Österreichs Fahrradboten streiken während Fußballspielen

Für höhere Löhne streiken in Österreich Fahrradboten und andere Essenszusteller. Genau dann, wenn Österreichs Fußballnationalteam der Herren spielt.​

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Wien Schwarzenbergplatz: Ein Fahrradbote mit oragem T-Shirt und orangem Rucksack überquert auf einem orangen Elektrofahrrad die Ringstraße stadtauswärts; im Hintergrund eine Straßenbahngarnitur (Typ E2) der Linie D, dahinter das Palais Wiener von Welten sowie das Haus der Industrie

Ein Lieferando-Fahrradbote verlässt die Wiener Innenstadt (Archivaufnahme)

(Bild: Karl Allen Lugmayer/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Lieferfahrer von Lieferando haben Montagabend in Wien, Graz, Salzburg und Klagenfurt für etwa zwei Stunden die Arbeit niedergelegt. Die Werktätigen traten bewusst während des Spiels der österreichischen Fußballnationalmannschaft anlässlich der Europameisterschaft der Herren in Deutschland in einen Kurzstreik. Für Fahrer des Anbieters Foodora gab es einen Streikaufruf für Wien. Mit der vorangekündigten Arbeitskampfmaßnahme wollen die in der Gewerkschaft vida organisierten Fahrradboten und sonstigen Essenszusteller Löhne über der Armutsgrenze durchsetzen.

Vida kritisiert, dass die Zustellfirmen zu viel Geld für Werbung ausgäben, aber zu wenig für ihre Mitarbeiter. Der Monatslohn laut Kollektivvertrag liege mit 1.430 Euro netto deutlich unter der aktuellen Armutsgrenze, in Österreich seit April 1.572 Euro pro Monat. "Von Arbeit muss man aber leben können", sagt Markus Petritsch, Vorsitzender des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft.

Seit sechs Monaten, so die Arbeitnehmervertretung, herrsche bei den Kollektivvertragsverhandlungen Stillstand. Vida ist die österreichische Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft. Sie fordert 8,7 Prozent mehr, die Arbeitgeber bieten 5,6 Prozent. Laut Lieferando ist die Forderung der Gewerkschaft finanziell nicht zu erwirtschaften, weil die Kunden die dafür notwendigen Preiserhöhungen nicht mittragen würden. Die Gewerkschaft meint hingegen, die Preiserhöhungen würden sich auf einige Cent pro Zustellung beschränken, was bei einem Luxusdienst wie der Essenszustellung nicht ins Gewicht falle.

Unter dem Motto "Ihr sponsert - Wir streiken" plant vida zwei weitere Streikaktionen: Am Abend des 21. und 25. Juni spielt wieder die österreichische Fußballnationalmannschaft bei dem Turnier. Lieferando erwartet "überschaubare Beteiligung" der Mitarbeiter am Streik; bei Foodora sind die allermeisten Lieferfahrer als freie Dienstnehmer beschäftigt, weshalb das Unternehmen von "äußert geringer" Teilnahme am Streik ausgeht. Insgesamt soll es in Österreich rund 4.500 Boten geben, von denen aber nur etwa 2.000 nach Kollektivvertrag angestellt sind.

Kollektivverträge sind das österreichische Pendant zu deutschen Tarifverträgen und schweizerischen Gesamtarbeitsverträgen. Sie werden im Rahmen der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern ausgehandelt, in der Praxis zwischen Wirtschaftskammer und Fachgewerkschaften. Traditionell regeln Kollektivverträge Mindestentlohnung, Arbeitszeiten und Kündigungsmodalitäten.

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(ds)