Alles da

Wonach schmeckt Licht? Die Antwort auf diese Frage könnte bald interessant werden.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Glaser

Eines meiner Lieblingsblogs heißt Medgadgets, ein Fachblog über Medizintechnik. Fachblogs eröffnen einem heute den Blick in bemerkenswerte Spezialwelten, der dem interessierten humanistisch Halbgebildeten bis vor kurzem nur in teuren bis schwer zugänglichen Publikationen zur Verfügung stand (oder auch nicht).

Medizintechnik ist eine ernste Sache, es geht um Gesundheit, um Menschenleben und um viel Geld, welches die vorgestellten Entwicklungen verschlingen oder auf dem Markt erzielen können. Man erfährt interessante Dinge etwa über biofunktionalisierte oder magnetische Nanopartikel, "Avatar"-ähnliche 3D-Erfahrungen im Operationssaal vermittels neuer Visualisierungstechniken oder über das Rohrpostsystem in der Universitätsklinik in Stanford. Auch die bemerkenswerte Nachricht, dass ein kanadischer EEG-Hersteller anlässlich der nahenden Olympischen Winterspiele in Vancouver eingeladen wurde, die Beleuchtung an drei Sehenswürdigkeiten der Stadt per Gedankenkraft steuern zu lassen, lässt sich dem Blog entnehmen.

Im Grunde geht es um die immer vielfältigeren und verschiedenartigeren Punkte, an denen sich Mensch und Maschine berühren. Gerade wird von einem Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Donghua University in Shanghai und dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam berichtet, das meine Phantasie ruhelos macht: implantierbare Solarzellen, durch welche die Batterien medizinischer Geräte im Körper mit Strom versorgt werden sollen. Licht bekommen diese Solarzellen durch einen speziellen Laserstrahl, der durch die Haut (= Grenzfläche) geschickt wird.

Vielleicht wird es bald Menschen geben, die Nahrungsmitteln, so köstlich sie auch sein mögen, wegen der damit verbundenen Umstände nichts mehr abgewinnen und die sich per Photosynthese mit Energie versorgen. Möglicherweise gibt es ja auch verschiedene Lichtgeschmäcker oder dass ein Lichtstrahl, der zwei Milliaren Jahre durch die Tiefen des Universums unterwegs war, etwas von den vollen, reifen Aromen eines gut abgehangenen Bordeaux-Jahrgangs hat.

Das Ganze erinnert mich an eine der Geschichten aus den wunderbaren "Sterntagebüchern" von Stanislaw Lem, in denen ein zeitreisender Wissenschafter aus einem zukünftigen Institut auf seinem Zeitfahrrad in der Gegenwart auftaucht, um ein paar Dinge zu korrigieren, die in der Zukunft schief gelaufen zu sein scheinen. Wie sich herausstellt, hatte man in dem Institut den idealistischen Plan gefasst, durch entsprechende kleine Korrekturen in der Vergangenheit verschiedene Mängel der Evolution zu beseitigen.
So war beispielsweise beabsichtigt, den Menschen endlich in ein Chlorophyll verarbeitendes, photosynthetisch tätiges Wesen zu verwandeln. (Was sich allerdings ebenfalls herausstellt, sind die Folgen verschiedener Intrigen in dem Institut. Sie führen beispielsweise dazu, dass der Wissenschaftler, der dafür sorgen soll, dass die Dinosaurier überleben, sich leider mit einem Kollegen überworfen hat, der sich in der Mittagspause mit dem Zeitfahrrad ins frühe Tertiär davonstiehlt und alle Saurier ausrottet.)

Was hätte Lem zu all diesen Dingen gesagt? Vielleicht, dass Science Fiction heute quasi gar nicht mehr möglich ist, jedenfalls technische Science Fiction. Es gibt einfach schon alles. (bsc)