Telefonspam-Nazi muss fast 10 Millionen Dollar Strafe zahlen

Falsche Rufnummern anzuzeigen, kann in den USA illegal sein. Das kommt einen Neonazi teuer, der telefonisch Tausende belästigt hat.​

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Ein schwarzer Fernsprechapparat mit Wählscheibe, daneben steht ein schwarzes Schnurlostelefon in einer Ladeschale

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Fast zehn Millionen US-Dollar Strafe muss der US-amerikanische Neonazi Scott Rhodes zahlen, weil er bei rassistischen Spam-Anrufen seine Anruferkennung (Caller-ID) gefälscht hat. Diese Entscheidung der US-Regulierungsbehörde FCC aus dem Jahr 2021 hat nun das US-Bundesgericht für Montana bestätigt. Rhodes hat Tausende US-Bürger automatisiert angerufen und mit aufgezeichneten Mitteilungen belästigt. Darunter waren ausländerfeindliche Lügen, rassistische Attacken auf Politiker, Versuche der Beeinflussung Geschworener sowie Drohungen gegen Journalisten.

Solch Spam alleine führt in den USA nicht unbedingt zu einer Strafe. Allerdings ist es in dem Land verboten, die Anruferkennung zu fälschen, wenn man in dem Zusammenhang betrügen oder sonst Schaden zufügen möchte. Rhodes stritt die Robocalls nicht ab, versuchte aber, sich herauszureden: Bei einem Teil der Anrufe habe er eine ihm zugewiesene Rufnummer anzeigen lassen – und tatsächlich reduzierte die FCC die Strafe von 12,91 Millionen Dollar für 6.455 bekannt gewordene Spam-Anrufe auf nur noch 9,918 Millionen Dollar für jene 4.959 Fälle, in denen Rhodes die Anzeige einer gefälschten Nummer nachgewiesen werden konnten – 2.000 US-Dollar pro Anruf.

Keinen Erfolg hatte der Spammer mit seinem Argument, die gefälschten Rufnummern seien nicht bloß irgendwelche Ziffern, sondern enthielten Nazi-Codes. Daher, so Rhodes, würden die falschen Telefonnummern selbst eine politische Mitteilung darstellen, die Täuschung wäre durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Die FCC konnte der Mann damit nicht überzeugen. Einerseits hatte er an anderer Stelle behauptet, an der Auswahl der Rufnummern gar nicht beteiligt gewesen zu sein. Andererseits hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten bereits in einem anderen Fall (Spence v. Washington) entschieden, dass die freie Meinungsäußerung nur dann geschützt ist, wenn der Äußernde einen bestimmten Inhalt übermitteln möchte und die Empfänger diesen Inhalt wahrscheinlich verstehen.

Weil die Strafe nicht bezahlt wurde, kam der Telefonspam-Nazi vor Gericht. Dort hat er sich ebenfalls mit antisemitischen und anderweitig unpassenden Eingaben sowie Doxxing eines US-Staatsanwalts unbeliebt gemacht. Der Richter musste eine Reihe seltener Verfügungen ausstellen, darunter ein Doxxing-Verbot sowie die Bedingung, dass das Gericht nicht den Vorschriften entsprechende Eingaben ohne weitere Bearbeitung aus dem Akt streichen wird.

Parallel hat Rhodes im Staat Idaho mit juristischen Winkelzügen den Journalisten Ben Olson belästigt. Olson hat im Sandpoint Reader über Rhodes Spam-Anrufe berichtet und die Identität des Täters offengelegt. Unter Verweis auf das laufende Gerichtsverfahren in Montana wollte Rhodes den Journalisten dazu zwingen, Dokumente offenzulegen. Das US-Bundesbezirksgericht für Idaho musste schließlich entscheiden, dass diese Vorladungen unzulässig sind, weil die von Olson geforderten Unterlagen für das Verfahren in Montana belanglos wären (USA v. Scott Rhodes, 23-mc-00304).

Rhodes stellt seine Anrufe nicht in Abrede, weshalb das zuständige Gericht in Montana am Sachverhalt nicht rütteln musste. Für das Argument, das Anti-Spam-Recht verletze das von der Verfassung garantierte Recht auf freie Rede, erklärte sich das Gericht für unzuständig – das zu entscheiden sei gegebenenfalls Aufgabe der übergeordneten zweiten Instanz. Die Geldstrafe hält das Bezirksgericht für angemessen, angesichts des möglichen Strafrahmens von bis zu 11.766 Dollar pro Anruf. Da tue der angebliche Geldmangel des Beklagten nichts zur Sache.

Zusätzlich zur Geldstrafe verhängt das Gericht mehrere Verfügungen über den Neonazi, darunter das Verbot, über Telefon Voraufgezeichnetes zu übermitteln, sofern der Gesprächspartner nicht im Voraus schriftlich eingewilligt hat, und ein weiteres Verbot der Fälschung der Rufnummernanzeige. Damit drohen dem Täter in Zukunft Gefängnisstrafen wegen Missachtung des Gerichts, sollte er gegen diese Auflagen verstoßen.

Allerdings kann Rhodes, der sich bislang selbst vertreten hat, Rechtsmittel einlegen. Sollte er das tun, kann er vor dem Bundesberufungsgericht für den neunten Bundeskreis erneut versuchen, das Anti-Spam-Recht als verfassungswidrig aufheben zu lassen. Die Erfolgsaussichten sind gering, da die Berufungsinstanz ähnliche Argumente in einem anderen Verfahren bereits abgewiesen hat.

Das Verfahren heißt USA v. Scott Rhodes und war am US-Bundesbezirksgericht für Montana unter dem Az. 9:21-cv-00110 anhängig.

(ds)