Medizinische Hochschule Hannover: Agile Methoden statt Maschinensaal

Die digitale Transformation hat jetzt auch in der MHH Einzug gehalten. Wir haben beim CIO nachgehakt, wie das in einem Krankenhaus funktioniert.

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Rechenzentrum im Dunkeln

Ein Rechenzentrum der Medizinischen Hochschule Hannover

(Bild: heise online)

Lesezeit: 16 Min.

Die Güte der Krankenhausversorgung wird häufig immer noch an der Zahl der Betten und der medizinischen Experten gemessen. Dabei hat der digitale Wandel auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt gemacht. Die Anforderungen an die Krankenhaus-IT sind immens: Sowohl im Umfang und der Unterschiedlichkeit als auch in dem hohen Schutzbedarf – denn schließlich geht es um sehr persönliche Daten, deren Verfügbarkeit im Extremfall über Leben und Tod entscheiden kann.

Chief Information Officer der MHH

(Bild: Marcus Wortmann)

In der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) kommt das durch die schiere Größe des Klinikums besonders zum Tragen. Die Zeiten des "Maschinensaals", den es dort einst gab, sind vorbei. Heute sorgen mehrere, sich gegenseitig absichernde Rechenzentren für einen reibungslosen Klinikbetrieb. Die fünftgrößte Uniklinik Deutschlands beschäftigt allein 150 Mitarbeiter in der IT. Und gerne würde sie noch mehr selbst in die Hand nehmen, wenn sie denn im hart umkämpften Arbeitsmarkt der IT-Fachkräfte noch weiteres Personal gewinnen kann.

Marcus Wortmann leitet als Chief Information Officer (CIO) seit zwei Jahren die Informationstechnik an der MHH. In dieser Position arbeitet er an der digitalen Transformation der MHH. Eine vom Bund und vom Land Niedersachsen finanzierte Förderung von 20 Millionen Euro soll der MHH helfen, sich digital besser aufzustellen. Wir haben bei Marcus Wortmann nachgehakt, wie genau das funktionieren soll.

heise online: Herr Wortmann, in der Außendarstellung der MHH-IT wird vom "Digital Enabler" gesprochen. Was ist das für eine Umwandlung, die gerade stattfindet? Was muss man sich darunter vorstellen?

Marcus Wortmann: Wir haben in den letzten Monaten das MHH-IT-Organisationsmodell für das digitale Zeitalter fit gemacht. Wir nutzen agile Methoden und eine flache Hierarchie, um das Miteinander in Zeiten stark vernetzten Arbeitens entsprechende Bedeutung zu geben. Die tragenden Elemente der Organisation sind die Base Teams, die aus fünf bis acht Personen ohne feste Leitung bestehen. Die Base Teams sind wiederum in eine rote und eine blaue Säule aufgeteilt.

Säulen des Organisationsmodells der MHH-IT

(Bild: Marcus Wortmann)

Die Base Teams der roten Säule sind auf die Prozesse unserer internen "Kunden" ausgerichtet. Dies sind dann zum Beispiel das Therapieteam, oder das Team "Imaging", das sich um die bildgebenden Verfahren kümmert, das Team "Patient Administration", das sich mit der Patientenadministration beschäftigt oder das Team "Human and Finance Ressource". In der blauen Säule sind die eher technischen Base Teams wie zum Beispiel das "Client Management", "Security & System Management" oder auch der IT-Service-Desk als "Singe Point of Contact" abgebildet.

Wie hat die IT denn vorher funktioniert?

Wortmann: Bisher waren Aufgaben und Zuständigkeiten gröber gefasst und die Abstimmungsfähigkeit zwischen den Abteilungen zeigte Potenzial nach oben. Die Aufgabenverteilung war eher diffus und ist jetzt klar zugeteilt. Es gibt ein zentrales Management-Board, das für die strategische Ausrichtung und die Koordination der Ressourcen steht.

