Urteil: Kinderpornos anklicken ist strafbar

Auch das kurzfristige Herunterladen von Kinderporno-Bildern in den Arbeitsspeicher ohne ein manuelles Abspeichern bringe Nutzer in den strafbaren Besitz der Dateien, stellte das Oberlandesgericht Hamburg fest.

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Von
  • Holger Bleich

Bereits das Betrachten von Kinderpornos im Internet ist strafbar. Dies ergibt sich aus der bestehenden Rechtslage und wurde nun erstmalig von einem Oberlandesgericht bestätigt. Auch das kurzfristige Herunterladen in den Arbeitsspeicher, ohne ein manuelles Abspeichern, bringe Nutzer in den Besitz der Dateien, hieß es in der Begründung des OLG Hamburg vom heutigen Montag. "Die Entscheidung gilt als Grundsatzurteil und ist das bundesweit erste Revisionsurteil zu dieser umstrittenen Rechtsfrage nach dem Besitzbegriff", sagte ein Gerichtssprecher.

Hintergrund ist ein Urteil des Amtsgericht Hamburg-Harburg vom Februar 2009. Damals wurde der Angeklagte von dem Vorwurf freigesprochen, sich in 16 Fällen Besitz von Kinderporno-Dateien verschafft zu haben. Auf den Bildern waren vier bis elf Jahre alte Kinder sowie Erwachsene bei den verschiedensten sexuellen Praktiken gezeigt worden. Das Gericht hatte damals festgestellt, dass der Angeklagte die Dateien gezielt aufgerufen und angesehen habe, ohne eine Speicherung zu bezwecken. Die Richter gingen davon aus, dass sich der Angeklagte nicht im strafbarer Weise den Besitz von Kinderpornos verschafft hat und sprachen den Mann frei.

Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin Sprungrevision eingelegt. Jetzt entschied das OLG, dass schon das bewusste und gewollte Abrufen und Betrachten der Kinderporno-Dateien strafbar ist. Der Nutzer habe bereits beim Aufrufen die volle Verfügungsgewalt über die Daten, sagte der Vorsitzende Richter, Gerd Harder. So könne er entscheiden, wie lange er die Bilder anschaut und beispielsweise Ausschnitte vergrößern und heranzoomen.

Harder sprach von einer rechtspraktischen Frage mit großer alltäglicher Bedeutung. Der bisherige Gesetzesparagraf zu Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften (Paragraf 184b Abs 4 StGB) bedürfe einer erweiterten Auslegung. Der für körperliche Gegenstände wie etwa Videokassetten und Zeitschriften dabei entwickelte Besitzbegriff müsse dem Willen des Gesetzgebers auch bei unkörperlichen Gegenständen wie Bilddateien genügen. Die Politik habe die Lücke zwar erkannt, aber die Diskussion einschlafen lassen, sagte der Vorsitzende Richter. Mit dem Urteil des Hamburger OLG wurde das Verfahren an das Amtsgericht Harburg zurückverwiesen. Es soll neu aufgerollt werden. (dpa) / (hob)