Auswertung von Flugpassagierdaten ermöglicht Wirtschaftsspionage

Eine gezielte Abfrage könnte nicht nur der Terrorbekämpfung dienen, sondern auch für Wirtschaftsspionage relevante Daten herausfiltern, meint Carsten Bange vom Business Application Research Center.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die US-Zollbehörden verhandeln derzeit mit der EU-Kommission über die Weitergabe von Flugpassagierdaten, den so genannten "Passenger Name Records" (PNR). Sie verlangen in dem von der Kommission veröffentlichten Dokument "Undertakings of The United States Bureau of Customs and Border Protection and The United States Transport Security Administration" den Abruf von 40 Datenfeldern. Carsten Bange, Geschäftsführer des Würzburger Business Application Research Center (BARC), meint, dass eine gezielte Abfrage bezüglich bestimmter Hypothesen und Fragestellungen nicht nur zur Terrorbekämpfung dienen, sondern auch für Wirtschaftsspionage relevante Daten herausfiltern könnte.

Zu den 40 Datensätzen gehören neben dem Namen, Geburtsdatum, Anschrift und Telefonnummer des Reisenden auch die Namen seiner Mitreisenden und seines Reisebüros sowie des Reisebüro-Sachbearbeiters. Ebenfalls gewünscht ist die Rechnungsanschrift, die E-Mail-Adresse und der Reisestatus. Die US-Behörde behält sich vor, die Liste unter Risikoaspekten zu erweitern. Die Daten sollen mindestens sieben Jahre gespeichert werden. Nach Ablauf der sieben Jahre sollen die Daten weitere acht Jahre in einem so genannten "Deleted Record File" aufbewahrt werden. Verwendet werden die Daten in einem CAPPS II genannten Flugpassagier-Kontrollsystem, das innerhalb von fünf Sekunden eine Analyse und Risikoabschätzung erstellen und Terroristen identifizieren können soll.

Carsten Bange führt als Beispiel für eine weitergehende Verwendung der Flugpassagierdaten an: Bucht etwa eine Firma über ein eigenes Reisebüro, können Personen dieser Firma zugeordnet werden. Konkurrieren mehrere Unternehmen um eine lukrative Regierungsausschreibung in einem bestimmten Land, können Flüge in dieses Land als Indikator für Vorverhandlungen gewertet werden. Bange: "Dann wird es spannend". Ebenfalls denkbar wäre es, Flüge von Firmenvertretern in ein Embargoland als Indikator für Verhandlungen zu werten. Kritisch wird es auch, wenn die Flugpassagierdaten mittels der angegebenen Kreditkartennummer mit den Daten von Kreditkartenunternehmen verknüpft werden.

Eine maschinelle Datenmustererkennung sei für solche Massendaten grundsätzlich geeignet, meint Bange. Als "problematisch" sieht er jedoch "die wenigen relevanten Datensätze in diesen Massendaten". Bange: "Sie können über Data Mining versuchen, ein typisches Muster innerhalb der 40 Datenfelder für Terroristen zu filtern." Allerdings sieht er "das Hauptproblem" darin, dass man dafür bereits "eine ausreichende Menge von bekannten Flügen von Terroristen" hat. Sind diese verfügbar, lassen sich anhand der Profile der bekannten Terroristen-Flüge ähnlich wie bei der Bonitätsprüfung in einer Bank die relevanten Felder und ihre Kombination untereinander herausfinden und eine Wahrscheinlichkeit ausrechnen, dass jemand ein Terrorist sein könnte.

Siehe dazu auch in c’t aktuell:

(Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)