BGH: Chefkoch unterliegt Marions Kochbuch

Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass chefkoch.de für Urheberrechtsverstöße seiner Nutzer haftet. Das Urteil ist allerdings nicht ohne weiteres auf die Haftungssituation für Webforen-Betreiber übertragbar.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 334 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Joerg Heidrich

Der Betreiber einer Rezeptsammlung im Internet haftet unter Umständen dafür, dass seine Nutzer widerrechtlich Fotos von Kochrezepten auf sein Angebot hochladen. Dies entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. November 2009 (Az.: I ZR 166/07). Eine schriftliche Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor.

Kläger des Verfahrens war der Betreiber der Online-Rezeptsammlung Marions Kochbuch, der vor allem im Zusammenhang mit Massenabmahnungen bekannt geworden ist. Die Beklagte bietet unter der Internetadresse chefkoch.de eine kostenfrei abrufbare Rezeptsammlung an. Die Rezepte werden von Privatpersonen selbstständig mit passenden Bildern hochgeladen. Dabei wurden mehrfach vom Kläger angefertigte Fotos verwendet, ohne dessen Zustimmung einzuholen.

Der Kläger will der Beklagten insbesondere verbieten lassen, bestimmte von ihm erstellte und unter marions-kochbuch.de abrufbare Fotografien ohne seine Erlaubnis auf der Internetseite öffentlich zugänglich zu machen. Außerdem begehrt er Schadenersatz. Der Kläger war bereits in den Vorinstanzen erfolgreich.

Der Bundesgerichtshof hat nun die Revision von chefkoch.de zurückgewiesen. Die Bereitstellung der urheberrechtlich geschützten Fotos des Klägers verletze dessen ausschließliches Recht auf öffentliche Zugänglichmachung. Der Rechtsverletzung stehe nicht entgegen, dass die Fotos bereits zuvor auf der Internetseite des Klägers allgemein abrufbar gewesen seien. Überdies betreibe die Beklagte keine Auktionsplattform oder einen elektronischen Marktplatz für fremde Angebote. Sie habe sich vielmehr die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte zu eigen gemacht und hafte daher für diese wie für eigene Inhalte.

Hierfür spreche insbesondere die Tatsache, dass der Betreiber von chefkoch.de nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die veröffentlichten Rezepte und Abbildungen übernommen habe. Diese kontrolliere er zudem inhaltlich, worauf die Nutzer auch hingewiesen würden. Nicht zuletzt kennzeichne die Beklagte die Rezepte mit ihrem Emblem, einer Kochmütze. Der Verfasser des Rezepts erscheine dagegen lediglich als Aliasname und ohne jede Hervorhebung unter der Zutatenliste. Schließlich verlange der Betreiber auch das Einverständnis seiner Nutzer, dass er alle zur Verfügung gestellten Rezepte und Bilder beliebig vervielfältigen und an Dritte weitergeben darf.

Der Bundesgerichtshof hat dem Kläger auch Schadensersatz zugesprochen. Die Beklagte habe nicht ausreichend geprüft, wem die Rechte an den auf ihrer Plattform erschienenen Fotos zustünden. Der Hinweis in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass auf ihre Plattform keine urheberrechtsverletzenden Inhalte geladen werden dürften, reiche nicht aus.

Aufgrund der besonderen Gegebenheiten bei chefkoch.de, nämlich der Vorabkontrolle und das Zueigenmachen der fremden Inhalte, dürfte dieser Fall nicht ohne Weiteres auf Webforen übertragbar sein. So hatte etwa das Hanseatische Oberlandesgericht in einem Urteil gegen die Betreiber von Marions Kochbuch festgestellt, dass eine Fußballforen-Community nicht für dort eingestellte Bilder haftet.

Der Branchenverband Bitkom nahm das Urteil zum Anlass, erneut mehr Rechtssicherheit für Internetanbieter zu fordern. Die deutsche Rechtsprechung habe demnach zu einer Ausdehnung der Prüfungspflichten geführt, die für Webseiten-Anbieter nicht mehr hinnehmbar seien und teils europäischem Recht widersprächen. Deshalb solle die Bundesregierung im Telemediengesetz noch deutlicher machen, wie weit die Haftung der Web-Anbieter gehen darf.

(hob)