Als Säule hat das Board eine Doppelspitze, da dort zwei Kolleginnen oder Kollegen sind, die fachlich entweder für die Strategie der technischen Säule oder die der Applikationssäule verantwortlich sind. Die Kollegen stehen direkt im Kontakt mit den Base-Teams und treiben gemeinsam mit einem eigens für die IT-Innovationsprojekte etablierten Projektteam die digitale Transformation voran, das für beide Säulen interagiert. Ziel ist ein vernetztes Arbeiten. Die IT steht und fällt mit Vernetzung. Je mehr wir vernetzt sind, desto besser können wir Lösungen produzieren.

Die Teammitglieder tauschen sich dann untereinander aus?

Wortmann: Genau, die einzelnen Mitglieder der Base Teams tauschen sich aus. Sie arbeiten zunächst fest in ihren Base Teams, aber es gibt auch sogenannte Teams of Experts, Projekt-Teams oder Task Forces. Das sind so die dynamischen Komponenten in der Organisation. Ein Team of Experts kümmert sich etwa um das Thema IT-Sicherheit. IT-Sicherheit ist ja in allen Themen relevant und demnach ein Querschnittsthema.

Für IT-Sicherheit gibt es kein eigenes, festes Base Team, sondern das Team generiert sich zur Laufzeit, genau wie die Projekte, die abgeschlossen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in unterschiedlichen Rollen, bleiben thematisch in ihrem Base Team beheimatet – dadurch erhalten die Kollegen auch immer wieder ein spannendes Umfeld mit einem Teil Routine-Tätigkeiten und trotzdem gibt es auch immer wieder die Möglichkeit, in die Projektrolle zu schlüpfen. Also weg von personenbezogenen Privilegien und Rechten hin zu rollenbezogenen Verantwortlichkeiten und wechselnden Rollen.

Läuft das bisher besser?

Wortmann: Wir sind jetzt im März auf die neue Organisation umgestiegen und wir merken, dass die Arbeit deutlich lebendiger geworden ist. Das Miteinander wird besser. Von außen erhalten wir auch Rückmeldungen, dass wir ansprechbarer sind als vorher. Vorher war die Kommunikation über die einzelnen Abteilungsleitungen kanalisiert – diese wurden regelmäßig zum Flaschenhals. Aktuell führen wir ein zentrales IT-Prozessmanagement ein. Bisher haben wir unsere IT-Prozesse nicht methodisch ausgerichtet, sondern irgendwie realisiert, und das ist jetzt sozusagen der nächste logische Schritt.

Wir führen gerade ein IT-Servicemanagement ein, inklusive Software-Verteilung und mobilem Device Management. Damit wollen wir unsere gesamte IT-Systemlandschaft in einem zentralen Tool zusammenfassen, steuern und automatisieren, um für Medizin, Forschung, Pflege, Finanz-, Personal-, Logistik- und Einkaufsbereiche sowie die weiteren IT-Nutzer optimalen technologischen Support anbieten zu können.

Und das ist dann Ihre Aufgabe?

Wortmann: Das alles zusammenzudenken, ist aus meiner Sicht eine zentrale Aufgabe und eine Verpflichtung der IT. Die IT muss das leisten können, und für mich ist eine IT nicht nur ein reiner Technologie-Dienstleister, der die Anwendungen bereitstellt und "die anderen dann machen lässt". Dadurch, dass ein Unternehmen wie die MHH sich eine eigene IT-Abteilung leistet, muss ein Mehrwert entstehen. Ansonsten könnte das auch outgesourct werden, aber das Übersetzen ins Tagesgeschäft und in die Geschäftsprozesse, das ist meiner Meinung nach eine essenzielle Aufgabe der IT.

Gibt es gar kein Outsourcing?

Wortmann: Es gab in der Vergangenheit ein Outsourcing des IT-Service, das integrieren wir aber auch gerade. Also, IT-Service-Kräfte sind herzlich willkommen.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie bisher im Zuge der Neuerungen eingestellt?

Wortmann: Wir haben bisher fünf neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt – insgesamt suchen wir 35 neue Kolleginnen und Kollegen. In der angespannten Arbeitsmarktsituation ist das schon eine Herausforderung.

