Google vs. China: "Eine reine Geschäftsentscheidung"

Sowohl US-Vertreter als auch chinesische Offizielle betonen, Googles Verweigerung der chinesischen Internetzensur sei eine reine Geschäftsentscheidung. Aus dem US-Außenministerium heißt es aber, jeder solle sich genau überlegen, was es für ihn bedeute, wenn Google die Geschäfte in China als zu schwierig betrachtet.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die US-Regierung hat das Ende der Selbstzensur des Suchmaschinen-Giganten Google in China als "Geschäftsentscheidung" bezeichnet, mit der Washington nichts zu tun habe. "Am Ende haben einzelne Unternehmen Entscheidungen zu treffen wie über Investitionsmöglichkeiten in China", so der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, laut dpa. "Dies war eine Geschäftsentscheidung von Google."

Die US-Regierung schätze die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und China, sagte der Sprecher. "Allerdings – wäre ich China, würde ich mir ernsthaft über die Folgen Gedanken machen, wenn eine der bekanntesten Institutionen der Welt entscheidet, dass es zu schwierig ist, in China Geschäfte zu machen", betonte Crowley. Die USA würden weiterhin mit der Führung in Peking über die Freiheit des Internets und den freien Zugang zu Informationen sprechen.

Die Entscheidung des US-Konzerns Google, die Zensur seiner Suchmaschine in China zu beenden, wird nach Angaben der Regierung in Peking keine negativen Folgen für die Beziehungen zu den USA haben. Voraussetzung dafür sei aber, dass "niemand das Thema politisiert", fügte Außenamtssprecher Qin Gang laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua vor Journalisten hinzu, es handele sich um eine "Geschäftsangelegenheit", die dem Ansehen Chinas nicht schaden werde.

Versuche, die Google-Entscheidung mit den US-chinesischen Beziehungen in Verbindung zu bringen, seien "übertriebenes Getue". Die chinesische Regierung setze sich im Rahmen der Gesetze und Vorschriften für eine Offenheit des Internets ein, was überall in der Welt so üblich sei, sagte Qin. "China will aber verhindern, dass der Informationsfluss im Internet zur Gefährdung der nationalen Sicherheit sowie der Interessen der Gesellschaft und der Öffentlichkeit werden könnte." Jede ausländische Firma, die in China tätig sei, müsse sich an die nationalen Gesetze halten.

Der weltweiten Nummer 1 bei der Internetsuche droht als Gegenmaßnahme für ihren Schritt der Ausschluss aus dem schnell wachsenden Markt in China. Seit Montagabend leitet Google die Besucher seiner chinesischen Website google.cn auf das Portal in Hongkong um, in dessen in Chinesisch gehaltenen Ergebnissen politisch heikle Treffer nicht herausgefiltert werden. Der US-Konzern hatte im Januar nach einem breitangelegten Cracker-Angriff angekündigt, Pekings Zensur-Anforderungen nicht mehr befolgen zu wollen und notfalls auch einen Rückzug aus China in Kauf zu nehmen.

Die kommunistische Regierung verlangt von westlichen Internet-Unternehmen, dass sie zum Beispiel Informationen über Tibet oder die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 herausfiltern. Die chinesische Regierung hatte unmissverständlich gewarnt, dass Google mit Konsequenzen rechnen müsse, falls der Konzern auf die vorgeschriebene Zensur verzichtet. Nicht alle Beobachter sehen in dem Schritt aber allein altruistische Züge des Internet-Konzerns, der sich getreu seinem internen Firmenmotto "don't be evil" der Zensur nicht mehr beugen möchte. Das Image von Google hatte in den letzten Monaten in der öffentlichen Wahrnehmung sehr gelitten, vielen Internetnutzern erscheint der Konzern mittlerweile als allzu mächtige Datenkrake.

Ein Auftreten gegen Internetzensur kann da das Image sehr aufpolieren – während die Geschäfte in China für Google nicht so berauschend laufen, als dass der Konzern nicht darauf verzichten könnte. Gegenwärtig zumindest: Denn China wird als einer der großen Internet-Zukunftsmärkte betrachtet, mit derzeit schon den meisten Internet-Nutzern weltweit. So betonte Google auch immer wieder, dass die Reaktion auf die Cracker-Angriffe und die Verweigerung der chinesischen Internetzensur nicht bedeute, dass man seine Geschäfte in China ganz aufgeben wolle. Harsche Reaktionen von Googles chinesischen Geschäftspartnern dürften zudem dafür gesorgt haben, dass sich der Suchmaschinenprimus sehr genau überlegt, wie er in China weiter vorgehen will. Was dabei letztlich herauskommt, das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch völlig unklar, das betont auch das Google-Management immer wieder.

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(jk)