Die 3D-Handys kommen

Der japanische Elektronikkonzern Sharp hat ein 3D-Display vorgestellt, das ab spätestens 2011 brillenlose plastische Bilder auf portablen Videokonsolen und Handys ermöglichen wird. Reizvolle Möglichkeiten für dreidimensionale Bilder im Alltag?

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Kölling

Wer gedacht hat, dass 3D nur eine – zudem fragwürdige – Spielerei für Fernseher sei, sollte sich auf eine Überraschung gefasst machen. In Kürze werden künstliche 3D-Bilder alltäglich sein. Sie zweifeln? Der japanische Elektronikkonzern Sharp hat am Karfreitag ein "brillenloses" 3D-Display vorgestellt, das in den kommenden Jahren Standard für Handys, PDAs und Spielekonsolen werden könnte (Bilder und Daten hier).

Für diese Vorhersage benötigt man keine prophetischen Fähigkeiten. Denn es kann inzwischen als gesichert gelten, dass Nintendo den Bildschirm in seiner neuen portablen Spielekonsole verbauen wird. Allein das ist ein Millionenabsatz. Und dann baut Sharp auch noch Handys – wenn man dem Wall Street Journal glauben darf, sogar Microsofts Erstling. Und der Konzern beliefert zudem andere Handyhersteller. Ich glaube daher der Einschätzung eines Sharp-Managers, dass der Wechsel von 2D- auf 3D-Displays ähnlich schnell, wenn nicht schneller als der von Schwarz-weiß- auf Farbdisplays erfolgen könnte

Der Kunde wird bald keine Wahlmöglichkeit mehr haben. In wenigen Jahren werden alle Handy-Bildschirme 3D-fähig sein, was heißt, dass der Kunde dann beliebig zwischen 2D- auf 3D-Darstellung hin und her schalten kann. Und es wird noch weiter gehen. Auch Computerhersteller werden auf den Zug aufspringen. Schon seit Jahren haben asiatische Monitorhersteller Produkte in der Pipeline, bei denen sich der Bildschirm vollständig oder nur teilweise auf 3D-Darstellung umschalten lässt. Nur machte die Einführung noch keinen Sinn, weil es an Inhalten und Masse fehlte. Dies wird sich mit Sharps Display ändern, denn es überwindet dem Augenschein nach einen Teil der bisherigen Beschränkungen, die 3D-Displays selbst im technikverliebten Japan bisher gnadenlos floppen ließen. Sharps erster Vorstoß in die Welt der 3D-Handys im Jahr 2002 versandete deshalb rasch. Denn die Kunden fanden die Auflösung im 3D-Modus zu niedrig, das Bild zu dunkel und das Display unschick dick.

Schuld daran war die Technik: Um ein Bild räumlich darzustellen, nutzt Sharp den alten Trick der Parallaxe, bei dem im Display getrennt durch eine Barriere je ein Bild für das rechte und eines für das linke Auge dargestellt wird. So wird bei einer Betrachtung aus dem richtigen Abstand und Winkel im Hirn ein plastisches Bild generiert. Dummerweise halbiert sich die Auflösung des Displays, sobald der 3D-Effekt eingeschaltet wird. Daran hat sich zwar auch heute nichts geändert. Nur hat Sharp die Auflösung, die Helligkeit und den Kontrast des Displays so weit erhöht, dass das 3D-Bild dennoch akzeptabel bleibt. Zudem hat Sharp die Barriere verfeinert und verbessert, so dass die 3D-Darstellung im Unterschied zu früher sowohl im Hoch- wie auch im Querformat möglich ist. Und zuletzt wurde der bisher separate 3D-Layer, der den Bildschirm baulich verdickte, in den Touchscreen-Layer integriert. Damit können die Handyhersteller den Bildschirm leichter verbauen.

Meine Anschauungsstunde vorigen Freitag hat mich vom Potenzial dieser Technik überzeugt. Zwar benötigt man Feingefühl und eine ruhige Hand, um den Bildschirm in richtiger Entfernung und Winkel zu halten. Besonders bei Fotos war dies nicht immer einfach. Aber beim ebenfalls dargebotenen dreidimensionalen Zeichentrickfilmchen hat es mir Spaß gemacht. Und die von den Japanern gleich mitentwickelte 3D-Kamera würde es sogar erlauben, selbst 3D-Fotos und -Filme zu schießen.

Welche Möglichkeiten sich damit eröffnen, verdeutlicht das erste modulare Handy der Welt von Fujitsu. Bei dem seit Ende März vom Netzbetreiber NTT Docomo verkauften Gerät lässt sich das Display- vom Tastaturmodul (mit einer Nummern- und einer QWERTY-Tastatur) trennen, doch bleiben die Teile über Bluetooth verbunden. Man kann damit nun gleichzeitig telefonieren und auf dem Display Adressen oder den Kalender checken, im Internet browsen oder fernsehen.

Man kann auch nur mit dem Display-Modul telefonieren, während die Tastatur in der Tasche bleibt. Oder man verwendet das Display als Fotoapparat, der entweder über den Touchscreen oder fernbedient über das Tastaturmodul ausgelöst wird. Man kann das Display-Modul aber auch auf einen Mini-Projektor aufstecken, der bis zu 50-Zoll große Bilder an die Wand wirft. Printer, Scanner, andere Displays als weitere Peripheriegeräte sowie weitere Modulhandys sind in der Planung.

Es wäre also auch denkbar, auch ein 3D-Fotokameramodul anzubieten. Dies würde den Kunden ermöglichen, 3D-Fotos und -Filme zu schießen, anzuschauen – oder gar live ins Internet zu übertragen – wenn es die Netzbetreiber zulassen. (bsc)