SCO vs. Linux: Aktion der Aktionäre erwartet

Das Geschäftsmodell, mit "IP-Lizenzen" aus der von SCO produzierten Rechtsunsicherheit um möglicherweise in Linux übernommenen Quellcode aus Unix-Beständen Einnahmen zu erzielen, hat sich als Flop herausgestellt.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit Spannung wird die Aktionärsversammlung der SCO Group erwartet, die für den heutigen Dienstag angesetzt ist. Während die Tagungsordnung die üblichen Punkte wie Lagebericht und Wahl oder Bestätigung der Geschäftsführung verzeichnet, gibt es Anzeichen, dass die Aktionäre angesichts eines desolaten Aktienkurses Umstrukturierungen verlangen werden.

Das Geschäftsmodell, mit so genannten "IP-Lizenzen" (Intellectual Property) aus der von SCO produzierten Rechtsunsicherheit um möglicherweise in Linux übernommenen Quellcode aus Unix-Beständen Einnahmen zu erzielen, hat sich als Flop herausgestellt. Mit der Firma Open Source Risk Management (OSRM) möchte sich zudem eine zweite Firma am Markt etablieren und ein Geschäft mit verunsicherten Linux-Anwendern machen. Seit gestern bietet OSRM nun ebenfalls ein Antidot an, beschränkt sich dabei allerdings ausdrücklich auf den amerikanischen Markt. Zusammen mit ihrem Angebot hat OSRM eine außerordentlich vage Pressemeldung veröffentlicht, derzufolge "zertifiziert" wird, dass die Linux-Kernel 2.4 und 2.6 keine Copyright-Verletzungen enthalten. Eine Auskunft darüber, welche Unix-Derivate zum Vergleich bei der Zertifizierung herangezogen wurden, wird von OSRM bislang aus juristischen Gründen verweigert.

Auch im europäischen Umfeld, wo die SCO Group mit ihrem Antidot noch ohne Konkurrenz ist, liegen die Geschäfte brach. Gregory Blepp, der laut Organigramm mit der "Definition of SCO's non US licensing programs" und "Harmonisation over Europe of SCO's Intellectual Property defense activities" betraut ist, schleppt zwar einen Koffer mit Beweisen durch Europa. Er ist aber zumindest in Deutschland durch eine von SCO abgegebene Unterlassungserklärung daran gehindert, die Aussage zu verbreiten, dass Linux geistiges Eigentum von SCO enthalte. Die neuen Versuche, über Interviews einen Stimmungsumschwung zu erwirken, werden kritisch verfolgt. "Sollte SCO die Aussage, dass 'die Software Linux unrechtmäßig erworbenes geistiges Eigentum von SCO beinhaltet', erneut machen, kann der Linux-Tag eine Vertragsstrafe geltend machen. Tarent würde in diesem Fall zusätzlich eine neue Verfügung erwirken", heißt es in einer gestern an heise online übermittelten Stellungnahme der Firma Tarent.

Schließlich hat sich der "Geschäftsbereich" Prozesse um das geistige Eigentum, die Verletzung von Warengeheimnissen und die Rechtsurheberschaft an Unix nicht so entwickelt, wie dies von der SCO Group angenommen wurde. So hat der Risikokapitalist Baystar Capital im Vorfeld der Aktionärsversammlung einer Mitteilung von SCO zufolge angekündigt, sein Investment in Form des Umtausches von Vorzugsaktien zu beenden. Baystar hatte zusammen mit der Royal Bank of Canada (RBC) in die SCO Group investiert, als noch nicht klar war, dass sich aus dem Geplänkel mit Novell um die Eigentumsrechte am Unix-Code eine weitere Prozessfront öffnen würde. Da die Vorzugsaktien im Verhältnis 1:31,88 stimmberechtigt sind, verfügen Baystar und RBC nur über ca. 10% der Stimmen, doch können sie angesichts des desolaten Kurses auf Stimmen der Aktionäre setzen, die auf einen Sieg im Prozess mit IBM spekulieren. Eine ganz auf den Prozess mit IBM optimierte SCO Group, die den Streit mit Novell begräbt, scheint das Wunschbild der Risikokapitalisten zu sein. Für Darl McBride und seine Mannschaft wäre es freilich das Ende der Karriere. Im Sinne einer optimalen Prozessmaschinerie haben sie sich in der Vergangenheit zu häufig in der Öffentlichkeit mit gewagten Statements präsentiert. Unterdessen steht und fällt diese Taktik mit den Antworten, die SCO am kommenden Freitag auf die Anfragen von Prozessgegner IBM geben muss.

Aber es gibt ja noch den Geschäftsbereich Software und Support, mit dem die SCO Group ihr schmelzendes Händlernetz bedient. Schon auf der CeBIT war jedoch keiner der von SCO geführten Partner vor Ort bereit, etwas über den Einsatz von SCO-Software vor der Presse zu sagen. Im Sinne einer klaren Strategie dürften die Risiko-Investoren darauf drängen, das veraltete Geschäft mit Software und Support abzugeben. Bleibt die Frage, ob die institutionellen Mehrheitsaktionäre bereit sind, solch eine riskante Strategie mitzutragen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online und aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)