Microsoft: IE 6 ist die letzte Standalone-Installation

Microsoft will den Internet Explorer als eigenständiges Produkt wieder von der Bildfläche verschwinden lassen.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Microsoft will den Internet Explorer (IE) als eigenständiges Produkt wieder von der Bildfläche verschwinden lassen. Ein Beitrag auf der Microsoft-Website lässt durchblicken: "Als Teil des Betriebssystems wird sich IE weiter entwickeln, aber es wird zukünftig keine Einzelinstallationen geben. IE 6.0, Service Pack 1 ist die letzte Standalone-Installation."

Zwar hatte sich Microsoft entgegen der eigenen Aussage, der seinerzeit mit Windows 95 gebündelte Internet Explorer sei eigentlich nur eine Funktionserweiterung des Betriebssystems, zumindest formell schon im Vorfeld des Antitrust-Verfahrens auch mit Windows-unabhängigen Unix-Editionen seines Browsers am Markt präsentiert. Ein wichtiger Anlass für den Prozess waren Vorwürfe gewesen, Microsoft nutze seine Marktmacht bei PC-Betriebssystemen, um auch bei Web-Browsern ein Monopol zu erreichen.

Später hatte sich die Windows-Company in Abschnitt H, Absatz 1 der Bedingungen zur außergerichtlichen Beilegung des Antitrust-Verfahrens bereit erklären müssen, Anwendern die freie Wahl zur Nutzung von Microsoft-Middleware -- dazu zählt ausdrücklich auch der Internet Explorer -- zu lassen. Genau diese freie Wahl manifestierte sich neben der versteckten Option, den Microsoft-Browser bei der Installation etwa von Windows XP auszuklammern, im Angebot des IE 6.0 als eigenständiges Programmpaket.

Argumente, den eigenständigen Internet Explorer nicht mehr weiter zu entwickeln und folglich am Markt zurückfallen zu lassen, kann man aus verschiedenen Interessenlagen heraus ableiten: Microsoft-Sprecher Brian Countryman konzentriert sich ganz auf die Sicherheits-Aspekte im Zusammenhang mit dem Windows-Nachfolger Longhorn und dem inzwischen umgetauften Sicherheitskonzept Palladium: "Legacy-Betriebssysteme haben mit der Ergänzung durch IE 6.0, SP1, ihren Höhepunkt erreicht. Weitere Verbesserungen am IE werden Verbesserungen des darunter liegenden Betriebssystem notwendig machen."

Unabhängige Beobachter könnten freilich auch andere Schlüsse ziehen: Die Bedrohung Microsofts durch das Antitrust-Verfahren hat sich inzwischen gelegt, und seit der Einigung mit AOL könnten die Redmonder endlich auch den langjährigen Browser-Rivalen Netscape ausgebootet haben. Eine gute Gelegenheit also, mit umgekehrten Vorzeichen auf bewährte Praktiken zurück zu greifen, und diesmal die Verbreitung des Internet Explorer als unwiderstehlichen Anreiz zum Upgrade auf künftige Windows-Versionen zu nutzen. Schon der erste Richter im Antitrust-Verfahren Thomas Penfield Jackson hatte ein solches Vorgehen prophezeit: "Es gibt Beweise [...], dass Microsoft [...] seine Geschäfte so weiterführen wird wie in der Vergangenheit und sich in anderen Märkten genauso verhalten wird, wie es das schon in den Märkten für PC-Betriebssysteme und Web-Browser getan hat." (hps)