Magix warnt vor EU-weiter Einführung von Softwarepatenten

Der Berliner Multimediaspezialist geißelt die "unverhohlene Interessenpolitik von Patentanwälten" und die unzureichende Prüfung durch Patentämter.

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Von
  • Holger Dambeck

Das Berliner Softwareunternehmen Magix, Hersteller von Multimediaprogrammen wie Music Maker, Movie Maker und Filme auf CD & DVD, lehnt die Einführung von Softwarepatenten entschieden ab. In einem Schreiben an Abgeordnete des Europäischen Parmaments warnt das Unternehmen vor den wirtschaftlichen Folgen der Patente. Die Volksvertreter stimmen am 1. September über die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen ab.

Magix empfiehlt den Abgeordneten, gegen die Richtlinie zu stimmen, und geht somit in Widerspruch zum IT-Branchenverband Bitkom, der Softwarepatente grundsätzlich begrüßt. Zu den entschiedensten Gegnern von Softwarepatenten zählen Open-Source-Anhänger wie EuroLinux und die Free Software Foundation Europe sowie kleinere Softwarehäuser, aber auch die Globalisierungskritiker von Attac.

In seinem Schreiben kritisiert Magix die "unverhohlene Interessenpolitik von Patentanwälten und anderen Vertretern des Patentwesens". Europa drohe eine "juristisch fragwürdige und gesamtwirtschaftlich schädliche Veränderung der Gesetzeslage". Die Umsetzung der Richtlinie stelle eine "große Gefahr" für die europäische Software-Industrie und den gesamten europäischen Wirtschaftsraum dar.

Besonders hart geht das Berliner Unternehmen mit dem Europäischen Patentamt ins Gericht, das "entgegen der geltenden Rechtslage" und "ohne hinreichende Prüfung" bereits heute entsprechende Patente erteile. Die Gründe dafür liegen für Magix klar auf der Hand: Den betroffenen Ämtern fehle es an Personal zur Prüfung der Anträge. Außerdem seien die Ämter "natürlicherweise an einer maximalen Eintragungsquote interessiert", weil sie sich über Patentgebühren finanzierten.

Magix sieht einen "uneinhohlbaren Patentvorsprung" für amerikanische und japanische Unternehmen gegenüber der europäischen Software-Industrie. Die außereuropäischen Anbieter hätten ihre Patente längst in den USA und teilweise auch in Europa angemeldet. Diese meist unter die Rubrik Trivialpatente fallenden Eintragungen könnten künftig hohe Lizenzforderungen zur Folge haben und hiesige Softwareunternehmen in ihrer Existenz gefährden.

Das bestehende Urheberrecht reicht nach Auffassung der Magix AG vollkommen aus, um das geistige Eigentum von Softwareherstellern zu verteidigen. "Patente schützen hingegen nicht die besondere Ausformung einer Idee, sondern die Idee einer Problemlösung als solche." Da Software jedoch aus Verfahrensschritten bestehe, die allgemeine Problemstellungen lösen -- etwa das farbige Markieren von Text --, führten Softwarepatente zur Patentierung allgemeiner Ideen wie Textverarbeitung und verschafften dem Erstentwickler ein Monopol auf diese Idee "als solche".

Weil die Softwareentwicklung auf der Weiterentwicklung bekannter Verfahren beruhe, könnten besonders grundlegende Patente die Entwicklung ganzer Produktserien behindern. Die Praxis in den USA zeige, das Patente vor allem von Großunternehmen als zusätzliches Wettbewerbsmittel genutzt würden, ohne innovationsfördernd zu wirken. Patentschutz dürfe nicht zur "Monopolisierung von Denkgesetzen verwendet werden", schreibt das Berliner Unternehmen den EU-Abgeordneten. Die Computerprogrammen zugrundeliegenden Algorithmen müssten der Allgemeinheit frei zur Verfügung stehen. (hod)