Abgasnorm Euro 7: Einer bremst, eine drängt

Um den finalen Beschluss der Abgasnorm Euro 7 wird weiter gerungen. Das Bundesumweltministerium will das zügig beenden.

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BMW Auspuff

Die Abgasnorm Euro 7 wird Neuwagen mit Verbrenner teurer machen - um wie viel, ist umstritten.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Franz
  • mit Material der dpa
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Das Ringen um die Verabschiedung der Gesetzgebung einer neuen Abgasnorm hat eine gewisse Tradition. Stets wurde auf der einen Seite angekündigt, dass Neuwagen damit unbezahlbar werden würden, auf der anderen suggeriert, mit der neuen Norm werde sich die Luftqualität gerade in Städten signifikant verbessern. In der aktuellen Debatte um die anstehende Abgasnorm Euro 7 versuchen zwei Ministerien der Bundesregierung, die Sache in ihrem Sinne zu drehen. Das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium steigt hier auf die Bremse, das Bundesumweltministerium unter Leitung der Grünen drängt auf einen raschen Beschluss.

Letzteres dringt darauf, dass die Euro 7 innerhalb eines Jahres auf den Weg gebracht wird. Das Ministerium setze sich für eine Verabschiedung der neuen Abgasnorm noch in dieser Wahlperiode des Europaparlaments ein, sagte eine Sprecherin der dpa. Kritik von anderen EU-Staaten an dem Vorhaben wolle sich das Ministerium nicht anschließen, hieß es. Damit stellt sich das von der Grünen-Politikerin Steffi Lemke geführte Umweltministerium offen gegen den Koalitionspartner FDP. Verkehrsminister Volker Wissing sagte bei einem Treffen der EU-Verkehrsminister, er sehe sich anderen kritischen EU-Staaten eng verbunden. Der FDP-Politiker betonte: "Ich halte das für einen Fehler, jetzt eine Euro-7-Regulierung vorzulegen und damit erhebliche Kosten für die Automobilindustrie und auch die im Nutzfahrzeugbereich zu verursachen."

Die EU-Kommission hatte im November 2022 Vorschläge für eine Überarbeitung der Schadstoffgrenzwerte wie Stickoxide gemacht. Neu ist für die geplante Norm Euro 7 auch, dass künftig Schadstoffe wie Feinstaub durch Reifenabrieb und Bremsen reguliert werden sollen. Das heißt, auch Elektroautos und Fahrzeuge, die eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle nutzen, wären von den Regeln betroffen. EU-Staaten und Europaparlament müssen noch über das Vorhaben verhandeln und sich auf eine gemeinsame Linie verständigen. Es ist derzeit vorgesehen, dass die Regeln 2025 beziehungsweise für Lkw und Busse 2027 in Kraft treten sollen.

Federführend bei dem Vorhaben ist das Umweltministerium. Wenn sich die Bundesregierung aber nicht auf eine gemeinsame Linie einigen kann, müsste sich Deutschland bei einer möglichen Abstimmung im Kreis der EU-Staaten voraussichtlich enthalten. Da bereits andere EU-Länder Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt haben, ist eine Mehrheit derzeit nicht in Sicht. In einem gemeinsamen Positionspapier hatten Italien, Frankreich und sechs östliche EU-Staaten ihre Kritik an Euro 7 offen geäußert. Darin heißt es unter anderem, alle neuen Abgasvorschriften einschließlich neuer Emissionsgrenzwerte für Autos und Kleintransporter sollten gestrichen werden. Zudem müssten die Fristen, ab wann die neuen Vorgaben umgesetzt werden müssten, verlängert werden.

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Zumindest in diesem Punkt sind sich Kritiker und das deutsche Umweltministerium einig: Lemke hatte bereits im Februar gesagt, dass sie insbesondere die von der EU-Kommission vorgesehenen, Einführungsfristen kritisch sehe. Die Autoindustrie warnt vor deutlichen Preissteigerungen bei Fahrzeugen, sollten die Regeln Realität werden. Grundsätzlich betont das Umweltministerium aber: "Wir brauchen Euro 7 als wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität und als Beitrag zur Erfüllung aktueller und künftiger Luftqualitätsgrenzwerte." Genau das allerdings ist keineswegs unumstritten.

Emissionstreiber, die die Luftqualität in Städten vor allem beeinflussen, sind derzeit Fahrzeuge, die weit vor der Abgasnorm Euro 6 zugelassen wurden. Eine weitere Verschärfung der Grenzwerte betrifft nur erstmals zugelassene Autos. Zusätzlich darf damit gerechnet werden, dass der Anteil von Neuwagen mit Verbrennungsmotor sich weiter rückläufig entwickeln wird. Nehmen Hersteller Kleinwagen aus dem Sortiment, weil sie befürchten, die Mehrkosten der Abgasnachbehandlung nicht auf den Preis umlegen zu können, werden diese unter Umständen durch größere Autos ersetzt. Zudem gilt das Verbrennen von Holz zum Heizen als mittlerweile größte Feinstaubquelle neben dem Straßenverkehr.

(mfz)