Müssen künftige Angestellte Vorerfahrung aus dem Krankenhausbereich mitbringen? Ist das eine zwingende Voraussetzung?

Wortmann: Nein, das ist keine Voraussetzung. Das sollten Kolleginnen und Kollegen sein, die eine hohe Eigenverantwortung mitbringen, die Interesse daran haben, ihre Expertise nach vorn und in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Wir wollen nicht nur den Status quo verwalten, sondern aktiv die Zukunft gestalten.

Unser Fokus liegt auch auf Absolventinnen und Absolventen. Denen können wir auch ein gutes Umfeld anbieten, weil die Aufgaben sehr vielfältig sind. In einem Netzwerk mit 10.000 Arbeitsplätzen gibt es da auch spannende Aufgaben. Andererseits adressieren wir natürlich auch erfahrene IT-Experten und natürlich auch gerne Kolleginnen und Kollegen, die Erfahrungen aus dem Gesundheitswesen mitbringen.

Im Bereich der vielerorts gesuchten IT-Fachkräfte geht auch viel über Geld. Einige Firmen sind da sehr gut ausgestattet. Andere müssen als Arbeitgeber überlegen: Was zeichnet mich sonst noch aus? Zum Beispiel, was die Life-Balance betrifft.

Wortmann: Das ist sicherlich etwas, das wir anbieten können, was das Arbeiten an der MHH auch zu einem gewissen Teil attraktiv macht. Auf der anderen Seite sind wir Landesbetrieb, und wer es für wertvoll erachtet, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, ist hier gut aufgehoben. Beispielsweise ist die MHH die größte Transplantationseinrichtung in Deutschland. Wir transplantieren bis zu 500 Organe im Jahr und tragen dazu bei, Gesundheit in der Region und ganz Deutschland zu garantieren.

Wie vielfältig die möglichen Aufgaben im IT-Bereich der MHH sind, zeigt ein Video:

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Die IT ist einfach überall einbezogen. Wir sind die Spinne im Netz, die die Prozesse vernetzt. Einerseits möchten wir uns organisatorisch agil aufstellen, andererseits haben wir auch eine wichtige technologische Funktion im Unternehmen, die sichergestellt sein muss. Die gesamte medizinische Dokumentation wird sich in den nächsten Jahren verändern. Wir binden zunehmend medizinisch-technischer Geräte ein, damit Daten, die im Prozess anfallen, bereits verarbeitet werden und eben nicht mehr händisch dokumentiert werden müssen.

Wird dann mehr mit Tablets und ähnlichen Geräten gearbeitet?

Wortmann: Ja, das ist auch ein Vorhaben, sozusagen Personalisierung von IT, die Ausstattung der Behandelnden mit entsprechenden Tablets. Dazu sind die Voraussetzungen in der Netzwerkinfrastruktur durch ein flächendeckendes wireless Funknetz zu schaffen.

Ihre Vorstellung wäre dann auch ein Campus-Netz?

Wortmann: Ja, genau. Sogar noch ein wenig darüber hinaus. Die Pandemie hat das Thema Homeoffice stark nach vorn gebracht. Wir haben innerhalb von wenigen Tagen 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt und ausgestattet. Dafür nutzen wir überwiegend unsere Citrix-Umgebung, in der wir über virtuelle Desktops die Arbeitsumgebung der MHH auch zu Hause verfügbar machen – unabhängig davon, ob dort Equipment von der MHH verfügbar ist.

Die Mitarbeitenden der MHH können sich mit entsprechender Zwei-Faktor-Authentifizierung von jedem Device über das Internet an der MHH anmelden und auf ihre Arbeitsumgebung zugreifen. Das Thema Mobilisierung von IT ist ein Thema, das wir auch in den Fokus nehmen.

Homeoffice ist ein gutes Stichwort. Inwieweit ist Remote-Arbeit in einer Klinik überhaupt möglich?

