Mars erwärmen mit Nanostäbchen

Der Mars hat eine kalte, lebensfeindliche Atmosphäre. Ein neuer Vorschlag auf Basis von Nanotechnik soll 5000 Mal besser wirken als frühere Ideen zur Erwärmung.

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Der Mars aus dem All, die aufgehende Sonne dahinter

Der Mars aus dem All, die aufgehende Sonne dahinter.

(Bild: Elena11/Shutterstock.com)

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Sollte es der Menschheit tatsächlich einmal gelingen, zum Mars vorzustoßen, um ihn zu besiedeln, gibt es einige zentrale Probleme. Der rote Planet hat eine für uns lebensfeindliche Atmosphäre – nicht nur wegen des fehlenden Sauerstoffes. Auch die Temperaturen sind äußerst unangenehm und können zwischen 20 Grad plus und bis zu minus 150 Grad Celsius liegen. Die Wärme der Sonne verschwindet so schnell, wie sie gekommen ist, da diese nicht gespeichert werden kann. Es gibt allerdings einige Ideen, eine Erwärmung einzuleiten – eine Art Klimawandel auf dem Mars. Bislang sind diese alle nur rein hypothetisch. Eine neue Idee von Forschern an der University of Chicago verspricht nun, deutlich effektiver zu sein als bisherige Vorschläge. Das Team um Edwin Kite, Associate Professor mit Themenschwerpunkt Planetenwissenschaft und das Gebiet Solar System and Exoplanet Habitability Research (Forschung zur Bewohnbarkeit von Sonnensystemen und Exoplaneten, SSEH) betreut, will dabei nanogroße Stäbchen, sogenannte Nanorods aus Metall, verwenden.

Die im Journal ScienceAdvances erschienene Studie überprüft die Idee allerdings nur auf ihre grundlegende Plausibilität. Es wäre zudem nur ein erster Schritt, denn echtes Leben würde dadurch allein noch nicht auf dem Mars möglich. Die Nanostäbchen sollen dazu dienen, die Atmosphäre des Planeten zu verdicken. Gelänge dies, könnte sie mehr Sonnenwärme einfangen und schließlich, so die Hoffnung, das Wassereis unter der Oberfläche schmelzen. Im Modell arbeitet die Idee bereits 5000-mal effektiver als andere hypothetische Pläne zur Erwärmung des Mars. Diese setzen vor allem auf Treibhausgase, wie wir sie ähnlich – und im negativen Kontext der Erderwärmung – kennen.

Kites Nanostäbchen-Idee, die von der Masterstudentin Samaneh Ansari ausgearbeitet wurde, geht anders vor. Sie setzt auf jeweils neun Mikrometer lange Nanorods, die sich aus vorhandenem Mars-Eisen und -Aluminium herstellen ließen. Sie sind kleiner als normaler Mars-Staub (sie erinnern an Glitter) und sollen als Aerosole in die Atmosphäre eingebracht werden. Im Gegensatz zu normalem Staub bleiben sie zehnmal länger in der Atmosphäre. In ausreichenden Mengen würde dies erlauben, weiterhin Sonnenlicht auf den Planeten durchzulassen, diese entstehende Wärme aber stärker einzufangen als bisher. Die Berechnung anhand des MarsWRF-Klimamodells und weiteren Modellen zeigt laut Ansari, dass sich bei einer Ausschüttung von 30 Litern Nanorods in der Sekunde – über einen konstanten Zeitraum – eine Eisschmelze auslösen ließe, bei einer Temperaturerhöhung um 10 Grad Celsius. "Nach einigen Monaten würde der Atmosphärendruck dann um mindestens 20 Prozent ansteigen, wobei die Verdampfung des Kohlendioxids den Atmosphärendruck über längere Zeiträume mindestens verdoppelt", schreiben das Forschungsteam.

Atmen könnte man eine solche Luft allerdings immer noch nicht. Aber vielleicht könnte sie, sagen die Forscher, die Grundlagen dafür schaffen. Mikroorganismen und Nutzpflanzen ließen sich bereits anpflanzen, die der Atmosphäre allmählich Sauerstoff zuführen könnten – so wie sie es für die Erde im Laufe ihrer geologischen Geschichte getan haben. Der zeitliche Horizont ist aber lang. Hinzu kommt, dass die Astronauten enorme Mengen der Nanostäbchen produzieren müssten. "Man bräuchte immer noch Millionen von Tonnen, um den Planeten zu erwärmen, aber das ist fünftausendmal weniger als bei früheren Vorschlägen zur globalen Erwärmung des Mars", sagt Kite. "Das stärkt die Machbarkeit des Projekts erheblich."

Ansari ist zumindest begeistert davon, was mit Nanomaterialien auch auf dem roten Planeten möglich wäre. "Wie Licht mit Objekten im Subwellenlängenbereich interagiert, ist faszinierend. Wichtig ist, dass die Entwicklung von Nanopartikeln zu optischen Effekten führen kann, die weit über das hinausgehen, was man üblicherweise von so kleinen Partikeln erwartet", sagt die Forscherin. Der aktuelle Mars-Staub ist hier kontraproduktiv: Seine Zusammensetzung und Größe sorgt eher noch dafür, dass der Planet sich noch weiter abkühlt. Gut an den Nanostäbchen ist auch, dass sie sich mit vorhandenen Rohstoffen auf dem Planeten herstellen lassen, statt etwa große Mengen an Gas oder anderen Stoffen erst zum roten Planeten bringen zu müssen.

(bsc)