SCO vs. Linux: McBride warnt die Open-Source-Gemeinde

SCOs Chef warnt vor weiteren DoS-Attacken und sieht grundsätzliche Probleme beim Open-Source-Entwicklungsprozess, den das Beispiel SGI zeige; Richard Seibt von SuSE dagegen erklärt alle Ansprüche von SCO für gegenstandslos.

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Von
  • Jürgen Kuri

SGI als Gegner unter den "Großkopferten" nimmt SCO im Streit um angeblich aus Unix System V geklauten Code in Linux als Ersten nach IBM ins Visier. Aber zuvor sind erst einmal die Entwickler und die Fans des Open-Source-Systems mit einer Warnung dran. Darl McBride, Chef des Unix-Hauses, macht in einem "offenen Brief an die Open-Source-Community" die Linux-Unterstützer für die jüngste Denial-of-Service-Attacke auf SCOs Webserver verantwortlich. Diejenigen, die Open-Source-Software unterstützten, müssten einen besseren Job bei ihrer eigenen Kontrolle als Entwickler und Aktivisten machen, forderte McBride. Die Open-Source-Verfechter seien in Gefahr, ihrer eigenen Sache zu schaden, wenn sie sich nicht gegenseitig besser kontrollierten, um solche Aktionen wie DoS-Angriffe zu verhindern und zu bestrafen. Bereits der Open-Source-Advokat Eric S. Raymond hatte sich in einem Aufruf, solche Angriffe zu unterlassen, für manche Mitglieder der Community etwas arg weit aus dem Fenster gelehnt.

Der SCO-Chef meint, mit der Klage gegen IBM habe SCO einige in der Open-Source-Community verärgert, da man auf Probleme mit dem geistigen Eigentum hingewiesen habe, die im gegenwärtigen Linux-Entwicklungsprozess existierten. Die Debatte um Open Source sei aber nützlich, sie biete langfristige Vorteile, da dadurch ein neues Business-Modell untersucht werde, bevor man in großem Maßstab einsetze. Aber, meint McBride nun nach den DoS-Angriffen: "Wir können keine Situation haben, in der Firmen eine Computer-Attacke befürchten müssen, wenn sie eine Business- oder Rechtsposition einnehmen, die die Open-Source-Community verärgert."

Nach der Warnung an die Open-Source-Gemeinde geht es dann aber auch für SGI ans Eingemachte: McBride bestätigt in dem Brief, dass SGI das mögliche nächste Ziel bei der Ausdehnung des Rechtsstreits um Unix-Code in Linux ist. Der SCO-Chef hatte dies bereits Mitte August im Interview mit c't angedeutet, nun wird er konkret: Kommentare des Open-Source-Protagonisten Bruce Perens würden bestätigen, dass Code von SCOs Unix System V in Linux-Software eingebaut wurde, die der Cluster- und Supercomputer-Spezialist SGI vertrieben habe -- Perens sieht dies allerdings deutlich anders, da er davon ausgeht, der betroffene Code sei entweder viel früher entstanden oder rechtmäßig kopiert worden. McBride jedoch hält fest, dass die von SCO inkriminierten Kopien illegal und nicht aus Versehen geschehen seien. "Dies ist eine eindeutige Verletzung von SGIs Vertrag und Copyright-Verpflichtungen gegenüber SCO." Man sei aber in Verhandlungen mit SGI über die Angelegenheit.

Der Vorfall bei SGI sei aber nur ein symptomatisches Beispiel für größere Probleme beim Entwicklungsprozess von Open Source, meint McBride: Perens habe zugegeben, dass es einen "Fehler im Linux-Entwickler-Prozess" gebe. Ohne angemessene Mechanismen, die die Integrität des von einzelnen Linux-Entwicklern beigetragenen Codes garantierten, beruhe die ganze Software auf einer sehr unsicheren legalen Basis. Dies würde bei den Entscheidungsträgern in den Firmen kaum sehr vertrauensbildend wirken, betonte McBride. "Die Ursprünge des geistigen Eigentums von Linux sind offensichtlich fehlerhaft." Open Source sei an einem kritischen Punkt angelangt: Die Community habe ihre Wurzeln in "Idealen der Gegenkultur -- Hacker gegen das Big Business". Aber nun müsse die Community Software für die amerikanische Firmen aus dem Mainstream entwickeln -- und daher müsse man auch die Regeln und Verfahren befolgen, die die Mainstream-Gesellschaft regieren. "Diese Kunden entscheiden das Schicksal von Open Source -- nicht SCO, nicht IBM, und nicht Open-Source-Führer", wirft sich McBride in die Brust.

Während SCO also eine neue juristische Front eröffnet und versucht, Probleme im Open-Source-Entwicklungsprozess zu thematisieren, wendet sich Richard Seibt, Chef des deutschen Linux-Distributors SuSE, gegen die Forderungen der Firma: Die Lizenzforderungen von SCO entbehrten nach Kenntnisstand von SuSE jeder Grundlage, schreibt Seibt an "sehr geehrte Linux-Anwender, sehr geehrte SuSE-Partner". Tatsache sei, dass "SCO trotz vielfältiger Aufforderung bislang noch keinen schlüssigen Beweis für ihre Behauptungen erbracht hat. Stattdessen wurde The SCO Group GmbH in Deutschland mit Blick auf diese Äußerungen von verschiedenen Seiten abgemahnt." Dies habe bis zur Verhängung eines Ordnungsgeldes geführt. SuSE werde die Klage des US-Linux-Distributors Red Hat, die zu einer "raschen Beendigung der öffentlich geäußerten Forderungen seitens SCO auch in den USA" führen sollen, nach Kräften unterstützen, betonte Seibt: "Wir sind davon überzeugt, dass SCOs Behauptungen auch vor den amerikanischen Gerichten keinen Bestand haben werden. Linux-Entwickler, -Anbieter und -Anwender werden mit gestärkter Rechtssicherheit aus dieser Auseinandersetzung hervorgehen."

Derweil hat sich auch der österreichische Verein zur Förderung freier Software erneut in die Auseinandersetzung eingeschaltet. In einem anwaltlichen Schreiben will der FFS SCO Deutschland verbieten, die so genannte Antidot-Lizenz für Linux-Anwender zu vertreiben. Ausgangspunkt der Aktion ist die Tatsache, dass SCO in Österreich etwa unter www.caldera.at/scosource/ die Intellectual Property License for Linux vertreibt. Mit dieser Lizenz sollen sich Linux-Anwender nach Ansicht von SCO das Recht auf die Nutzung des geistigen Eigentums von SCO im Linux-Kernel 2.4 und spätere Versionen erwerben. Die Bewerbung dieser Lizenz hält der FFS für rechtswidrig, da Gerichte bereits die hinter den Forderungen stehenden Aussagen untersagt hätten.

Zu den jüngsten Entwicklungen im Streit zwischen SCO, der Open-Source-Gemeinde und den Linux-Firmen siehe auch: (jk)