Google findet Abnehmer für Abwärme eines Rechenzentrums

Schon lange wird Abwärme mancher Rechenzentren für Dritte genutzt, etwa Hallenbäder oder Spitäler.  Jetzt steigt auch Google ein, in Europa.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Heizungsregler gestellt auf Stufe 4

(Bild: alterfalter/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Erstmals wird Abwärme eines Google-Rechenzentrums zu Dritten umgeleitet, um deren Wärmebedarf zu decken. Diese sogenannte offsite heat recovery senkt langfristig Kosten und Verbrauch von Primärenergieträgern. Bislang hat Google Abwärme seiner Rechenzentren nur für eigene Zwecke genutzt, insbesondere um Büros zu heizen. Ab kommendem Jahr soll die finnische Kleinstadt Hamina mit rund 20.000 Einwohnern von Gratis-Hitze profitieren.

Dazu wird eine 1,3 Kilometer lange Leitung errichtet, die Abwärme eines örtlichen Google-Rechenzentrums an das Fernwärmenetz des stadteigenen Unternehmens Hamina Energia liefern soll. Eine 5-MW-Wärmepumpenanlage besorgt die Einspeisung, schließlich liegt die "natürliche" Temperatur der Rechenzentrumsabwärme deutlich unter der Betriebstemperatur eines Fernwärmenetzes.

Die Pumpe kann jährlich Fernwärme von 40 Gigawattstunden erzeugen. Das reicht aus, um 80 Prozent der derzeitigen Fernwärmevolumens Haminas zu decken. Allerdings plant Hamina Energia schon den Ausbau des örtlichen Fernwärmenetzes.

Google spart sich seinerseits Energie, die es sonst für die Kühlung des Rechenzentrums aufwenden müsste. Entsprechend kann es die Abwärme um einen symbolischen Euro pro Jahr "verkaufen". Der Datenkonzern gibt an, dass sein Rechenzentrum in Hamina derzeit zu 97 Prozent mit CO₂-freier Energie betrieben wird. Entsprechend sei auch die gespendete Abwärme fast CO₂-neutral.

Zunehmende Nutzung Künstlicher Intelligenz führt derzeit zu starkem Anstieg des Energieverbrauchs vieler Rechenzentren. Seitens Microsoft ist bekannt, dass KI die Emissionen um bis zu 40 Prozent hat steigen lassen. Das erschwert es, das selbst gesteckte Ziel, bis 2030 CO₂-neutral zu werden, zu erreichen. Google hat sich das gleiche Ziel gesetzt.

Abwärme zu nutzen, anstatt wegzukühlen, leistet einen Beitrag zur Verbesserung der CO₂-Bilanz. Erstaunlich ist, dass Google bislang nur eigene Büros damit geheizt, aber keine Abwärme an Dritte abgegeben hat. Denn neu ist die Idee nicht.

In der schweizerischen Gemeinde Uitikon (bei Zürich) hat IBM bereits 2008 ein Projekt realisiert, bei dem die Abwärme eines Rechenzentrums das Wasser in einem nahe gelegenen Hallenbad erwärmt. In Hannover betreibt Hostway seit 2007 ein Rechenzentrum, dessen Abwärme Gewerbeflächen in der Nachbarschaft zugeführt wird. Und in den Londoner Docklands profitieren Wohn- und Geschäftsgebäude seit 2009 von Abwärme von Telehouse West. Die deutsche Plattform Bytes2Heat hat zahlreiche Bespiele gesammelt.

Eine Herausforderung für solche Projekte ist, dass die Abnahme der Abwärme verlässlich sein muss, sonst kommt das Rechenzentrum in die Bredouille. Umgekehrt muss der Abnehmer der Abwärme diese das ganze Jahr über abführen können, selbst wenn er vielleicht gerade keine Wohnungen zu heizen hat. Denn im Unterschied zu beispielsweise thermischer Reststoffverwertung (ein in der Branche beliebter Euphemismus für Müllverbrennung) ist die Abwärme von Rechenzentren relativ konstant und lässt sich nicht abregeln.

Drittens müssen die örtlichen Gegebenheiten passen. Die Abwärme des Rechenzentrums muss an einer passenden Stelle ins bestehende Fernwärmenetz gelangen, die wiederum nicht zu weit vom Rechenzentrum entfernt sein darf. Theoretisch ist die Drittnutzung von Server-Abwärme also eine wunderbare Sache, praktisch ist das leichter gesagt als getan. Selbst beim 2023 eröffneten Google-Rechenzentrum in Hessen "prüft" Google, ob sich die Abwärme zur Versorgung angrenzender Gebäude nutzen lässt.

(ds)