Virtuelle Arbeitsagentur erntet heftige Kritik

Auch am Tag nach der Eröffnung der virtuellen Arbeitsagentur der Bundesanstalt für Arbeit läuft das System noch nicht ganz rund.

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Von
  • Angela Meyer

Auch am Tag nach der Eröffnung der virtuellen Arbeitsagentur der Bundesanstalt für Arbeit läuft das System noch nicht ganz rund. "Durch den Rummel, den die Pressemeldungen ausgelöst haben, hatten wir am ersten Tag mit knapp einer Million erheblich mehr Zugriffe, als das System verkraftet", erklärte Projektleiter Jürgen Koch auf Anfrage. Ausgelegt sei es für etwa 500.000 Zugriffe, rund doppelt so viele wie bei den bisherigen Angeboten. Spätestens Ende der Woche werde sich das sicherlich eingespielt haben, meint Koch. "Um vom ersten Tag an jedem problemlosen Zugang zu bieten, hätten wir noch zwei Millionen Euro zusätzlich für Hardware ausgeben müssen, die wir nach ein paar Tagen nicht mehr gebraucht hätten."

Der schwierige Start hat der Bundesanstalt für Arbeit erneut herbe Kritik eingebracht, nachdem bereits das Projekt an sich (PDF) mit dem Vorwurf bedacht worden war, dass die Behörde den kommerziellen Jobbörsen subventioniert Konkurrenz mache. Nutzer des bisherigen Angebots hofften dagegen schon lange, dass der Ersatz für das alte recht umständliche System mehr den sonst üblichen Standards entspricht. Man könne es eben grundsätzlich nicht immer allen recht machen, meint Projektleiter Jürgen Koch dazu. "Ein solches Projekt ist immer ein Balanceakt zwischen verschiedenen Ansprüchen."

Derzeit dürfte keine Seite mit dem Ergebnis wirklich glücklich sein. Aber Koch ist froh, dass das barrierefrei konzipierte System sieben Monate nach Projektstart jetzt zumindest in den Grundfunktionen steht. "Wir mussten das System nicht nur entwickeln, sondern auch 350.000 Stellenangebote, 200.000 Ausbildungsplatzangebote und 2,2 Millionen Bewerberprofile vom alten System in das jetzige migrieren." Addons wie ein Jobagent oder vorgefertigte Online-Bewerbungsschreiben seien sicherlich hilfreich und deshalb auch für eine spätere Ausbaustufe vorgesehen, aber für einen Start des Systems nicht zwingend notwendig. Die virtuelle Arbeitsagentur bringe bereits in der jetzt gestarteten ersten Stufe Verbesserungen gegenüber den alten Angeboten. Als eine wesentliche Neuerung könnten jetzt auch Unternehmen ihre Profile hinterlegen.

Für das gesamte Projekt mit einer Laufzeit von fünf Jahren hat die Bundesanstalt für Arbeit 77 Millionen Euro eingeplant. 2008 läuft der mit Accenture geschlossene Vertrag über das komplett extern vergebene Projekt aus vergaberechtlichen Gründen aus und muss dann neu ausgeschrieben werden. 15 Millionen Euro hat die erste Stufe, der bisherige Stand des neuen Webauftritts, gekostet. Weitere 48 Millionen sollen in eine zweite Stufe fließen: Bis Mai 2004 soll das 30 Jahre alte Vermittlungssystem durch das neue Interne Vermittlungs-, Beratungs- und Informationssystem (VerBIS) abgelöst werden. Im Preis inbegriffen ist neben der neuen Software auch die Schulung der 35.000 Mitarbeiter in den bundesweit 180 Arbeitsämtern und die Migration von 2,1 Milliarden Datensätzen.

Wenn nach der virtuellen Agentur auch das neue Vermittlungssystem grundsätzlich läuft, stehen noch weitere 14 Millionen Euro für die bis Ende 2004 geplante Optimierung und Ergänzung sowie den Betrieb beider Systeme zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt soll die virtuelle Arbeitsagentur einen mit den kommerziellen Jobbörsen vergleichbaren Service bieten. (anm)