Netzpolitik im Bundestag soll raus aus der Nische

Der designierte Vorsitzende des Unterausschusses Neue Medien, Sebastian Blumenthal, will Themen wie Netzneutralität, Urheberrecht, Medienkompetenz oder Open Source nicht weiter als Fall für Exoten im Parlament verstanden wissen.

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Der designierte Vorsitzende des Unterausschusses Neue Medien im Bundestag, Sebastian Blumenthal, will den Bereich Netzpolitik offensiv anpacken. "Wir sehen uns nicht als Nischengremium", erklärte der FDP-Politiker kurz vor der Neueinsetzung des Ablegers des Ausschusses für Kultur und Medien am heutigen Mittwochnachmittag im Gespräch mit heise online. Die 13 Mitglieder der netzpolitischen Runde, von denen die CDU/CSU fünf, die SPD drei, die Liberalen und die Linken zwei und die Grünen eines stellt, werden nach Ansicht des FDP-Abgeordneten Themen wie Netzneutralität, Urheberrecht und Leistungsschutzrecht, Datenschutz oder Open Source und Open Access breit aufgreifen.

Im Vordergrund der Arbeit des Unterausschusses stünden tagesaktuelle Fragen, zieht Blumenthal eine Grenze zur parallel vorbereiteten Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft". Dort werde es stärker um Grundsatzfragen gehen. Überschneidungen seien dabei aber nicht ausgeschlossen. So würden in beiden Gremien sicher immer wieder Debatten über Web- oder Internetsperren auf der Tagesordnung stehen. Blumenthal wies in diesem Zusammenhang in seiner Funktion als Abgeordneter die Infragestellung des Ansatzes "Löschen statt Sperren" bei der Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière zurück: "Das ist nicht die Linie der Koalition, sondern eine im Chat geäußerte Meinung." Das Bundesjustizministerium arbeite weiter an einem Entwurf für ein Löschgesetz.

Generell will der Liberale wegkommen "von der Diskussion, wie böse das Internet an sich sei". Beim Netz handle es sich um ein neutrales Medium, das von Menschen genutzt und gestaltet werde. In diesem Sinne plädiert Blumenthal für eine grundsätzliche Stärkung der Medienkompetenz in den Schulen. Die junge Generation müsse derart ausgebildet werden, dass sie sich "selbstbestimmt und verantwortungsvoll" auf der Datenautobahn fortbewegen könne. Damit könne sich der ständige Ruf nach staatlicher Kontrolle größtenteils erübrigen. Über neue Bildungsansätze, die mit den federführenden Ländern zu besprechen seien, schwebt es dem künftigen Chef des Unterausschusses etwa vor, Computerspiele von ihrem Image als "Teufelszeug" und Beitrag zur "Verblödung Jugendlicher" zu befreien und eher auf die von ihnen geweckten kreativen Fähigkeiten hinzuweisen.

Dass das Gremium im alltäglichen Politikbetrieb Federn lassen muss und als Debattierclub endet, wie sich der Eindruck in vergangenen Legislaturperioden aufdrängte, glaubt Blumenthal nicht. Die Mehrheit der Mitglieder gehöre einer neuen Parlamentariergeneration an, die mit den neuen Medien aufgewachsen sei. Einige hätten auch einen beruflichen Hintergrund in der Netzwelt, führte der IT-Berater weiter aus. Das Internet werde von ihnen so keinesfalls als Fall für Exoten angesehen.

Um die Bürger an der Ausschussarbeit zu beteiligen, versprach Blumenthal, sich für eine größtmögliche Transparenz und Offenheit einzusetzen. Seiner Ansicht nach sollten die Sitzungen weitgehend öffentlich sein. Eine eigene Plattform im Web für das Gremium mit Mitmach- oder Bewertungsangeboten für die Nutzer werde es aber voraussichtlich nicht geben, da eine solche von der Bundestagsverwaltung nicht unterstützt würde. (jk)