Wortmann: In der Pandemie haben wir das ausgiebig genutzt und nach der Pandemie in der MHH-IT eine 50-50-Regelungen geschaffen, für diejenigen, die remote arbeiten wollen und können. Ein IT-Service, der vor Ort gebraucht wird, nutzt mir herzlich wenig, wenn er von zu Hause aus arbeitet – etwa, wenn der Drucker ausgetauscht wird. Und wir haben alle festgestellt: Nur remote geht auch nicht. Auch wenn man sich remote gut besprechen kann – an vielen Stellen fehlt der persönliche Kontakt. Es gibt aber auch Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund ihrer persönlichen Situation mehr als 50 Prozent im Homeoffice sind.

Ein wichtiger Vorteil des mobilen Arbeitens ist die Aufhebung von Geografie. In Zeiten des Fachkräftemangels kann ein geeigneter Mitarbeiter auch vom anderen Ende Deutschlands aus arbeiten.

Wortmann: Das ist ein Stück Attraktivität, aber die gibt es an anderen Plätzen auch. Also von der Konkurrenzfähigkeit ist das jetzt kein großer Ausschlag.

heise online: Haben Sie das Gefühl, dass IT im Gesundheitswesen zu wenig Beachtung findet?

Wortmann: IT im Gesundheitswesen ist eher so im Hintergrund, das sieht man nicht so richtig. Ich würde mir wünschen, dass die Gesundheits-IT ins Bewusstsein der Menschen rückt. Digitale Lösungen werden künftig auch im Gesundheitswesen in den Alltag der Menschen Einzug erhalten. Zum Beispiel werden künftig Vitaldaten durch den Einsatz von Wearables unterwegs aufgezeichnet, um diese von der Ärztin im Krankenhaus auszuwerten. Diese fließen in die Videosprechstunde ein und durch Übermittlung des E-Rezeptes ist ein Termin vor Ort nicht mehr zwingend erforderlich.

Wir haben an der MHH eine neue Digitalstrategie geschrieben, die Fördermittel in Höhe von 20 Millionen Euro beantragt und für die digitale Transformation bewilligt bekommen hat – für unsere Patienten und Kunden, aber auch in Richtung unserer Mitarbeitenden, Ärzte, Pflegenden, Therapeuten und Forschenden. Das ist die Besonderheit an der MHH, verglichen mit anderen Universitätskliniken. Sie vereint als einzige medizinische Hochschule in Deutschland sowohl die Fakultät als auch die Klinik in einem Unternehmen.

Die MHH arbeitet im sogenannten Integrationsmodell, in dem die gemeinsame Bewältigung des Aufgabenverbundes von Forschung, Lehre, Krankenversorgung und Wirtschaftsführung unter einem Dach vereint werden. Der Transfer zwischen klinischen Daten und Forschungsdaten und umgekehrt muss dafür optimal umgesetzt werden.

Das ist wahrscheinlich eine Herausforderung mit Blick auf die Technik, oder?

Wortmann: Genau. Mit Blick auf die Technik ist das eine Herausforderung. Einerseits wollen wir die technologischen und wirtschaftlichen Synergien nutzen, anderseits unterliegt die Verarbeitung von besonders schützenswerten Daten den hohen Anforderungen aus Datenschutz und IT-Sicherheit. So dürfen Daten aus der Klinik nicht mit Daten aus der Forschung gemeinsam verarbeitet werden.Hier gilt das Trennungsgebot. Für jede Verarbeitungstätigkeit liegen Einwilligungserklärungen vor, die wir in einem Consent-Management organisieren. Die MHH verfügt für die zentrale Verarbeitung der Daten über ein modernes, den hohen Sicherheitsstandard genügenden Data Center – worauf wir stolz sind.

Rechenzentrum MHH (5 Bilder)

Rechenzentrum der MHH im Dunkeln (Bild: heise online)

Im vergangenen Dreivierteljahr haben wir die gesamte Organisation der IT umgebaut – von einer sehr hierarchisch strukturierten, behördlichen Organisationsform hin zu einer agilen Linienorganisation. Es ist tatsächlich gelungen, den agilen Ansatz umzusetzen, den man bereits im Projektmanagement oder bei den Tech-Giganten kennt. Ich habe mir bei der Entwicklung der agilen Linienorganisation Anleihen bei der Spotify-Organisationsmethode genommen.

