Urteil in Prag: KI-generiertes Bild kann von jedermann frei genutzt werden

Eine Firma ließ sich von DALL-E ein Bild erzeugen, das eine Kanzlei für die eigene Webseite übernahm. Ein tschechisches Gericht sieht keine Rechtsverletzung.

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Gerendertes Bild eines weißen Copyright-Symbols

(Bild: MR Gao/Shutterstock.com)

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In einem aktuellen Urteil entschied das Stadtgericht Prag, dass ein mit einem System mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstelltes Bild nicht urheberrechtlich geschützt werden kann. Das deckt sich mit der in der EU gängigen rechtlichen Linie, wonach nur ein menschlicher kreativer Schöpfer Urheberrechte an seinen Werken geltend machen kann. Zugleich haben die Richter aber auch verdeutlicht: Wer Bilder veröffentlicht, die mithilfe von KI generiert wurden, kann sich nicht auf das Urheberrecht berufen, um das Kopieren und die kommerzielle Verwertung derartiger maschineller Erzeugnisse durch Dritte zu verhindern.

Das Prager Urteil, über das das Fachblog IPKat berichtet, spricht für Winfried Bullinger von der Kanzlei CMS Deutschland so einen wichtigen Punkt an, der bislang wenig diskutiert wird. "Wenn man KI einsetzt, muss man sich bewusst sein, dass damit kein Ausschließlichkeitsrecht wie bei einem von einem Menschen geschaffenem Werk einhergeht", erläutert der Jurist gegenüber heise online. Einem schöpferisch tätigen Urheber aus Fleisch und Blut werde nach kontinentaleuropäischen Recht ein exklusiver Verwertungsanspruch bis zu 70 Jahre nach dessen Tod zugesprochen. Auch wenn etwa ein Unternehmer einen Menschen mit dem Malen eines Bildes beauftrage und dafür bezahle, gehöre es letztlich ihm und er könne es schützen gegen Kopien. Beim Verwenden von KI-Tools "muss ich es dagegen aushalten, dass andere diese Bilder auch benutzen".

In dem Prager Fall ließ die Klägerin das Programm DALL-E von OpenAI ein Bild generieren, das für die eigene Webseite gedacht war. Der dafür verwendete Prompt lautete: "Erstelle eine visuelle Darstellung zweier Parteien, die einen Geschäftsvertrag in einem formellen Rahmen unterzeichnen, beispielsweise in einem Konferenzraum oder im Büro einer Anwaltskanzlei in Prag." Dabei sollten die Hände im Detail gezeigt werden. Die Beklagte, eine örtliche Anwaltskanzlei, kopierte das im Internet veröffentlichte Bild und verwendete es auf ihrer eigenen Homepage. Die Klägerin plädierte auf Urheberrechtsverletzung mit der Begründung, die Verwertung des Bildes obliege ihr, und beantragte eine einstweilige Verfügung.

Das Gericht stellte daraufhin zunächst fest, dass das tschechische Urheberrechtsgesetz und darin insbesondere Artikel 40 dem Urheber eines Werks das Recht einräumt, eine unbefugte Verwertung desselben zu verbieten. Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes besage jedoch, dass der Urheber "die natürliche Person ist, die das Werk geschaffen hat". Dass DALL-E das Bild erstellt hatte, war unbestritten. Die Klägerin argumentierte aber, dass das System das Bild auf der Grundlage ihrer spezifischen Anweisung generiert habe und sie daher das Urheberrecht besitze.

Den Richtern zufolge konnte die Klägerin diese Behauptung aber nicht mit Beweisen untermauern. Sie sei daher rechtlich nicht befugt, den Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Generell sei das von einer KI erstellte Bild kein urheberrechtlich geschütztes Werk und schon gar keines, das der Klägerin gehöre oder von ihr verfasst worden sei.

Bullinger hält die Entscheidung für nachvollziehbar. Prompting vergleicht der Experte mit dem Bestellen einer Auftragsarbeit bei einem Maler durch einen Mäzen, wodurch letzterer auch kein Urheberrecht erlange. Menschliches Prompting könnte allenfalls als Sprachwerk geschützt werden, nicht jedoch mit solchen Computerbefehlen erstellte Erzeugnisse. Zudem ergebe sich unter solchen Umständen auch ein Mediensprung vom gesprochenen Wort hin zum Bilderzeugnis. Dabei handle es sich um zweierlei Ausdrucksformen, sodass man nur von Inspiration der einen Instanz für die andere sprechen könne.

Der Fall wirft auch die Frage auf, ab welchem Ausmaß der menschlichen Beteiligung die für den Urheberrechtsschutz nötige Schöpfungshöhe erreicht werden könnte. Grundsätzlich sei es möglich, auch für Bearbeitungen eines fremden Werks einen Schutzanspruch zu bekommen, führt Bullinger aus. Dabei reiche es aber nicht, etwa nur mit Photoshop an den Kontrasten zu drehen. Wenn ein Bearbeiter aber beispielsweise Montagen vornehme, Farben umstrukturiere und inhaltlich kreativ eingreife, könnte die Schwelle überschritten sein.

Insofern schätzt Bullinger den Fall "Théâtre D'opéra Spatial" auch etwas anders ein als das Copyright Office der USA. Ein Mann namens Jason Allen reichte das im Grunde mit dem KI-System Midjourney generierte Bild auf einer Kunstmesse in Colorado ein und gewann damit 2022 einen Wettbewerb. Die Prüfer des Copyright Office konnte er aber nicht davon überzeugen, dass seine Verfeinerungen der ursprünglichen KI-Ausgabe mit 624 weiteren Prompts und ausgiebige Überarbeitungen mit Photoshop für die nötige Schöpfungshöhe sorgten. Allens Antrag, das Bild in seiner Gesamtheit zu schützen, lehnten sie ab.

In Deutschland sei ein Kunstwerk direkt mit der Erzeugung geschützt, verweist Bullinger auf Unterschiede. Es gebe also keine Gerichten vorgeschaltete Instanz, die über eine Schutzwürdigkeit entscheide. In den USA entwickle das Copyright Office dagegen einschlägige Maßstäbe, wobei die dortigen Juristen sehr restriktiv seien und den Werkbegriff eher noch strenger auslegten als in Europa. Beim "Théâtre D'opéra Spatial" könnte man die Änderungen nach europäischen Verständnis als Bearbeitung sehen und potenziell Urheberrechtsschutz dafür gewähren. Die US-Entscheidung sei letztlich eher eine politische gewesen. Generell gelte aber: Das KI-generierte Ausgangserzeugnis würde auch auf dem alten Kontinent nicht geschützt, nur die zusätzliche Bearbeitung.

(mho)