Testlauf für Wellenkraftwerk

Vor der Küste Schottlands soll heute das erste Flachwasser-Wellenkraftwerk offiziell in Betrieb genommen werden.

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Vor der Küste Schottlands soll heute das erste Flachwasser-Wellenkraftwerk offiziell in Betrieb genommen werden. Das „Oyster“ genannte Gerät besteht aus zwei Teilen: dem eigentlichen Generator, der am Ufer steht, und einem in etwa 15 Meter Wassertiefe montierten „Offshore“-Modul. An der auf dem Meeresboden befestigten Plattform dieses Moduls ist über ein Scharnier eine Klappe befestigt, die von Schwimmkörpern aufrecht gehalten wird. Die Wellen bewegen diese Klappe und pumpen mit Hife einer Hydraulik Wasser zur Ufer-Einheit, das einen Generator antreibt.



Die Idee, sagt Ronan Doherty, Technikchef des Entwicklungs-Unternehmens Aquamarine Power, sei „so wenig wie möglich bewegliche Teile im Wasser“ zu haben. „Denn vor allem die begrenzten Wartungs- und Reparaturmöglichkeiten bei schlechtem Wetter sind für derartige Anlagen ein großes Problem“,sagt Doherty. Deshalb haben die Aquamarine-Ingenieure die Druckwasser-Leitungen von Land aus vertikal in Richtung Meer getrieben, bis sie an der Ankerstelle - an der schottischen Küste ist das in der Regel rund 500 Meter vom Ufer entfernt - wieder aus dem Meeresboden austreten. Das sei „in der Öl- und Gasindustrie ein Standard-Verfahren“.

Tatsächlich scheint die mechanische und elektrische Komplexität Wellenkraftwerke bislang auszubremsen. So wurde beispielweise auf der Azoreninsel Pico 1999 eine Pilotanlage in Betrieb genommen, die nach dem Prinzip der oszillierenden Wassersäule (oscillating water column, kurz OWC) arbeiten sollte: Wasser der ankommenden Wellen strömt durch einen unterhalb des Betonbaus liegenden Einlass in eine Druckkammer. An deren Auslass befindet sich eine Turbine, angetrieben von Luft, die durch das eindringende Wasser nach oben verdrängt wird. Bei Wellentälern sinkt der Wasserspiegel in der Kammer, Luft wird angesaugt und treibt so ebenfalls die Turbine an; deren spezielle Konstruktion sorgt dafür, dass die Drehrichtung in beiden Fällen gleich bleibt. Doch schon ersten kurzen Tests folgten lange Ausfälle aufgrund von Überschwemmungen und Fehlfunktionen einzelner Komponenten.

Zwar schätzen Experten die im Meer steckende Wellen-Energie auf bis zu 80000 Terawattstunden pro Jahr, was dem Fünffachen des aktuellen weltweiten Stromverbrauchs entspräche. Praktisch nutzbar davon sind laut dem britischen Carbon Trust bis zu 4000 Terawattstunden pro Jahr, andere Studien kommen sogar auf das Doppelte. Doch die bislang installierten Prototypen haben sich als nicht sehr zuverlässig erwiesen: Während Windkraft mittlerweile einen ansehnlichen Beitrag leistet, meldet die IEA für alle Meeresenergie-Arten im Jahr 2005 eine Stromerzeugung von nur 565 Gigawattstunden – der Löwenanteil davon geht auf ein Gezeitenkraftwerk in Frankreich zurück.

Die Auster soll nun zuverlässig rund 300 Kilowatt Leistung in das britische Stromnetz einspeisen. Denn im flachen Wasser sei man sehr viel sicherer vor Störungen, sagt Doherty. Zwar sei damit auch die insgesamt verfügbare Wellenenergie sehr viel kleiner, aber man erkaufe sich dadurch eine sehr viel größere Verfügbarkeit. Zur Zeit arbeiten die Entwickler bereits am Nachfolgemodell Oyster 2, das mit Hilfe von drei Unterwasser-Einheiten eine Leistung von zwei Megawatt bringen soll. Zu den Kosten will sich Doherty nicht äußern. Bis 2020 sollen die Gestehungskosten jedoch mit denen von Offshore-Wind gleich ziehen, versichert er. Bedenken, dass die sehr nah an der Küste positionierten Unterwasser-Einheiten auf regulatorische Schwierigkeiten stoßen könnten, hat Doherty nicht. „Wir haben hier sehr viel Küstenlinie in Schottland“, versichert er fröhlich. „Ich bin sicher, die Leute haben nichts dagegen, wenn wir ein kleines Stück davon für eine saubere Energie-Erzeugung nutzen“. (wst)