Bakterielles Know-how für Brennstoffzellen

Französische Wissenschaftler haben einen von der Biologie inspirierten Katalysator entwickelt, der dieselbe Reaktivität hat wie Platinkatalysatoren, aber deutlich weniger kosten wird.

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Von
  • Duncan Graham-Rowe

Französische Wissenschaftler haben einen von der Biologie inspirierten Katalysator entwickelt, der dieselbe Reaktivität hat wie Platinkatalysatoren, aber deutlich weniger kosten wird.

Über Brennstoffzellen als die Energietechnik der Zukunft, auch für die Mobilität, sind schon viele Nachrufe geschrieben worden. Das ficht glücklicherweise Ingenieure und Wissenschaftler nicht an, die Technologie weiter zu verbessern. Vincent Artero und Alan Le Goff vom französischen Commissariat à l’Energie Atomique bei Paris haben einen von der Biologie inspirierten Katalysator entwickelt, der dieselbe Reaktivität hat wie das verbreitete Platin, aber deutlich weniger kostet.

Dass Platin bislang erste Wahl war, liegt daran, dass es Wasser sehr effektiv in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet – zwei Gase, mit denen sich Brennstoffzellen betreiben lassen. „Das Problem beim Platin ist, dass es zu teuer und nicht genug davon auf der Erde vorhanden ist, um eine weltweite Wasserstoffwirtschaft nachhaltig zu betreiben“, sagt Vincent Artero.

Elektroden mit dem neuen Katalysatormaterial seien rund 20 Prozent billiger als Platin-Elektroden, schätzt Artero. Da auf Platin derzeit ein Drittel der Kosten von Brennstoffzellen entfalle, könnte das neue Material der Technologie einen ordentlichen Schub geben, hofft er.

Der Katalysator basiert auf dem Enzym Hydrogenase, das Bakterien und Algen in sauerstofffreien Umgebungen nutzen, um Wasserstoff zu produzieren. „Bakterien nutzen genau denselben Prozess wie Brennstoffzellen, um zu überleben“, fügt Artero an.

Bereits seit einigen Jahren arbeiten Forscher daran, die molekulare Struktur solcher natürlichen Katalysatoren nachzubilden. Die enthalten als chemisch aktive Bestandteile Nickel oder Eisen. Bislang jedoch hat man synthetische Hydrogenasen nur in wässriger Lösung herstellen können. Für den Einsatz in Brennstoffzellen müsste man sie aber mit einer Elektrode verbinden.

Artero und Le Goff haben nun einen Weg gefunden, die synthetischen Enzyme an Kohlenstoffnanoröhren zu binden. „Nanotubes haben zwei Vorteile: Sie sind sehr gute elektrische Leiter und sie haben ein sehr große spezifische Oberfläche“, erläutert Artero. Deshalb könne man eine beträchtliche Menge der Katalysatormoleküle auf die Röhren aufbringen. Wie die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von Science schreiben, ist der neue Katalysator stabil genug, um die gewünschte chemische Reaktion immer wieder anzustoßen.

„Die Arbeit ist ein echter Fortschritt für molekulare Elektrokatalysatoren, die Wasserstoff produzieren helfen“, urteilt Daniel DuBois. Der Chemiker von den Pacific Northern National Laboratories im US-Bundesstaat Washington hat selbst synthetische Hydrogenasen produziert. Nicht nur zeige sich, dass molekulare Katalysatoren effektiv unter Bedingungen arbeiten könnten, die für Brennstoffzellen charakteristisch sind. Mit ihrem Ansatz würden die Franzosen von der Biologie inspirierte Katalysatoren auch endlich aus der Konzeptphase näher an die Praxis heranführen.

Das sieht auch Nate Lewis, Chemiker am California Institute of Technology so. Lewis arbeitet seit einigen Jahren an Photokatalysatoren, die unter UV-Licht Wasser spalten sollen. „Der neue Katalysator ist auch ein wichtiger Schritt hin zur Katalyse mittels Sonnenlicht“, sagt Lewis. Die Moleküle mit einer Elektrode zu verbinden sei aber nur ein Teil des Problems. Und John Turner vom National Renewable Energy Laboratory im US-Bundesstaat Colorado fügt hinzu, dass die eigentlich Schwierigkeit in der Katalyse von Sauerstoff bestehe.

Nickel-basierte Katalysatoren werden bereits in Großanlagen für die kommerzielle Elektrolyse eingesetzt. Weil sie nicht so effizient wie Platin sind, benötigen sie enorme Flächen von mindestens zehn Quadratmetern. Der Katalysator von Artero und Le Goff produziere bislang noch einen Strom, der um Größenordnungen schwächer sei als der von Platinkatalysatoren, gibt Turner zu bedenken.

Vincent Artero ist aber zuversichtlich, dieses Problem zu lösen. Bisher habe man die Nanoröhren nur mit relativ wenigen Molekülen beladen. „Das können wir ändern“, sagt Artero. Dann steige auch die Stromausbeute des neuen Materials. (nbo)