Aus dem Einen ins Viele

Die neuen Möglichkeiten, die der Medienwandel mit sich bringt, sind ebenso verlockend wie verwirrend. Wann gibt es endlich einen Faltplan für die Zukunft?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Glaser

Die Medien im 21. Jahrhundert bieten uns so viele Möglichkeiten wie nie zuvor. Wir informieren und unterhalten uns heute anders als noch vor wenigen Jahren. Wir tauschen uns anders aus, lernen uns anders kennen, verlieben uns anders und arbeiten anders – all das, weil wir mit mehr Medien umgehen als früher und sie eingehender nutzen.

Die Anzahl der Mobilfunkanschlüsse hat sich in den letzten zehn Jahren versiebenfacht. Inzwischen besitzen die Deutschen über 100 Millionen Handys – mehr als es Einwohner gibt. Am Beispiel des iPhone wird ersichtlich, wie schnell sich solche neuen Gerätschaften verbreiten: Seit 2007 wurden in Deutschland knapp 800.000 der wandlungsfähigen Smartphones verkauft, weltweit über 25 Millionen Stück. Auch die Quoten der Einwanderung in die digitale Welt sind beachtlich: Waren es 1997 erst 4,11 Millionen Internet-Nutzer, stieg deren Zahl bis ins Jahr 2000 auf 18,25 Millionen. Heute verfügen 43,5 Millionen Menschen in Deutschland über einen Zugang zum Netz.

Mehr Medien bedeutet auch: mehr Zeit, die wir mit ihnen zubringen. Über die letzten drei Jahrzehnte hat die Mediennutzung auf breiter Front zugenommen. Während 1977 in Westdeutschland im Schnitt etwa zwei Stunden täglich ferngesehen wurden, waren es 2009 bereits 235 Minuten, über eineinhalb Stunden mehr. Es wird mehr gelesen, mehr ferngesehen und das Internet ist als bedeutendste neue Attraktion hinzugekommen. Die zunehmende Medienvielfalt führt dazu, dass wir unseren Vorrat an Aufmerksamkeit neu verteilen, aus Neugierde und um die Vorteile dieser Vielfalt zu genießen.

Die Veränderungen verlaufen zum Teil unerwartet. So wandern Internet-Nutzer nicht etwa vom Fernsehen ab: Auch junge, online-aktive Mediennutzer zwischen 14 und 30 sehen insgesamt mehr fern. In diesen Haushalten stehen sogar mehr Fernsehgeräte als in den Haushalten von "Offlinern". Während das Internet den Printmedien den Rang als Informationsmedium abläuft, kommt das Fernsehen nach wie vor und über alle Altersgruppen hinweg dem Gefühlshaushalt der Mediennutzer am ehesten entgegen – Umfragen zeigen, dass es die Zuschauer ergreift, unterhält oder entspannt.

Nichtsdestotrotz stellt dieser Technologieschub die herkömmlichen Vermittlungsformen vor große Herausforderungen. Nicht zum ersten Mal verändert eine ganze Gesellschaft sich durch einen Medienwandel. Mit dem Buchdruck waren große Mengen alter Manuskripte vervielfältigt worden und hatten die Renaissance mit der ganzen Vergangenheit des Altertums und des Mittelalters überflutet. Mit Hilfe von Büchern begann der menschliche Geist damals erstmals, sich frei in Vergangenheit und Zukunft zu bewegen.

Heute lässt die Vernetzung uns eintauchen in alle Kulturen, die je auf dieser Welt existierten, dazu noch in eine immens produktive, aber auch oft unübersichtliche Gegenwart. Jeder Netznutzer verfügt nun über Nachrichtenquellen, wie sie vor ein paar Jahren nur großen Redaktionen zugänglich waren. Und nichts suchen die Menschen in dieser Informationsgesellschaft so sehr wie Orientierung. (bsc)