SCO erklärt die GPL für ungültig

Der Chefanwalt des Softwarehauses erklärte die GNU General Public License (GPL) für ungültig; die Bilanzen von SCO bessern sich unter anderem wegen zunehmendem Lizenzgeschäft.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1047 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Peter Schüler

Der Chefanwalt des Softwarehauses SCO, Mark Heise, erklärte die GNU General Public License (GPL) für ungültig. SCO löste zwar mit seiner Drei-Milliarden-Dollar-Copyright-Klage gegen IBM und Drohmaßnahmen gegen weitere Linux-Anwender eine ganze Flut von Protesten und Gegenklagen aus, vertreibt aber selbst seit Jahren die unter der GPL stehenden Linux-Kernel per FTP.

Der fiktive Vergleich, bei ähnlichen Geschäftspraktiken könnte Coca-Cola auch Getränkerezepturen zum kostenlosen Download anbieten und anschließend jeden verklagen, der seine Drinks danach braut, lässt die SCO-Strategen offenbar unberührt. Vielmehr bemühen Mark Heise und seine Mitstreiter laut dem Wall Street Journal nun den Winkelzug, die GPL mit ihrer uneingeschränkten Freigabe des abgedeckten Codes zur Weitergabe und Modifikation widerspreche der US-Gesetzgebung über Copyrights und werde dadurch außer Kraft gesetzt. Das geltende Recht gestatte Software-Käufern nämlich lediglich das Anfertigen einer einzigen Sicherungskopie.

Mark Heises Brötchengeber, die Anwaltskanzlei Boies, Schiller & Flexner, vertritt nach eigenen Angaben zurzeit auch die Musiktauschbörsen Napster und Aimster in Copyright-Fragen. Mark Heise aber geht nun direkt auf den eigentlichen Kernpunkt der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen SCO und der Linux-Gemeinde los: Je nachdem, ob SCO seinen Standpunkt durchsetzen kann oder nicht, wird das Gerichtsverfahren, das zum ersten Mal die GPL auf den Prüfstand vor Gericht stellt, die Open-Source-Gemeinde mit ihrer Haupt-Lizenz am Boden zerstören oder ihr entscheidend den Rücken stärken. Die Sprengkraft der von SCO gewählten juristischen Strategie war Ende Mai möglicherweise sogar schon absehbar, als Mark Heise in einem Presseinterview erklärte, die Frage sei einfach nur: "Zwingen wir Leute zum Einhalten ihrer vertraglichen Verpflichtungen, oder werfen wir das im Computerbereich über den Haufen?"

SCOs Führungsspitze jedenfalls hat seit der Klage gegen IBM nicht weniger als 126.000 Aktien im Wert von 1,2 Millionen US-Dollar abgestoßen und sich damit für die Realisierung kurzfristiger Unternehmensgewinne entschieden. Ein SCO-Sprecher verneinte allerdings einen Zusammenhang zwischen den Ereignissen und verwies darauf, der Aktienverkauf sei im Einklang mit der Regel 10b5-1 der amerikanischen Börsenaufsicht SEC von langer Hand geplant gewesen. Jedoch gab es zuvor ein ganzes Jahr lang keine derartigen Verkäufe. Die genannte SEC-Regel verbietet einen Insiderverkauf ausdrücklich auch dann nicht, wenn der Verkäufer Kenntnis von Sachverhalten hat, die den Kurs der veräußerten Aktien erheblich beeinflussen könnten.

Allerdings ist auch zu berücksichtigen: Über sechs Millionen Aktien und weitere zwei Millionen Aktienoptionen befinden sich noch in den Händen der SCO-Manager, die laut der Firma momentan keine weiteren Pläne für Verkäufe haben. Und zumindest die aktuellen Zahlen lassen die Geschäftsaussichten von SCO noch recht rosig aussehen. In den heute vorgestellten Bilanzen wies SCO einen Netto-Gewinn von 3,1 Millionen US-Dollar bei einem Umsatz von 20,1 Millionen US-Dollar aus; im gleichen Zeitraum des Vorjahrs war noch ein Verlust von 4,5 Millionen US-Dollar bei einem Umsatz von 15,4 Millionen US-Dollar angefallen. Das Geschäft mit den hauseigenen Betriebssystemen brachte SCO einen Umsatz von 12,8 Millionen; das Lizenz-Geschäft (zu dem SCO mittlerweile auch die so genannte Antidot-Lizenz für Linux-Anwender zählt) brachte 7,3 Millionen US-Dollar. (hps)