Kritiker nutzen Auftakt der Frequenzauktion

Zu Beginn der Versteigerung von 360 MHz Spektrum bringen sich auch die verschiedenen Gegener des Vergabeverfahrens erneut in Stellung. Die Schar der Kritiker ist bunt gemischt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 184 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Ihre Einsätze, bitte: In diesen Minuten geht die erste Runde der großen Frequenzversteigerung in den Räumen der Bundesnetzagentur in Mainz zu Ende. Zur Auktion kommt ein Frequenzpaket von insgesamt 360 MHz, das nach dem Willen der Bundesregierung vor allem dem Ausbau breitbandiger Funknetze auch in ländlichen Regionen dienen soll. Es bieten mit: die vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber. Die wenigen anderen Interessenten haben sich entweder im Vorfeld zurückgezogen oder wurden von der Regulierungsbehörde nicht zur Auktion zugelassen.

Die ehrgeizigen Pläne der Bundesregierung, die mit der Versteigerung verknüpften Hoffnungen der Industrie und die Erfahrung der milliardenschweren UMTS-Auktion vor zehn Jahren haben im Vorfeld für die nötige öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Nicht zu vergessen die Kontroversen um das Spektrum: Unumstritten ist kaum ein Frequenzbereich, der seit heute unter den Hammer kommt. Den Auktionsauftakt nutzen dann auch die Kritiker, um sich erneut in Stellung zu bringen.

Da sind die, die durch die Nutzung der neuen Mobilfunktechnik massive Störungen des Fernsehempfangs fürchten. Die Bundesnetzagentur habe es versäumt, solche Störungen etwa durch eine vernünftige Frequenz-Koordination schon im Vorfeld auszuschließen, sagte Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin der dpa. Auch wer die Kosten für die Beseitigung möglicher Störungen übernehme, sei nicht geklärt. Auch Kabelnetzbetreiber fürchten Probleme für den Empfang über Receiver, wenn daneben ein Mobilfunkmodem sendet.

Neben dem terrestrischen Fernsehen über Antenne könne auch der Empfang des TV-Signals über Kabel gestört werden, sagte Bobrowski. "Die Bundesnetzagentur erwartet, dass es keine Probleme geben wird. Wir teilen diesen Optimismus nicht." Die möglichen Auswirkungen und Nebeneffekte seien bislang nur im Labor getestet worden. "Dass es Störungen geben wird, ist unstrittig", sagte Jochen Mezger vom Institut für Rundfunktechnik (IRT) dem Tagesspiegel. Nur das Ausmaß sei noch unklar.

KabelBW war zuletzt mit einem Eilantrag gegen die Auktion gescheitert, auch andere Klagen und Eilanträge wies das zuständige Kölner Verwaltungsgericht ab. Mit der Abweisung eines Eilantrags der Airdata AG, die die Versteigerung der derzeit noch von ihr genutzten Frequenzen im 2,6-GHz-Band bis zur Klärung eines Berufungsverfahrens aussetzen lassen wollte, hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am vergangenen Donnerstag den Weg für die Auktion vorerst frei gemacht. Doch noch sind zahlreiche Verfahren gegen die Frequenzversteigerung anhängig.

Auch Umweltschützer nutzen die Gelegenheit, um ihre Bedenken gegen die Breitbandpläne der Bundesregierung zu artikulieren. Sie warnen vor einem massiven Ausbau der Mobilfunknetze. Vor allem in ländlichen Regionen, wo es an leistungsfähigen Glasfaserkabeln mangele, sei mit erhöhten Elektrosmog-Belastungen zu rechnen, erklärte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Sonntag. Die gesundheitlichen Langzeitwirkungen seien bisher noch nicht richtig erforscht, sagte BUND-Mobilfunkexperte Bernd Rainer Müller laut Mitteilung.

Das heißt allerdings auch, dass schädliche Wirkungen wissenschaftlich bisher noch nicht nachgewiesen werden konnten. Der BUND verweist dennoch auf eine Reihe von Studien, die gezeigt hätten, "dass die Mobilfunkstrahlung Menschen, Tieren und Pflanzen schade". So verlieren laut Müller Bienen, Brieftauben oder Fledermäuse teilweise ihre Orientierung. Der BUND fordert nun, mindestens ein Prozent der Versteigerungserlöse zur Erforschung der Gesundheits- und Umweltfolgen von Mobilfunkanwendungen einzusetzen.

Andere Vorstellungen von der Verwendung der Einnahmen hat der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD). Der Politiker warf der Bundesregierung vor, zu wenig Geld für die Verbreitung von schnellen Internetzugängen auszugeben. "Im Vergleich zum finanziellen Engagement anderer Industrienationen wie beispielsweise Australien oder den USA ist der Einsatz der Bundesregierung in diesem Zusammenhang peinlich und standortpolitisch nicht vertretbar", sagte Hering laut Mitteilung in Mainz. Hering forderte die Bundesregierung auf, einen nennenswerten Teil der Einnahmen zu nutzen, um die Breitbanderschließung stärker voranzutreiben als bisher. (vbr)