Open Access: Bibliotheken geben Katalogdaten frei

Zum Start des Leipziger Kongresses für Information und Bibliothek am Montag haben mehrere deutsche Bibliotheken ihre Kataloge zur freien Nutzung ins Internet gestellt. Verfügbar sind mehr als 5,4 Millionen Datensätze, die unter der CC0-Lizenz stehen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Zum Start des Leipziger Kongresses für Information und Bibliothek am Montag haben mehrere deutsche Bibliotheken ihre Kataloge zur freien Nutzung ins Internet gestellt. Mit dieser Initiative wollen die Bibliotheken einen Beitrag zum freien Zugriff auf Inhalte leisten und setzen ein Zeichen gegen den kommerziell geprägten Austausch von Metadaten. Über Linked Open Data sind seit heute mehr als 5,4 Millionen Datensätze frei verfügbar, darunter die kompletten Kataloge der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln und des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz. Die Daten stehen unter der CC0-Lizenz, das Verwenden und Weiterverarbeiten der Daten ist damit jedem freigestellt.

Dieser Schritt ist ein Paradigmenwechsel für die deutschen Bibliotheken. "Bibliotheken begrüßen die Open-Access-Bewegung, weil sie sich selbst dem Ziel verpflichtet fühlen, den Zugang zu Wissen möglichst ohne Schranken allen Bürgern zu ermöglichen", erläutert Rolf Thiele, stellvertretender Direktor der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. Der Zugang zu den eigenen Daten sei dabei aber bisher außen vorgeblieben. "Bisher hatte niemand die Möglichkeit, Bibliothekskataloge als Ganzes herunterzuladen und zu nutzen", verdeutlicht Thiele. "Dies wird nun möglich. Das ist ein erster Schritt, um die weltweite Sichtbarkeit von Bibliotheksbeständen im Internet zu erreichen." Die Bibliothek des Kernforschungszentrums CERN veröffentlichte ihre Daten bereits im Januar unter einer sogenannten Public-Domain-Lizenz.

Hierzulande wurde bislang ein "halboffener Umgang" mit den Katalogdaten praktiziert: Innerhalb der Bibliotheksverbünde tauschten die Mitglieder die Daten kostenfrei aus, um sich gegenseitig bei der Verwaltung ihrer Bestände zu unterstützen. Andere Quellen wie die Katalogdaten der Deutschen Nationalbibliothek sind hingegen kostenpflichtig. Auch das international führende Online Library Computer Center (OCLC) lässt sich für den Zugriff auf seine Datenbanken bezahlen.

"Gerade in Zeiten, in denen Verlage und auch manche bibliothekarische Organisationen die Daten in erster Linie als Geldquelle sehen, gilt es, den traditionellen Auftrag von Bibliotheken wieder stark zu machen. Bibliotheken verfolgen seit jeher das Ziel, große Mengen von Wissen möglichst vielen Menschen unter möglichst wenigen Beschränkungen bereitzustellen", führt Silke Schomburg aus, stellvertretende Direktorin des Hochschulbibliothekszentrums des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz). "Zudem werden Bibliotheken aus öffentlichen Geldern finanziert. Und was die Öffentlichkeit bezahlt hat, sollte ihr auch uneingeschränkt zur Verfügung stehen."

Adrian Pohl vom hbz ergänzt: "Unser langfristiges Ziel ist es, die Sichtbarkeit von Bibliotheken im Internet zu verbessern. Das OCLC versucht dies seit einigen Jahren mit dem Internetangebot Worldcat, das allerdings nicht die beabsichtigten Erfolge erzielt. Zudem ist diese Strategie nicht sehr zukunftsträchtig, weil sie an den alten proprietären Datenformaten festhält, die noch aus den 1970er-Jahren stammen, als Katalogdaten auf Magnetbändern gespeichert wurden." Inzwischen werden Bibliothekskataloge mit weit mehr Daten als Autor, Titel und Sachgebiet angereichert – so bedienen sich einige Bibliotheken bereits bei Google Books, um Scans der Inhaltsverzeichnisse der betreffenden Bücher anzuzeigen. Die Freigabe der Katalogdaten ist allerdings nur ein erster Schritt: Noch steht keine Plattform zum Weiterverarbeiten und Ergänzen der Datensätze zur Verfügung, auch die verwendeten Datenformate müssen noch weiterentwickelt werden.

Zu den ersten Interessenten der Daten gehören die Mitarbeiter der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia, die heute weiterführende Literatur über ISBN-Nummern referenziert. Mit den jetzt freigegebenen Daten soll es möglich werden, bedeutend mehr Informationen automatisch einzubinden – so könnten statt einer konkreten Ausgabe alle Publikationsformen eines Werks verlinkt werden, egal ob deutsches Taschen- oder englisches Hörbuch. Gleichzeitig könnten auch die Bestände der lokalen Bibliothek angezeigt werden. (pmz)