EU-Parlamentarier rügen Heimlichtuerei bei ACTA

Mitglieder des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments sind unzufrieden mit der Informationspolitik der Kommission über die Verhandlungen zu dem umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommen.

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Von
  • Monika Ermert

Mitglieder des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments (INTA) zeigten sich am Dienstag in Brüssel einmal mehr unzufrieden mit der Informationspolitik der Europäischen Kommission über die Verhandlungen zum umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. Der grüne Abgeordnete Carl Schlyter forderte den neuen Handelskommissar Karel de Gucht auf, bei nächster Gelegenheit dem Ausschuss selbst Rede und Antwort zu stehen. Die Darstellungen der Unterhändler und des Kommissars seien widersprüchlich. De Gucht hatte in seiner Anhörung vor Amtsantritt zugesagt, dass er das Parlament detailliert über den Verhandlungsfortschritt informieren wolle.

Die Unzufriedenheit über die mangelnde Informationspolitik geht quer durch die Fraktionen des Parlaments. Die britische Liberale Catherine Bearder mahnte, man dürfe die Lehren aus der geplatzten Vereinbarung zwischen der EU und den USA zum Bankdatentransfer nicht so schnell wieder vergessen. Wegen unzureichender Informationen hatte das Parlament das so genannte SWIFT-Abkommen nach der Unterzeichnung durch den Rat und die USA abgelehnt. "Nach unseren Informationen soll bereits am 12. März eine Stellungnahme zum jetzt vorliegenden ACTA-Entwurf abgegeben werden", warnte Bearder, "wann werden wir den Entwurf sehen?"

Für die ACTA-Unterhändler der Kommission wiederholte Luc Devignes von der Generaldirektion Außenhandel gebetsmühlenhaft die Formel, dass man nicht über bestehendes EU-Recht, den so genannten "EU Acquis", hinausgehen werde. Konkrete Fragen von Schlyter,inwiefern ACTA strafrechtliche Sanktionen für Urheberrechtsverletzungen enthielte, schmetterte Devignes mit dem gleichen Hinweis ab. "Wenn Sie den EU-Acquis kennen, kennen Sie die Antwort auf Ihre Frage", beschied der Kommissionsbeamte.

Auch die Beteuerungen Devignes, die EU-Unterhändler befürworteten keine Internetsperren nach dem in Mode gekommenen "Three-Strikes"-Verfahren und die Verfolgung von Privatpersonen sei mit ACTA nicht beabsichtigt, quittierten die INTA-Ausschussmitglieder mit Skepsis. "Wir alle kennen unerwünschte Nebenwirkungen von Gesetzen", sagte der konservative britische Abgeordnete Syed Kamall (European Conservatives and Reformists). In einem am Wochenende vom kanadischen IP-Experten Michael Geist veröffentlichten Entwurf des Internetkapitels sind "Three-Strikes-Sperren" gegen Urheberrechtssünder als Möglichkeit aufgeführt.

Angesichts der sparsamen Informationen des Kommissionsbeamten stand am Ende die Transparenzfrage wieder einmal im Mittelpunkt der Debatte. Nachfragen, inwieweit die Kommission selbst innerhalb der ACTA-Verhandlungsgruppe den Antrag gestellt habe, für mehr Transparenz der Verhandlungen zu sorgen, beantwortete Devignes ausweichend. Man sei bezüglich einer größeren Transparenz im Gespräch mit den Mitgliedsstaaten. Letztere genießen zum Argwohn einiger Parlamentarier wieder einmal Sonderrechte, was die Information über das geheim verhandelte Abkommen anbelangt: Vertreter von sieben Mitgliedsstaaten nähmen an den ACTA-Verhandlungsrunden teil, wunderte sich Daniel Caspary von der EVP-Fraktion. Devignes gab an, dass die Vertreter der Mitgliedsstaaten nur als Beobachter dabei seien. (vbr)