E-Patientenakte: Deutsche Aidshilfe warnt vor möglicher Diskriminierung

Bei der geplanten digitalen Patientenakte, die Anfang 2025 automatisch für alle kommen soll, muss dringend nachgebessert werden, fordert die Deutsche Aidshilfe.

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Die Aidshilfe hat Kritik an der ePA.

(Bild: Shutterstock)

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Ein halbes Jahr vor dem geplanten Start der elektronischen Patientenakte für alle (ePA) warnt die Deutsche Aidshilfe (DAH) vor möglicher Diskriminierung. Sie fordert daher "dringend notwendige" technische Nachbesserungen an der "ePA für alle". Die "Opt-out-ePA" kommt automatisch, weil sich erst etwas mehr als eine Million Versicherte in Eigeninitiative eine ePA angelegt haben. Kritisiert wird vor allem, dass ein zuvor von den Verantwortlichen versprochenes "feingranulares Berechtigungsmanagement", bei dem die Nutzer im Detail entscheiden können, welcher Arzt welche Informationen sehen darf und welcher nicht, nicht mehr wie geplant möglich ist.

Demnach können die gesetzlich Versicherten Dateien nur für alle verbergen oder für niemanden. "Es ist also nicht ohne Weiteres möglich, ein Dokument in der ePA nur für Ärztin A freizugeben, nicht aber für Zahnarzt B", schreibt die Deutsche Aidshilfe. Zwar sei versprochen worden, dass der Zahnarzt keine Informationen vom Psychotherapeuten einsehen kann, jedoch bestünden laut der Deutschen Aidshilfe noch Unklarheiten bezüglich der Umsetzung. Zwar sei es möglich, bestimmte Informationen aus der ePA herauszuhalten oder nur bestimmten Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, allerdings sei das nach Sicht der DAH kompliziert.

"Die Dokumente werden automatisiert in verschiedene Ordner einsortiert. Es gibt die Möglichkeit der ordnerbasierten Sichtbarkeitssteuerung. Allerdings sind die Kategorien so allgemein gefasst, dass sie bei der Steuerung der Sichtbarkeit nur begrenzt helfen", heißt es weiter. "Die Funktion hat in der jetzigen Form also keinen wirklich sinnvollen Anwendungsfall. Eine genauere ordnerbasierte Steuerung der Sichtbarkeit von der Vorversion der ePA wurde aufgegeben", so das nüchterne Urteil.

Aus der in der ePA angelegten Medikationsliste lassen sich beispielsweise medizinische Informationen ableiten. Weitere Bedenken bestehen auch bezüglich des Forschungsdatenzentrums Gesundheit, bei dem bereits die Abrechnungsdaten der Krankenkassen liegen. Für das FDZ Gesundheit liegt das Sicherheitskonzept noch nicht vor. Gerade in Hinblick auf geplante EU-weite Forschungsvorhaben ist das jedoch wichtig.

"Das Opt-out-Prinzip bei Primärversorgung und Forschungsdatenweitergabe zeugt davon, dass bei der Entwicklung nicht selbstbestimmt und aktiv handelnde Patient*innen im Zentrum der Überlegungen standen. Eine ePA, die in wesentlichen Bereichen ohne aktives Zutun der Patient*innen eingesetzt werden kann, widerspricht dem Selbstbestimmungsansatz im Gesundheitswesen", positioniert sich die DAH. Zahlreiche Datenschützer kritisieren das Vorhaben schon länger.

Die Spezifikation für die Ausleitung der Daten ist bisher noch nicht veröffentlicht. Insgesamt zeige die Analyse der geplanten ePA für alle laut der DAH deutlich, dass bei Patientenrechten und Datenschutz "noch gravierende Mängel bestehen". Es müsse "dringend technisch nachgebessert werden". Zunächst wird die ePA, entgegen den Wünschen der Kassenärzte, mit sehr eingeschränktem Funktionsumfang kommen. Die Industrie hingegen kritisiert diese Wünsche und forderte mehr Realismus aufgrund der kurzen Umsetzungsfristen. Die Spezifikationen für die ePA wurden Ende 2023 zur Kommentierung freigegeben und am 15. Januar dieses Jahres veröffentlicht.

"Das Wohl der Patient*innen muss bei der Ausgestaltung der ePA im Vordergrund stehen. Das Recht, sensible Informationen für sich zu behalten, darf durch die ePA nicht aufgeweicht werden", sagt DAH-Vorstand Stefan Miller. "Wer dieses Recht ernst nimmt, muss zudem eine leicht durchschaubare und handhabbare Software zur Verfügung stellen."

Um Versicherte vor möglicher Diskriminierung zu schützen und über die Patientenakte aufzuklären, stellt die DAH eine Handreichung frei zur Verfügung. Nach Sicht der DAH wurde versäumt, ausreichend über die ePA aufzuklären. Die DAH klärt unter anderem über die Vorteile und Risiken der ePA, deren IT-Sicherheit und über den Zugang zu Forschungsdaten auch über Betroffenenrechte und Widerspruchsmöglichkeiten auf. Als Beispiele sind dort beispielsweise "HIV, Abhängigkeitserkrankungen und psychische Erkrankungen" aufgeführt.

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(mack)