Desktop-Virtualisierung: Chancenreicher Markt für qualifizierte Systemhäuser

Desktop-Virtualisierung muss nicht immer nur VMware und Citrix heißen. Der aktuelle Trend: Lösungen mehrerer Hersteller werden im Bundle verkauft. Für die Fachhändler heißt dies: Um ihre Kunden passgenau zu beraten und stimmige Konzepte vorlegen zu können, müssen sie Know-how für die verschiedenen Lösungen vorhalten.

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Von
  • Matthias Parbel
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Kaviza-Konzept VDI-in-a-Box

(Bild: Kaviza)

Desktop-Virtualisierung (VDI für Virtual Desktop Infrastructure) ist ein noch recht neuer Spielplatz, doch der Markt springt an. Dem Analysten Brian Madden zu Folge haben immerhin schon über 100 Anbieter Lösungen dafür im Angebot. Und die Marktforscher von Gartner bescheinigen den gehosteten virtuellen Desktops bis zum Jahr 2013 ein Umsatzpotenzial von 65 Milliarden US-Dollar. Systemhäuser sind also gut beraten, wenn sie sich bereits heute intensiv mit dem Thema Desktop-Virtualisierung auseinandersetzen.

Dabei ist es nicht mit dem Wissen um technische Details getan, sondern es ist ein konzeptioneller Ansatz gefragt, denn die Kunden benötigen eine stimmige Gesamtlösung. Es muss vorher ein klares Architekturkonzept ausgearbeitet werden, denn sonst besteht die Gefahr, dass die Komponenten nicht zusammenpassen und unerwartete Schwierigkeiten auftreten. Insbesondere sollte die bestehende Unternehmensstruktur genau geprüft und auf mögliches Verbesserungspotenzial hin untersucht werden.

Die Management Konsole von Quest vWorkspace bietet dem Administrator eine übersichtliche Oberfläche

(Bild: Quest)

Virtualisierte Desktops sind vor allem an Einsatzorten mit homogenen Rechnerlandschaften richtig am Platze – etwa in Helpdesks und Callcentern sparen sie eine Menge Geld und sorgen für mehr Übersicht und Flexibilität. "Vor allem Banken und Versicherungen nehmen derzeit VDI-Projekte in Angriff", berichtet Lutz Federkeil, System Consultant bei Quest Software. Doch die Nachfrage ist nicht auf eine Branche beschränkt. VDI bewährt sich auch gut, wenn beispielsweise externe Programmierer virtuell an die Unternehmensinfrastruktur angebunden werden sollen. "Generell denken sowohl kleine als auch große Unternehmen über diese Technik nach. Die beginnenden Migrationen auf Windows 7 werden diesen Trend noch verstärken", erklärt Federkeil. Vermehrtes Interesse sieht er auch in der Automobil- und Finanzbranche.

Sinnvollerweise lassen sich Desktop-Virtualisierungsprojekte auch mit Migrationsprojekten hin zu Windows 7 verbinden und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Doch in der Realität des Marktes ist diese Idee noch nicht angekommen. "Eine erste Tendenz zu Windows-7-Projekten in Kombination mit VDI ist zwar zu erkennen, aber für eine Massenbewegung ist es noch zu früh.", glaubt Stefan Hölzl, General Manager EMEA bei Parallels. Till Puetz, Geschäftsführer des Aschaffenburger Systemhauses und Citrix-Partners PUETZ Consulting GmbH sieht Desktop-Virtualisierung als optimale Ergänzung zu einer Strategie der Zentralisierung und des Server-based Computing (SBC).

"Keineswegs ist die Desktop-Virtualisierung auf jede Anforderung zwangsläufig die richtige Antwort", gibt Marcus Binder, Berater beim Systemhaus Centracon, zu bedenken. Die Dienstleister seien gehalten, sich die Architekturmodelle, die hier eingesetzt werden, genau anzuschauen. Denn Virtualisierungsprojekte sind eine sehr komplexe Angelegenheit, bei der nur zu schnell wichtige Parameter übersehen oder relevante Wirkungsverhältnisse unzureichend bewertet werden können. Architekturmodelle, die nicht passen oder nicht leistungsfähig genug sind, lassen sich anschließend nur mit hohem Aufwand wieder korrigieren. "Gerade weil sich die Virtualisierung gegenwärtig zu einem Trendthema entwickelt, besteht die Gefahr unzureichend abgesicherter und damit risikobehafteter Entscheidungen", weiß Binder aus seinen Erfahrungen in der Beratungspraxis.

