Kommentar: 720p-HD bei ARD und ZDF

Die Öffentlich-Rechtlichen haben sich zur laufenden Petition gegen die HDTV-Ausstrahlung in 720p geäußert; am Samstagabend wurde zudem "Wetten, dass…?" in diesem Format produziert.

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Von
  • Nico Jurran

ARD und ZDF haben sich in einem Interview mit dem Branchendienst Digitalfernsehen gemeinsam zur aktuellen Petition "1080i bei ARD+ZDF jetzt!" geäußert, in dem die Sender aufgefordert werden, vom Format 720p auf 1080i zu wechseln. Dabei betonten die Sender noch einmal, dass bei 720p Bewegungen besser aufgelöst würden, weshalb der Schärfeeindruck bewegter Bilder besser sei. Entsprechend eindeutig fällt für sie das Fazit aus: "Für das Bewegtbild liefert das von ZDF und ARD bevorzugte Format 720p/50 fast immer eine bessere Bildqualität ab." Auch der Verweis auf die entsprechende EBU-Empfehlung fehlt nicht.

Doch dass 720p gegenüber 1080i Vorteile haben kann, bestreitet eigentlich niemand. Bereits 2007 ging c't in dem Artikel "Das bessere HDTV?!" darauf ein, was für das kleinere HDTV-Format spricht. Aber diese Vorteile kann 720p nur ausspielen, wenn auch in diesem Format produziert wird. An solchen Produktionen mangelt es aktuell jedoch.

Dass die Olympischen Winterspiele nicht in 720p produziert wurden, lassen ARD und ZDF nicht als Argument gegen die Ausstrahlung in diesem Format gelten. Vielmehr sei die Veranstaltung in einem Standard produziert worden, der "in Europa grundsätzlich nicht genutzt wird". Doch selbst wenn man einmal außen vor lässt, ob 1080i50 nicht immer noch näher an dem Olympia-Weltsignal 1080i59,94 ist als 720p50, müssen sich ARD und ZDF fragen lassen, welche Sportsendungen überhaupt in 720p aufgenommen werden. Die deutsche Fußball-Bundesliga gehört jedenfalls nicht dazu – und daran dürfte sich auch nichts ändern, solange die 1080i-Unterstützer Sky und Deutsche Telekom (T-Home) für die Ausstrahlungsrechte bezahlen. Und spätestens seit der Leichtathletik-WM 2009 wissen wir, dass die deutschen Sender selbst im "Weltformat" 1080i produzieren, wenn das Material für die internationale Ausstrahlung bestimmt ist. Im Umkehrschluss dürften da auch in Zukunft nicht mehr viele interessante Sportarten übrig bleiben.

Für die Übertragung von Spielfilmen und den meisten Serien ist 1080i schon deshalb besser geeignet, weil sich Quellmaterial im Format 1080p25 nach einem Interlacing problemlos als 1080i50 übertragen lässt. Die zeitlich nicht auseinander liegenden Halbbilder können ohne Qualitätsverluste wieder zu einem Vollbild zusammengesetzt werden. So macht dies beispielsweise Sky auf seinem Kanal "Sky Cinema HD". Wenn überhaupt, könnte sich eine Diskussion nur um 1080p50 als kommendes Format drehen. Doch das liegt noch in weiter Ferne. Und in der Vergangenheit haben sich ARD und ZDF nicht gerade als Vorreiter bei HDTV hervorgetan.

Wirklich sinnvoll wäre momentan somit eine Ausstrahlung in dem Format, das dem Produktionsformat am nächsten kommt. Eine dynamische Anpassung des Ausstrahlungsformats an das jeweilige Produktionsformat lehnen die Öffentlich-Rechtlichen unter Hinweis auf Probleme ab, die gerade in einem horizontalen Endgerätemarkt bei dynamischer Umschaltung auftreten könnten. Diese seien "vielfältig und nicht abschätzbar". Leider ließ sich diese Aussage mangels brauchbarer Testausstrahlungen bislang nicht von der Fachpresse und den Kunden überprüfen. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, den Satelliten-TV-Kanal "Eins Festival HD", auf dem derzeit nur eine Demoschleife läuft, zu nutzen, um die dynamische Umschaltung zwischen 1080i und 720p zu testen.

Am vergangenen Samstagabend strahlte das ZDF im Übrigen die Show "Wetten, dass…?" als seine erste 720p50-Produktion aus. Als Werbung für das Format taugte diese jedoch nicht: Das Bild rauschte in dunklen Bereichen deutlich und wirkte stets leicht überschärft. (nij)