Kopierschutz führt zu Raubkopien

Kopiersperren bestrafen ehrliche Käufer, statt Raubkopien zu verhindern, stellt ein führender Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts FhG-IPSI fest. Die Lösung: digitale Wasserzeichen -- entwickelt vom FhG-IPSI.

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Von
  • Gerald Himmelein

Nicht genug damit, dass Musik online kaum ohne digitale Fesseln zu bekommen ist, verplombt die Musikindustrie auch ihre Audio-CDs mit Kopiersperren. Damit zahlende Kunden ja keine Kopien oder MP3s mehr von ihren CDs ziehen, bleibt die Kompatibilität zum Audio-CD-Standard auf der Strecke. Einige CD-Spieler spielen die kopiergeschützten Un-CDs gar nicht mehr oder nur mit Fehlern ab. Dass die auferlegten Fesseln auch kaufwillige Musikfans verärgern, sickert offenbar langsam bis zur DRM-Industrie durch.

"Es macht keinen Sinn, die legale Nutzung von digitalen Medien immer komplizierter zu gestalten und damit den ehrlichen Käufer zu bestrafen, wohingegen der illegale Raubkopierer einfach und ohne Einschränkungen alles auf jedem Gerät abspielen kann." Diese Worte stammen nicht etwa von einem erbosten Musikhörer, sondern von Dr. Martin Steinebach vom Fraunhofer Institut für integrierte Publikations- und Informationssysteme (IPSI). Und Steinebach sollte es wissen: Er leitet den Bereich "Mediensicherheit in IT" (MERIT). Merit versucht derzeit, ein digitales Wasserzeichensystem auf den Markt zu bringen. Im Prototypenstatus funktioniere es bereits; die Erprobung im Alltag ist noch in der Anfangsphase.

Der Vorteil von digitalen Wasserzeichen sei es, dass sich die so gesicherten Dateien zwar frei kopieren ließen, aber stets die Daten des Erstnutzers beibehalten. Gerät eine Datei dennoch in Umlauf, lässt sich ihr Weg bis zum ursprünglichen Verbreiter zurückverfolgen. Die Wasserzeichen sollen in einer "Business Offer Language" (BOL) formuliert werden, einem XML-Derivat. Nach den Vorstellungen des Fraunhofer-Instituts könne die Musikindustrie vom ungehinderten Tauschen sogar noch profitieren -- wenn nämlich die Wasserzeichen mit Micropayments verknüpft werden. Dann zahlt der Tauschpartner fürs Anhören; der verteilende Kunde bekommt möglicherweise gar Provision fürs Filesharing. "Raubkopien" gibt es dann nicht mehr, so die digitale Zukunftsmusik des FhG-IPSI. (ghi)