Es gibt eine ganze Reihe von Herstellern, die innovative Konzepte anzubieten haben. Dazu zählen etwa der Anbieter Pano Logic, der auf das Konzept des Zero Clients setzt, oder Kaviza. Dessen "VDI in a Box" ist auf die Bedürfnisse kleinerer Unternehmen ausgerichtet. Die Software wird auf einem dedizierten Server aufgesetzt und verzichtet auf Shared Storage. Das reduziert die Komplexität und ermöglicht eine preisgünstige Lösung. "Während mit VMware View erst ab etwa 1000 Rechnern und einer Investition von einer Million Dollar echte Kostenvorteile zu erzielen sind, lässt sich unsere Lösung schon ab 25 PCs sinnvoll einsetzen", behauptet Kumar K. Goswami, CEO von Kaviza. "VDI in a Box" setzt auf dem VMware ESX Server auf, geplant ist aber auch die Unterstützung von Microsofts Hyper-V für Mitte dieses Jahres. Das Produkt gibt es im Bundle mit Thin Clients von Wyse und Servern von IBM oder Dell. In Deutschland übernimmt die Wiora Software GmbH den Vertrieb – auch ein Auftritt auf der CeBIT sei geplant. "Gleichzeitig mit der Freigabe von 'VDI in a Box 2.0' hat Kaviza sein Reseller-Programm gestartet, um Partner beim Verkauf und bei der Implementierung der ersten kostengünstigen Desktop-Virtualisierungslösung zu unterstützen. In Deutschland suchen wir die Zusammenarbeit mit Systemhäusern mit Virtualisierungs-Kompetenz", kündigt Kumar an.

Quest Software hat aktuell schon die Version 7.0 seiner Suite vWorkspace im Angebot. Wie die hohe Versionsnummer zeigt, hat vWorkspace schon eine lange Geschichte hinter sich und begann als Ergänzung für Citrix Xen App. Vor zwei Jahren wurde die Produktfamilie von Quest übernommen und kann mittlerweile auch in Deutschland einige Referenzprojekte vorweisen, darunter eines bei einer großen Bausparkasse, für die 1500 Arbeitsplätze virtualisiert wurden. Die besondere Stärke von vWorkspace liegt Federkeil zufolge in der Multi-Monitor-Fähigkeit. Zudem ist jetzt eine Klippe bei Multimedia-Dateien umschifft: "Bild und Ton bei Flash-Dateien laufen jetzt synchron", berichtet Federkeil. Die Linux-basierten Thin Clients des österreichischen Herstellers Liscon unterstützen ab dem nächsten Release auch vWorkspace. Dazu wird der entsprechende Client mit dem Protokoll "Quest Experience Optimized Protocol" standardmäßig in die Firmware aller Liscon-Geräte mit Linux-Betriebssystem und mehr als 128 MByte RAM integriert. "Gerade in größeren VDI-Umgebungen sorgt vWorkspace von Quest für besseren Überblick bei der zentralen IT-Bereitstellung", erklärt Emanuel Pirker, Geschäftsführer der Liscon Informationstechnologie GmbH.

Mit der aktuellen Version 7.0 unterstützt vWorkspace jetzt auch die Microsoft-Produkte Windows 7, Windows Server 2008 und 2008 R2, Windows Vista, System Center Virtual Machine Manager 2008 R2 sowie den Virtuozzo Container (x86 und x64) von Parallels. Mit Parallels pflegt Quest zudem eine enge Partnerschaft: Da Parallels keinen eigenen Connection Broker anbietet, kommt in der Regel ein Broker von Drittanbietern wie Quest zum Einsatz. Damit wird die Einbindung von Geräten wie lokalen USB-Devices oder einem Mikrofon ermöglicht, sowie die Videoübertragung unterstützt.

