Kennzeichnung von Internetinhalten als Teil des "technischen Jugendschutzes"

Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik haben sich diese Woche getroffen, um über technische Möglichkeiten der Kennzeichnung von Internetinhalten und über weitere Module für den Jugendschutz zu sprechen. Mit Zwangsfiltern oder gar Websperren will man aber nicht in einen Topf geworfen werden.

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Von
  • Monika Ermert

Auf Einladung des Bundesbeauftragen für Kultur und Medien BKM haben sich diese Woche Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik getroffen, um über technische Möglichkeiten der Kennzeichnung von Internetinhalten und weitere Module für den Jugendschutz zu sprechen. Der runde Tisch war vor einem Jahr auf Initiative des BKM zusammengekommen.

Eine offizielle Stellungnahme des BKM zum Zwischenstand gibt es vorerst nicht. In der Sitzung am Dienstag hat unter anderem die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM) das von ihr entwickelte Tool vorgestellt, mit dem Anbieter ihre Inhalte in einem Online-Fragebogen bewerten können sollen. Er soll Anbietern helfen, ihr Angebot zu beschreiben, anschließend einen "Tag", eine Kurzbezeichnung auswerfen und eventuell auch ein Alterslabel. Die Tags sollen für künftige Jugendschutzprogramme auslesbar sein. Wie die Tags gestaltet werden sollen, ist laut Sabine Frank, Geschäftsführerin der FSM, Gegenstand einer auf offene Standards zielenden Entwicklung. Eine "einheitliche Kennzeichnung" von Inhalten ist Gegenstand des Paragrafen 12 des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV), der gerade novelliert wird.

Laut Stephan Dreyer, Jugendmedienschutzexperte beim Hans-Bredow-Institut, könnte ein Selbstklassifizierungssystem vielleicht schon mit dem neuen JMStV Anfang nächsten Jahres starten. Anbieter, die den Assistenten nutzen, müssten sich nicht mehr selbst den Kopf darüber zerbrechen, ob ihr Inhalt nur entwicklungsbeeinträchtigend, leicht oder schon schwer jugendgefährdend ist, sagte Dreyer.

Ob der Verfassungsauftrag rechtfertigt, dass die auf Selbstklassifizierung aufbauenden Jugendschutzprogramme mit öffentlichen Mitteln weiter entwickelt werden sollen, ist offen. Auf Länder- und auch auf Bundesebene wird damit sympathisiert, die Entwicklung mit finanziellen Spritzen voranzutreiben. Immerhin sind funktionierende Jugendschutzprogramme ein uneingelöstes Versprechen des ersten JMStV. Das beim runden Tisch diskutierte System ähnelt konzeptionell dabei dem wenig erfolgreichen ICRA-Webfilter-Konzept, nach Ansicht der Befürworter soll es aber besser sein.

Am Kategoriensystem für die Bewertung wurde nach Aussage eines Teilnehmers der Gesprächsrunde parallel zum FSM-Tool ebenfalls schon gebastelt. Weitere Teile für einen Baukasten des künftigen technischen Jugendschutzes sind nach Information von heise online Blacklists, semantische Bilderkennungsverfahren und auch Verfahren zur Beurteilung von Videoinhalten. Blacklists könnten im Rahmen von Jugendschutzprogrammen als Baustein zur Filterung ausländischer Angebote herangezogen werden, die nicht selbst klassifizieren, hoffen die Befürworter.

Bei all dem wird die Freiwilligkeit von Kennzeichnung und Einschalten des Jugendschutzfilters beim Nutzer von allen Beteiligten unterstrichen. Mit Zwangsfiltern oder gar Websperren will man nicht in einen Topf geworfen werden. Dreyer schätzt aber, dass zukünftige Forderungen nach verpflichtender Kennzeichnung nicht auszuschließen sind. Verfassungsrechtlich sei dies aber aus seiner Sicht ausgeschlossen.

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(anw)