Die grüne Wolke

An ihre Umgebung angepasste Rechenzentren könnten die Energieeffizienz der IT deutlich steigern. Zu den Pionieren auf dem Gebiet gehört der Internet-Riese Yahoo.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • David Talbot

Kritiker hat das Cloud Computing, bei dem Datenschätze samt harter Rechenarbeit auf Serverparks im Internet ausgelagert werden, durchaus einige – Privatsphärenschützer beispielsweise, die einige Risiken darin sehen, dass Informationen zu sehr zentralisiert werden.

Doch in einem Bereich könnte die Technik, die bereits von großen Konzernen wie Google, Microsoft oder Yahoo genutzt und angeboten wird, definitiv punkten: Bei der Energieeffizienz. Wie das besonders gut funktionieren kann, zeigen an ihre Umgebung angepasste Rechenzentren, wie sie derzeit in den USA entstehen.

"Probleme auf rechtlicher und sicherheitstechnischer Seite müssen noch gelöst werden, bevor es eine massive Wanderbewegung hinein in die Wolke geben kann", meint Jonathan Koomey, Experte für Energieeffizienz in der IT und Gastprofessor an der Yale University. "Von Seiten der reinen Wirtschaftlichkeit gibt es aber gute Argumente dafür. Die Vorteile von Cloud Competing sind mehr als deutlich."

Das Problem des weltweit ansteigenden Energieverbrauchs durch die Informationstechnik setzt nicht nur die Gewinne der Firmen unter Druck, sondern wird zunehmend auch zu einer Frage des Umweltschutzes. Der Strombedarf, den Rechenzentren weltweit benötigen, hat sich zwischen den Jahren 2000 und 2005 verdoppelt – von 0,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Erde auf 1 Prozent. Diese Zahl ist inzwischen bei rund 1,5 Prozent angekommen und wächst weiter.

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Uptime Institute aus dem Jahr 2008 könnte sich der Strombedarf bis 2020 vervierfachen. "Wenn der Anteil am Gesamtenergieverbrauch in fünf bis zehn Jahren von einem auf drei Prozent wächst und das dann so weitergeht, haben wir ein wirklich ernstes Problem", meint Uptime-Exekutivdirektor Kenneth Brill. Mit diesem ungebremsten Wachstum verstärkten sich nicht nur die Auswirkungen auf den Klimawandel. "Außerdem werden sich die Gewinne der Firmen dramatisch verschlechtern."

Cloud-Computing-Firmen hoffen nun, eine Lösung anbieten zu können – indem sie in ihren zentralen Rechenzentren voll auf Energieeffizienz setzen. Bei Yahoo hat man kürzlich mit dem Bau einer neuen Anlage in Buffalo im US-Bundesstaat New York begonnen. Sie soll nur noch ein Viertel des Strombedarfs älterer Anlagen haben, wie Scott Noteboom, Seniordirektor für den Bereich Rechenzentrumstechnik bei dem Internet-Portal, sagt.

Das soll über eine mehrstufige Strategie erreicht werden. So sind die verbauten Server selbst effizienter – sie benötigen weniger Leistung etwa im Stand-by. Gleichzeitig soll das Gebäude des Rechenzentrums selbst eine wichtige Rolle spielen: Dort wird vor allem die natürlicher Luftbewegung genutzt, um die Maschinen zu kühlen. Nur an Tagen mit mehr als 27 Grad wird eine Klimaanlage hinzugeschaltet, die in diesem Fall auf Verdunstungskühlung setzt. Sie muss laut Planung allerdings nur maximal 212 Stunden im Jahr in Betrieb sein.

Das Design der Yahoo-Anlage erinnert an Fabriken, die vor der Klimaanlagen-Ära in der Region um Buffalo betrieben wurden. Diese nutzten einst den konstanten Wind, der vom Lake Erie kommt, zur Kühlung. Bei diesen Anlagen wurden Hitzequellen gerne in der Mitte des Gebäudes platziert, wo sie dann als natürliche Umwälzpumpe wirkten, die die Luft durch Kuppeln trieb und gleichzeitig kühlere Luft von der Seite einsaugte. So ähnlich habe nun auch Yahoo sein hochmodernes Rechenzentrum gestaltet, sagt Noteboom. "Wenn man ein System ohne Kältemaschinen bauen will, lohnt es sich, einen Blick in die Geschichte zu wagen, als die Menschen diese Technik noch gar nicht hatten."

Ein gutes Zeichen für Cloud Computing ist auch, dass die Effizienz von Rechnern parallel zur steigenden Nutzung wieder wächst. Mit jeder neuen Chip-Generation können diese mehr Operationen mit gleichem Energiebedarf ausführen – ein Trend, der seit einigen Jahren den Gigahertz-Wahn ablöste. "Die Leistung steigt, der Energiebedarf bleibt", betont Jon Haas, Direktor des Öko-Technologie-Programms beim Chipriesen Intel.

Effizienzexperte Koomey ergänzt, dass die Auslagerung der Daten ins Internet insgesamt dabei geholfen habe, den Energieverbrauch der Welt zu senken. Wenn Menschen im Web surften, etwa Bilder auf einer Seite wie Facebook oder Videos auf YouTube ansehen, verbrauchten sie zwar Energie, weil Rechenzentren diese Informationen an sie auslieferten. Gleichzeitig sei beispielsweise das Herunterladen von Musik, die früher auf eine CD passte, zwischen 40 und 80 Prozent effizienter als der Kauf einer physischen Musikscheibe – Herstellung und Transport mit eingerechnet.

"Bits zu verschieben, ist grundsätzlich umweltfreundlicher als Atome", meint Koomey. Die Leute sorgten sich derzeit darum, wie viel Energie Rechenzentren verbrauchten, "Sie vergessen dabei aber, dass die IT zu strukturellen Veränderungen in der ganzen Wirtschaft führt." (bsc)