Klimafreundliche Energie aus der Tiefe

Mehrere Projekte in den USA wollen zeigen, dass geothermische Kraftwerke mit CO2 effektiver arbeiten – und so gleichzeitig das Treibhausgas entsorgen können.

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Von
  • Peter Fairley

Mehrere Projekte in den USA wollen zeigen, dass geothermische Kraftwerke mit CO2 effektiver arbeiten – und so gleichzeitig das Treibhausgas entsorgen können.

Wohin mit all dem überschüssigen CO2? Eine Option ist die Einlagerung in der Erde, Sequestrierung genannt. Dort wäre es allerdings nicht weiter von Nutzen. Ein neues Konzept soll das nun ändern: Wissenschaftler wollen das Treibhausgas als Wärmetransporter Kilometer tief in die Erde pumpen, um effektiver geothermische Energie zu gewinnen.

Ob dies funktioniert, ist zwar noch nicht gezeigt worden. Das US-Energieministerium DOE hält das Konzept aber für interessant genug, um 16 Millionen Dollar aus dem Geothermie-Forschungstopf dafür bereitzustellen. In neun Projekten unter Leitung des Lawrence Berkeley National Laboratory soll nun die Machbarkeit erkundet werden.

Die Idee: Lässt man CO2 in heiße Schichten ein, die mehrere Kilometer unter der Erdoberfläche liegen, kann es anschließend Wärmeenergie nach oben transportieren, mit der man dann Strom gewinnen kann. Die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass ein erheblicher Teil des CO2 in der Tiefe verbleiben werde, sagt Miroslav Petro von der kalifornischen Chemiefirma Symyx, die an den Projekten beteiligt ist: „Sie können so CO2 sequestrieren und gleichzeitig zur Stromerzeugung nutzen.“

Erdwärme wird unter anderem dadurch gewonnen, dass Wasser in den Untergrund gepumpt wird und dort heißes Gestein bersten lässt. Dabei nimmt es die Wärme auf und wird über eine zweite Bohrung wieder nach oben geleitet, wo es Generatoren antreibt. Allerdings ist es schwieriger als erwartet, auf diese Weise einen kontinuierlichen Wärmefluss sicherzustellen, weil das Gestein oft nicht leicht genug birst. Das musste man beim EU-geförderten Soultz-sous-Fôrets-Projekt im Elsaß lernen: Nach 20 Jahren bringt die Anlage eine Leistung von nur 1,5 Megawatt (genug für 1500 Haushalte). Und Soultz-sous-Fôrets gilt als das am weitesten fortgeschrittene Geothermie-Projekt dieser Art.

Die Lösung soll ein Vorschlag des US-Physikers Donald Brown aus dem Jahr 2000 sein: Statt Wasser soll überkritisches CO2 den Wärmetransport übernehmen. Halb Gas, halb Flüssigkeit, ist diese unter hohem Druck stehende Form des CO2 weniger viskos als Wasser und fließt leichter durch das Gestein. Der Kreislauf des CO2 könnte durch hydrostatische Druckunterschiede erleichtert werden und die üblichen Energieverluste durch Pumpen verringern. Drittes Argument von Brown: Anstatt wertvolles Trinkwasser zu verschwenden, ließe sich eine CO2-Menge aus der Atmosphäre entfernen, die dem Ausstoß eines 500-Megawatt-Kohlekraftwerks über 70 Jahre entspricht.

Sechs Jahre später erstellte der Lawrence-Berkeley-Geologe Karsten Pruess ein erstes detailliertes Modell des Verfahrens. Nach Pruess’ Berechnungen könnte eine Anlage wie Soultz-sous-Fôrets 50 Prozent mehr Erdwärme herausholen, wenn sie mit CO2 betrieben würde. Die DOE-Projekte sollen nun zeigen, ob Brown und Pruess Recht hatten.

Die große Unbekannte ist freilich, wie das überkritische CO2 mit den Mineralien im Gestein reagiert. Zwar gehen die Forscher davon aus, dass es keine Mineralien herauslösen kann – ein großes Problem des derzeit verwendeten Wassers. Vermischt sich das überkritische CO2 jedoch mit ein wenig Wasser irgendwo auf dem Weg in die Tiefe, entstehe ein äußerst reaktionsfreudiges „saures Soda-Wasser“, räumt Miroslav Petro von Symyx ein.

Die erste Versuchsanlage wird im kommenden Jahr an der Grenze der US-Bundesstaaten Arizona und New Mexico von der Geothermie-Firma GreenFire Energy aus Salt Lake City errichtet werden. Sie soll eine Leistung von zwei Megawatt haben. Dabei will GreenFire Energy gemeinsam mit den Ölprospektoren von Enhanced Oil Resources ein natürliches CO2-Vorkommen im Untergrund nutzen. Die Ingenieure schätzen das energetische Potenzial des Standorts auf 800 Megawatt. Auf diese Weise könnte das Kohlendioxid von sechs umliegenden Kohlekraftwerken absorbiert werden. (nbo)