Hollywood: Ashton Kutcher will bei Filmproduktionen Menschen durch KI ersetzen

Filme mit KI zu machen, sei billiger als die Anstellung von Autoren, Schauspielern und Visual-Effects-Künstlern, meinte Kutcher auf einem Podium in Los Angeles.

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Solche KI-Szenen wie aus OpenAIs Sora haben Asthon Kutcher offenbar den Kopf verdreht.

(Bild: OpenAI, Bearbeitung: heise online)

Lesezeit: 4 Min.

Ashton Kutcher, der in Europa in IT- und Politik-Kreisen jüngst vor allem als starker Befürworter der Chatkontrolle und Vermarkter dafür einsetzbarer Software-Lösungen die Aufmerksamkeit auf sich zog, hat sich nun auch in seinem Stamm-Terrain in Hollywood in die Nesseln gesetzt. Der Star aus der TV-Serie "Die wilden Siebziger" erhitzt dort aktuell die Gemüter, weil er Fortschritte bei Systemen mit Künstlicher Intelligenz (KI) als die Zukunft des Filmemachens anpreist. Er findet es im Kern großartig, bei Filmproduktionen künftig Geld zu sparen, indem die Macher Stuntleute, Autoren, Visual-Effects-Künstler und andere Beteiligte durch KI ersetzen.

In einem Plausch mit dem ehemaligen Google-Chef Eric Schmidt im Berggruen-Salon in Los Angeles lobte Kutcher die Vorteile von Sora, dem neuen generativen Videotool von OpenAI. Beim Ausprobieren stelle er demnach fest, dass man damit "jedes gewünschte Filmmaterial erzeugen kann", berichten US-Medien wie Deadline, Variety und The Mercury News. "Man kann gute 10-, 15-Sekunden-Videos erstellen, die sehr echt aussehen", wird der 46-Jährige zitiert. Die Software mache zwar immer noch Fehler und verstehe etwa die Physik nicht richtig. Die Verbesserungen gegenüber früheren einschlägigen Anwendungen seien aber groß: Tatsächlich entstehe inzwischen auf diesem Weg "Filmmaterial, von dem ich sagen würde, dass man es problemlos in einem großen Kinofilm oder einer Fernsehsendung verwenden könnte".

Kutcher prognostizierte, dass Filme bald etwa keine Location-Scouts, Bühnenbildner oder Doubles mehr benötigen. Er fragte: "Warum sollte man in einer Fernsehsendung eine Eröffnungsszene eines Hauses drehen, wenn man sie einfach für 100 Dollar erstellen könnte?" Für Action-Szenen, in denen der Hauptdarsteller von einem Gebäude springt, brauche man keinen Stunt-Mann, man könnte es einfach mit KI machen. Er habe Sora auch schon genutzt, um Aufnahmen eines Marathonläufers zu erzeugen, der vor einem Sandsturm fliehe. Eine kostspielige CGI-Abteilung für Computeranimationen habe er dafür nicht gebraucht.

Der Schauspieler, der in jüngster Zeit mehr als Produzent und Unternehmer aufgetreten ist, erwartet sogar, dass bald jeder mithilfe von KI seine eigenen, maßgeschneiderten Filme in professioneller Qualität erstellen könne. "Man hat einfach eine Idee für einen Film, dann schreibt das System das Drehbuch", erläuterte er. Dann gebe man dieses in den Videogenerator ein und dieser erstelle den Film. So sei man nicht mehr auf audiovisuelle Werke angewiesen, die sich "jemand anderes ausgedacht hat".

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Bei vielen in der Branche kamen die Kommentare Kutchers nicht gut an. Hollywood hat sich noch nicht ganz erholt von den Auswirkungen der Streiks im vergangenen Jahr, mit denen zahlreiche Schauspieler und Drehbuchautoren gegen den Missbrauch ihrer kreativen Leistungen durch KI protestierten. Deren Sorgen um die Arbeitsplatzsicherheit und den Schutz der Integrität der Filmkunst sind nach wie vor groß. Caitie Delaney, vormals Autorin der Zeichentrickserie "Rick and Morty", widersprach Kutcher postwendend. Sie warf ihm vor, die Beiträge von Mitarbeitern "unter der Lohngrenze" zu missachten und "seine eigene Branche zu kannibalisieren, weil er Steve Jobs in einem minderwertigen Film gespielt hat und jetzt denkt, er sei ein technisches Genie".

"Wenn man jeden Menschen aus einem kollaborativen und kreativen Unterfangen herausnimmt, verliert man buchstäblich die Menschlichkeit", monierte Delaney weiter. Übrig bliebe "eine hohle, dumme, sinnlose Hülle". Fernsehen hätte dann "den gleichen künstlerischen Wert wie Spülmittel". Autor Ash Lazer ätzte: "Das ist eine so ignorante, kurzsichtige, egozentrische Denkweise, bei der kurzfristige Kosten gegenüber langfristigem Gewinn im Vordergrund stehen." Man arbeite damit an der Selbstersetzung. Auch von den Träumen der Kinder bleibe nichts mehr übrig. "Gier wird immer an erster Stelle stehen", beklagte Damon Gonzalez von der Gewerkschaft SAG-AFTRA. Es gehe nicht nur ums Geldsparen: "Als Verbraucher und Filmemacher müssen wir diesen Müll ablehnen." Auch andere Beobachter fühlten sich angegriffen und fragten sich, ob überhaupt noch jemand aus der Branche mit Kutcher zusammenarbeiten wolle.

(nie)