Parallels Virtuozzo Containers gibt es als Box-Produkt

(Bild: Parallels)

Parallels bündelt seine Virtualisierungssoftware Virtuozzo Containers mit mehreren Automatisierungs- und Verwaltungswerkzeugen zu einer VDI-Suite. Mit Virtuozzo verwendet Parallels eine andere Virtualisierungstechnologie als Citrix, VMware und Microsoft. Während dort die Hardware virtualisiert und auf dieser jeweils das Betriebssystem installiert wird, kommt bei Parallels eine einmal installierte Instanz des Host-Serverbetriebssystems zum Einsatz.

Diese von Parallels Container genannten virtuellen Maschinen benötigen deutlich weniger CPU-Ressourcen, Speicher- und Plattenplatz. Der Overhead liegt bei lediglich zwei Prozent, während bei den Hypervisor-Techniken Werte von zehn Prozent üblich sind. Ebenfalls positiv: Bei der Lizenzierung von Windows wird Parallels Virtuozzo Containers wie ein Terminalserver behandelt, nicht wie ein Client-OS. Das heißt, mit nur einer Datacenter-Lizenz hat man automatisch unbegrenzt viele virtuelle Desktops lizenziert. Eine sogenannte VECD-Lizenz, die bei Hypervisor-Lösungen erforderlich ist, wird nicht benötigt.

Außerdem enthalten ist eine integrierte Backup-Lösung für Datensicherung auf File-Ebene (für das schnelle Sichern eines VDI-Containers), eine Antivirus-Lösung muss nur einmal zentral auf dem Host installiert werden. Sie überwacht alle Container (virtuellen Desktops) auf dem Host, so dass nur eine einzige Serverlizenz notwendig ist.

Doch die Lösung hat auch Nachteile: Nur das Host-Betriebssystem lässt sich virtualisieren, ein Mix aus mehreren Plattformen (Linux und Windows) auf einem physischen Server ist nicht möglich. Als Workaround wird für jede Plattform ein eigener Server (oder Cluster) installiert.

Da Virtuozzo Windows- oder Linux-Serverbetriebssysteme virtualisiert, stellt Parallels den Benutzern ein Server-Betriebssystem bereit. Damit bei den VDI-Benutzern keine Verwirrung aufkommt, wird für die Benutzer einheitlich beispielsweise das Windows XP-Theme voreingestellt. Der Support von Windows Server 2008 R2 und damit die Bereitstellung der Windows 7-Funktionen und -Optik ist für das erste Quartal 2010 mit der nächsten Virtuozzo-Version 5 geplant.

Die VDI-Lösung von Parallels umfasst eine PVC-Lizenz sowie eine vWorkspace-Lizenz (von Quest) mit unterschiedlichen Modulen für das Drucken, Webportale und SSL-Gateways. Parallels berechnet die Lizenzgebühren je User (100 User, VDI komplett inkl. Quest-vWorkspace 11 600 Euro netto). Anders als bei reinen Virtuozzo basierten Lizenzen ist der webbasierte Parallels Infrastructure Manager bereits enthalten.

Auch die Hardware-Hersteller profitieren vom Trend zu VDI: "Die Desktop-Virtualisierungsprojekte verleihen unserem Geschäft einen Kick", berichtet Dr. Frank Lampe, Marketing Director, IGEL Technology, "davon profitieren auch unsere Channel-Partner". Damit diese gut vorbereitet sind, unterstützt sie Igel mit Schulungsangeboten, Support und beim Marketing.

Der IGEL Universal Desktop Converter minimiert Anschaffungskosten für neue Client-Hardware.

(Bild: Igel)

Gerade Thin Clients können in diesem Umfeld ihre Stärken noch besser ausspielen als bisher. Dazu zählen etwa die geringeren Betriebs- und Energiekosten gegenüber herkömmlichen PCs. Aber da gerade deutsche Unternehmen ihre alten Rechner nicht vorzeitig abschreiben wollen, hat IGEL den Universal Desktop Converter entwickelt, der es erlaubt, von vorhandener PC- und Thin Client-Hardware hin zu einer homogenen "IGEL Universal Desktop Thin Client"-Infrastruktur zu migrieren. Neben der einheitlichen Fernadministrierbarkeit bieten die migrierten Clients Zugriff auf Cloud Computing Services, Server-based Computing-Anwendungen und virtuelle Desktop-Umgebungen (VDI). Dies ermöglicht die schrittweise Einführung dieser Technologien.