Das Digitalradio ist tot, es lebe das Digitalradio!

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Von
  • Detlef Grell

Das Digitalradio ist tot, es lebe das Digitalradio!

Das Ende eines DVB-T-Senderscans, der "33 TV-Sender, 0 Radio-Sender" meldet, treibt mich regelmäßig in die Krise. Wo sind die Radio-Sender, die sowohl bei DVB-S als auch bei DVB-C stets gefunden werden? O.k., in Berlin, aber das reicht nicht.

Was hat die Branche einst über ihr Henne-Ei-Problem bei DAB gejammert: Keine Empfänger da - warum sollten die Sender was senden? Die Hörer klagten, dass keine Sender da sind - warum also teure neue Empfänger kaufen? Eine Klage, die für Hannover auch 2009 (7 Sender, 5 davon NDR-Abkömmlinge) noch aktuell ist.

Nun haben wir Millionen preiswerter DVB-T-Empfänger im Lande laufen. Doch schlurft immer noch der Zombie DAB durch Deutschland, der aber nach dem Abschmettern von DAB+ nun wohl endlich Erlösung im jenseitigen Reich finden darf. Denn längst dient seine Existenz nur noch dazu, die Einführung eines für jedermann empfangbaren Digital-Radios per DVB-T zu verhindern.

Doch die Gebetsmühlen der DAB-Lobby mahlen immer noch: Nur mit DAB gibt es sauberen Empfang unterwegs - na, das schaffen die Autohersteller längst auch bei UKW mit Antennen- und Tunerdiversity, ebenso übrigens wie hohe Klangqualität und digitale Infodienste. DVB-T kann das alles auch - wenn man die Qualität nicht mit zu niedriger Bandbreite kaputtspart wie beim DVB-T-Fernsehen.

Jetzt kommen üblicherweise die wahnsinnigen Investitionen in DAB ins Spiel. Die sind halt 1A versenkt worden. Das meiste war eh Geld aus Gebühren, DAB-Radio-Anschaffungen und Steuern. Die sind doch ein Klacks gegen die mehreren 100 Millionen UKW-Radios, die es zu verschrotten gilt. Oder die Einsparungen, die durch die Nutzung vorhandener DVB-T-Boxen möglich sind.

Ha, das DVB-T-Fernsehnetz ist ja gar nicht flächendeckend! Na, dann wäre DVB-T-Radio doch der ideale Anlass, endlich die restlichen 2 Prozent unbestrahlter Bevölkerung zu erschließen.

Die Regionen gleicher Frequenz sind zu klein, ständig muss der Empfänger die Frequenz wechseln - seit RDS kann das doch schon jedes UKW-Radio. Abgesehen davon wäre das gar nicht nötig, würde man das ursprünglich angedachte Gleichfrequenznetz für DVB-T endlich umsetzen.

Aber mein Lieblingsargument gegen DVB-T-Radio ist das Geschwindigkeitsproblem: Nur bis maximal 200 km/h ist ein sauberer Empfang möglich. EINE KATASTROPHE! Das halbe Promill Autofahrer, das etwa 1 Stunde pro Woche schneller radiohörend unterwegs ist, wird ausrasten!

Ach, es geht um die ICE-Züge, die schneller als 200 km/h fahren? Na klar. Da lassen wir doch lieber die ganze stationäre Bevölkerung ordentlich für DAB blechen, wenn wir dadurch einem Unternehmen, das in Kürze als Privatfirma an die Börse geht, Investitionen in eine zuginterne Radio-Versorgung ersparen können.

Es gibt nicht ein einziges Problem, das sich nur mit DAB und nicht auch mit DVB-T lösen lässt. Und wenn man nun kein Geld mehr in DAB versenken muss, dann hat man auch die Mittel, dem DVB-T-Radio den letzten Schliff zu verpassen. Die DAB-Lobby muss nur noch lernen loszulassen ... (gr)