Google will Gesundheitsversorgung mit KI-Modellen und Code-Standards verbessern

Dr. Google: Mit KI-Sprachmodellen wie Med PaLM 2, dem Open Health Stack und dem internationalen Format FHIR will Google die Gesundheitsversorgung verbessern.

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(Bild: monticello/Shutterstock.com)

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Drei von vier Personen befragen vor einem Arztbesuch das Internet, sagt Karen DeSalvo, Chief Health Officer bei Google und selbst Ärztin. Sie selbst sei nach eigenen Angaben zu Google gegangen, um den Zugang zu Gesundheitsinformationen zu erleichtern. "Die Zukunft der Gesundheit ist verbraucherorientiert. Die Menschen erwarten ein mobiles Erlebnis mit mehr personalisierten Einblicken, Dienstleistungen und Versorgung", erklärte DeSalvo auf der jährlichen Google-Health-Veranstaltung "The Check Up"

Aus diesem Grund hat Google inzwischen auch für Youtube Health in Deutschland ein Gütesiegel eingeführt, das garantieren soll, dass die Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen stammen. Demnach haben beispielsweise Universitätskliniken wie die Charité oder die Medizinische Hochschule Hannover bereits eine entsprechende Kennzeichnung erhalten. Es gab jedoch bereits Kritik, da auch weniger vertrauenswürdige Quellen das Siegel erhalten hatten. DeSalvo zufolge verlassen sich Menschen jedoch bereits auf Unternehmen wie Google, um Informationen über ihren Schlaf, zur Herzgesundheit und ihren Bewegungsroutinen zu erfahren.

Mit dem Med-PaLM (Pathway Language Model) habe Google außerdem "einen ersten Schritt unternommen", um zuverlässige Antworten auf medizinischen Fragen zu erhalten. "Wir haben Med-PaLM durch Anweisungsabstimmung von PaLM entwickelt. PaLM ist ein 540-Milliarden-Parameter-Sprachmodell von Google Research", sagt Alan Karthikesalingam, klinischer Wissenschaftler bei DeepMind Health. Die Erfolgsquote bei der Multiple-Choice-basierten, medizinischen Zulassungsprüfungen in den USA für Ärzte war höher als 60 Prozent. Die Antworten seien mit denen echter Mediziner verglichen worden. Med-PaLM 2 erreiche sogar eine Erfolgsquote von 85 Prozent.

Bayer kooperiert mit Google bei der Erforschung neuer Arzneimittel, um mithilfe eines Hochleistungscomputers in der Google Cloud zu forschen. "Ziel ist es, quantenchemische Berechnungen mit Googles Tensor Processing Unit (TPU) in der Cloud zu beschleunigen und zu skalieren. Die Ergebnisse werden dann die wissenschaftliche und wirtschaftliche Realisierbarkeit von praktischen Anwendungen bestimmen", sagt Markus Blank, Leiter der Abteilung Imaging, Data & Platform Services beim Pharmakonzern Bayer.

Mit Gesundheitsdaten wollen Google und Bayer eine rechtzeitige Diagnose, beispielsweise für Krebspatienten und Diagnosefehler reduzieren. "Die alternde Bevölkerung, die wir beobachten, und die sich ändernden Lebensgewohnheiten führen zu einer Zunahme chronischer Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und noch schwerwiegenderer Krankheiten, wie Krebs. Die Datenmenge nimmt weiter zu und die Komplexität steigt im Vergleich zur Zahl der verfügbaren Mitarbeiter überproportional an. Wir haben also zu viele Daten für zu wenige Menschen", sagt Blank.

Mit Open-Source-Bausteinen sollen App-Entwickler zudem digitale Gesundheitsanwendungen schneller in "ressourcenarmen Gegenden" zugänglich machen. Demnach verwende das Googles "Open Health Stack" das offene Format Fast Healthcare Interoperability (FHIR), wodurch Anwendungen interoperabel sein sollen. "Eine Komponente, das Android FHIR SDK, sorgt beispielsweise dafür, dass die in der App gespeicherten Daten sicher und offline zugänglich sind, sodass sie auch an Orten ohne Mobilfunkabdeckung oder Internetzugang sicher und nutzbar sind", sagte Katherine Chou, Googles Direktorin für Forschung und Innovationen.

Bisher werde Googles Open Health Stack (OHS) – der Open-Source-Bausteine für die Erstellung von Apps bietet und – bereits in mehreren Ländern in Afrika eingesetzt. Zumindest hierzulande ist der OHS laut Google im Early-Access-Programm verfügbar. Für die Bereitstellung standardbasierter Tools arbeite Google auch mit der Weltgesundheitsorganisation sowie mit verschiedenen Partnern zusammen. Gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation "Right-to-care" entwickelt Google derzeit ein KI-gestütztes Röntgen-Screening, um Tuberkulose frühzeitig zu erkennen. Die Produkte wolle Google "unter Berücksichtigung unserer Grundwerte – Gleichheit, Ethik, Sicherheit und Datenschutz – entwerfen", sagt DeSalvo.

In weiteren Bereichen mit weniger guter Infrastruktur arbeitet Google mit der gemeinnützigen Organisation Jacaranda Health aus Kenia zusammen, um die Gesundheitsversorgung von Müttern und Säuglingen in staatlichen Krankenhäusern zu verbessern. In der Subsahara sei die Müttersterblichkeit nach wie vor hoch und es gebe einen Mangel an Krankenhauspersonal, das für den Umgang mit Ultraschallgeräten geschult ist. Mit der Weiterentwicklung von KI-Programmen für "Point-of-Care-Ultraschall-Systeme" (ortsunabhängig eingesetzte Ultraschallgeräte) will Google werdende Mütter unterstützen.

Erst kürzlich hat Google bekannt gegeben, für ein KI-basiertes Brustkrebs-Screening mit Medizintechnikunternehmen zusammenzuarbeiten, das Ärzte bei der Diagnose unterstützen soll. "Unsere Arbeit in diesem Bereich hat uns gelehrt, dass KI allein nicht alle Probleme im Gesundheitswesen lösen kann. In der Medizin geht es schließlich um die Pflege von Menschen", sagt Karthikesalingam. Demnach müssen Daten und Algorithmen mit Sprache, Interaktion und Empathie kombiniert werden.

(mack)