All das, was Sie skizziert haben, kostet auch Geld. Wie finanzieren Sie die fortschreitende Digitalisierung?

Wortmann: Von den 20 Millionen Euro des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG), die die MHH bekommt, finanzieren 70 Prozent der Bund und 30 Prozent das Land Niedersachsen. Deutschlandweit fließen bis 2024 insgesamt 4,3 Milliarden Euro in die digitale Transformation der Krankenhäuser, mit dem Ziel, die Akteure im Gesundheitssektor durch technische Standards und Interoperabilität besser zu vernetzten. Davon erhalten die niedersächsischen Krankenhäuser 400 Millionen Euro.

15 Prozent müssen in die IT-Sicherheit fließen?

Wortmann: Genau, das regelt das KHZG so.

Reichen die Gelder aus?

Wortmann: Ja, natürlich nicht (lacht). Also ganz ehrlich: Das ist ein guter Aufschlag und die Gelder müssen jetzt auch erstmals bis 2024 verbaut werden – das ist auch eine Herausforderung. Aber Mittel für Digitalisierung im Gesundheitswesen müssen nachhaltig und länger zur Verfügung gestellt werden. Da ist es nicht damit getan, dass wir jetzt einmal 4,3 Milliarden investieren. Aber ich glaube, Herr Spahn hatte das ja auch bei seinem Gesetz schon bedacht, weil er ja nicht nur die Gelder zur Verfügung gestellt, sondern auch einen wesentlichen Grundsatz im Krankenhausfinanzierungsgesetz ergänzt hat. Er hat in dem Grundsatz, in der Präambel Paragraf 1 des KHG geschrieben, dass Krankenhäuser leistungsfähig und digital auszustatten sind. Das heißt noch nicht, dass eine Anschlussfinanzierung nach 2024 sichergestellt ist. Aber dass für Digitales künftig mehr Mittel benötigt werden, ist – denke ich – inzwischen allen klar.

Vor ein paar Jahren sagte mir ein Klinikchef mal, dass das Thema IT nach seinem Gefühl gar keiner so richtig auf dem Plan habe.

Wortmann: Ja, das stimmt. Die Aufgaben wachsen, es wird bürokratischer, es gibt mehr Sicherheitsanforderungen und damit auch höhere Dokumentationspflichten. Die Anwendungsfälle werden vielfältiger und die Vernetzung schreitet voran. In der Vergangenheit lag der Fokus auf der Verwaltung von Patientendaten – heute geht der Fokus klar in Richtung Unterstützung der Kernprozesse in Klinik, Forschung und Lehre.

Automation, Robotik sind längst keine Fremdwörter mehr in der Healthcare-IT. Das müssen wir alles umsetzen und berücksichtigen. In der Vergangenheit gab es keine ausreichende Finanzierung für die digitale Infrastruktur in Krankenhäusern. Der Staat hat sich aus der investitionsfinanzierten Krankenversorgung ein großes Stück herausgezogen. Wir haben nicht grundlos einen großen Investitionsstau im deutschen Gesundheitssystem.

Was halten Sie von der zunehmenden Beitragsfinanzierung der Krankenversorgung über die Krankenkassen?

Wortmann: Meiner Meinung nach sind das Dinge, die wir besser in öffentlicher Hand haben sollten. Ich sehe das Gesundheitswesen als großen Wert unserer Gesellschaft. Und ich möchte nicht, dass die Gesundheitsversorgung vom Portemonnaie des Einzelnen abhängig ist. Ich möchte keine amerikanischen Verhältnisse haben – dazu gibt es in Deutschland meiner Meinung nach auch einen Konsens. Aber das sind Themen, die politisch diskutiert und entschieden werden müssen. Digitalisierung und IT wird auf jeden Fall einen wesentlichen Beitrag zur hochwertigen Gesundheitsversorgung beitragen.

(mack)