualität als "gut" bezeichnet werden. Und selbst das ist vermutlich zu optimistisch, denn zur Situation in den 20 ärmsten Ländern fehlen Daten. Seen, Flüsse und Meere sind mit Industriechemikalien verschmutzt sowie mit Düngern und Pestiziden aus der Landwirtschaft. Der Klimawandel verschlimmert die Probleme noch. Die UN-Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 in Sachen Wasser scheinen da fast unerreichbar: In den noch verbleibenden nicht einmal mehr sieben Jahren gilt es, die oben genannten Missstände abzustellen.

"Ernüchternd" seien die Ergebnisse, kommentiert Dietrich Borchardt den Bericht. Er ist Wasserexperte am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg und in einer globalen Organisation zum Wassermonitoring aktiv, dem World Water Quality Assessment. "Beim Erreichen der Nachhaltigkeitsziele sind wir kaum vorangekommen, obwohl die Agenda schon sehr lange läuft und trotz der Dringlichkeit. Wir hinken den Zielen weit hinterher", kritisiert er. Allerdings, und das sei erfreulich, verdeutliche der Bericht erstmals, dass das Wasser-Thema ganz eng mit Zielen zum Umweltschutz zusammenhänge und auch mit sozialen Zielen, mit einer besseren Gesundheitsversorgung zum Beispiel, mit Wirtschaftswachstum und mit mehr Wohlstand für die Menschen.

Der Weltwasser-Bericht fordert deshalb eine deutliche Beschleunigung der Maßnahmen zur Lösung der Probleme, unter anderem durch freiwillige Selbstverpflichtungen und regionale wie internationalen Kooperationen. Laut Bericht muss sich das Tempo in manchen Bereichen mindestens vervierfachen, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen.

Titelthema Wasser

Ohne Wasser kein Leben – aber zu viel kann ebenso tödlich sein: ausfallende Ernten, zerstörte Siedlungen, Seuchen, die um sich greifen. Es sind die Bilder vom ausgetrockneten Po in Italien, vom Ahrtal 2021, von Pakistan im vergangenen Sommer, die zeigen: Der globale Wasserhaushalt ist durcheinandergeraten. Wir fragen in der neuen Ausgabe von MIT Technology Review (ab sofort im heise shop bestellbar und ab 23.3. im Bahnhofsbuchhandel erhältlich) nicht nur, wie das passieren konnte, sondern auch, wie wir künftig mit den Extremen zwischen einem "Zu viel" und einem "Zu wenig" an Wasser umgehen müssen.

Es gilt, Wasser zu reinigen und effizienter zu nutzen, Gifteinträge zu reduzieren, Natur und Artenvielfalt, die für den Wasserhaushalt wichtig sind, zu schützen – ebenso Feuchtgebiete, Flüsse, Aquifere und Seen. Zudem soll es Extra-Programme für ärmere Länder geben, die oft besonders von Dürren geplagt sind, unter anderem durch Investitionen in Anlagen zur Meerwasserentsalzung und zur Wasseraufbereitung. Nicht zuletzt sollten die Kommunen vor Ort in Sachen Wassermanagement gestärkt werden. Dies alles sind auch Themen auf der aktuellen Weltwasser-Konferenz, die am Ende ein Aktionsprogramm präsentieren will.

"Wichtig ist, dass wir endlich ins Handeln kommen", betont der Wasserexperte Borchardt. Die Probleme seien ausreichend beschrieben und die nötigen Lösungsansätze bekannt. Es gehe zum Beispiel darum, Fachpersonal auszubilden und gut bezahlte Jobs im Wasser- und Naturschutzsektor anzubieten, damit die Fachkundigen auch langfristig vor Ort blieben. Das sei vor allem in Ländern mit politisch schwierigen Situationen ein Problem. "Es nützt nichts, in teure Wasserkraftwerke oder Kläranlagen zu investieren, wenn sie am Ende zerfallen, weil Fachkräfte für Wartung und Reparaturen fehlen."

Borchardt wünscht sich ein Anreizsystem, "eine Art Wettbewerb um die besten Lösungen". Die Belohnungen könnten durchaus finanzieller Art sein, doch später zeige sich der Benefit von ganz allein. "Wenn die Verantwortlichen vor Ort erstmal merken, wie Wirtschaft und Wohlstand wachsen, wenn man sich gut um Wasserqualität und -verfügbarkeit kümmert, dann kann das durchaus einen katalytischen Effekt haben", so der Wissenschaftler.

Ein Turbo in Sachen Wasserschutz wäre fraglos wünschenswert. Zumal der Klimawandel Fahrt aufnimmt und zugleich der weltweite Wasserverbrauch weiter steigt, dem Report zufolge seit etwa 40 Jahren jedes Jahr um etwa ein Prozent. Ein Trend, der sich voraussichtlich auch in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird.

(jle)